Bücherbergwerk

Fundgrube für Leseratten

Roberta Winterberg ist die Geschäftsführerin des Bücherbergwerk-Ladens in Bern.
Roberta Winterberg ist die Geschäftsführerin des Bücherbergwerk-Ladens in Bern. Fotos: Neel Nowotny

An der Monbijoustrasse 16 tut sich im Untergrund eine faszinierende Secondhand-Bücherwelt auf. Es ist ein Fundort für günstigen Lesestoff, ein Ort zum Verweilen und der Inspiration für traditionelles Lesever­gnügen.

Die beiden Untergeschosse in der Liegenschaft Monbijoustrasse 16 sind für viele Buchfans wie ein zweites Wohnzimmer. Hier reiht sich Gestell an Gestell mit insgesamt 150 000 Büchern. Gemütliche Sofas und Leseecken laden zum Lesen und Verweilen ein. Gelegentliche Kulturevents machen das Bücherbergwerk zum entdeckenswerten Bücher- und Kult(ur)ort. Der Standort im Monbijou hat eine lange Buchtradition. Einst war hier die Berner Volksbücherei beheimatet, die Ende der Achtzigerjahre in Kornhausbibliothek umbenannt wurde. Der damalige Direktor der Volksbücherei, der legendäre Heinrich Rohrer, eröffnete nach seiner Pensionierung an dieser Adresse ein Bücherantiquariat. Ab 2011 übernahm ein neues Team des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks SAH Bern und lancierte das Bücherbergwerk. Anfang dieses Jahres wurde das Bücherbergwerk selbständig, das Buchantiquariat wird seither von einem unabhängigen Trägerverein geführt. Geschäftsführerin Roberta Winterberg empfängt uns zum Gespräch. 

Welche Menschen kommen zu Ihnen in die Bücher-Brocki?
Roberta Winterberg: Es sind Menschen, die Freude an Büchern und am Lesen haben, auch viele Sammlerinnen und Sammler. Viele von ihnen kommen regelmässig, weil sie sich in unserer Bücherwelt wohlfühlen, in Ruhe lesen wollen, ohne ein Buch zu kaufen. Wie der Mann, der mehrmals die Woche zu Besuch kommt. Er nimmt in einem gemütlichen Sessel Platz und schmökert in Büchern. Oder die Frau, die regelmässig bei uns strickt und Kochbücher studiert. 

Haben Sie auch junge Stammkundschaft?
Es kommen viele Schüler und Studentinnen, die für eine Arbeit ein preiswertes Sachbuch suchen oder sich mit spannender Ferienlektüre eindecken wollen. Der jüngste Bücherbergwerk-Fan ist ein zehnjähriger Junge. Er besucht uns immer wieder mit seiner Mutter, setzt sich am liebsten in die Kinderecke und vertieft sich leidenschaftlich gern in seine Bücherwelt.  

Das Handy hält viele, vor allem junge Menschen, vom Bücherlesen ab. Wie schätzen Sie diese Situation ein?  
Es gibt auch heute Jugendliche, die gerne lesen. Aber es ist schon so, dass die Mehrheit dem Social-Media-Wahnsinn verfallen ist, leider auch viele Kinder. Kaum gibt’s eine Pause oder einen Moment der Ruhe, wird automatisch zum Handy gegriffen. Es gibt aber auch hoffnungsvolle Beispiele. Seit einem Monat arbeitet eine 16-jährige Teilnehmerin in unserem Arbeitsintegrationsprogramm. Sie hat sich kürzlich von ihren Online-Kanälen abgemeldet, weil sie merkte, dass ihr die ständige Handyzeit nicht guttut und wie abhängig sie von Instagram und Co. ist. Befreit von ihren Social-Media-Fesseln begann die junge Frau wieder zu lesen – wie sie es bereits früher gerne tat.

Ihr Bücherladen hat kürzlich einen Preis der Nachhaltigkeitstage 2024 gewonnen. Was hat die Jury überzeugt?
Wir funktionieren sehr nachhaltig. Das Bücherbergwerk ist nicht nur ein grosses Buchantiquariat, sondern auch ein Sozialbetrieb und ein Ort zum Verweilen und Lesen, ein Raum für lebendigen Austausch mit gelegentlichen Filmabenden und anderen Kulturveranstaltungen. Bei uns erhalten Bücher ein zweites Leben. Wir verkaufen sie zu moderaten Preisen – Belletristik kostet bei uns zwischen zwei und sechs Franken, Neuerscheinungen sind etwas teurer. 

Sie sind auch ein Sozialbetrieb? Was heisst das konkret?  
Wir wollen mit unseren Arbeitsinte­grationsprogrammen Jugendliche und andere Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt bringen. Wir bieten wir berufliche Integration mit Perspektiven für junge Erwachsene. Für ältere Menschen haben wir Programme zur sozialen Integration und zum Wiedereinstieg ins Berufsleben. Sie finden bei uns eine Beschäftigung und eine Tagesstruktur. So leisten wir einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Nachhaltigkeit.  

Ende Jahr wird das Bücherbergwerk für einige Monate geschlossen. Wie geht es dann weiter?
Unsere Liegenschaft wird ab Januar 2025 totalsaniert. So müssen wir den Laden Ende Dezember bis im Sommer 2025 schliessen. Bücher können wir deshalb nur noch bis Ende November entgegennehmen. Bis zur Wiedereröffnung kann Lesestoff bei unserer Partnerorganisation www.buecherexpress.ch online bestellt werden. Wir führen auch Gespräche zur Eröffnung eines kleinen Pop-up-Bücherbergwerks. Alle aktuellen Informationen veröffentli­chen wir jeweils auf www.buecherbergwerk.ch.

Buecherbergwerk 3

Drei Buchempfehlungen für lange Herbst- und Winterabende
Das Team des Bücherbergwerks empfiehlt dem BärnerBär drei Bücher – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Sie versprechen grosses Lesevergnügen – auch für Social-Media-Menschen, die selten zum Buch greifen! 

Die kleine Eule 

(für Kinder ab 8 Jahren)

Die kleine Eule Platsch hat Angst vor der Dunkelheit. «Es kann einfach nicht sein, dass du Angst vor der Dunkelheit hast. Eulen haben nie Angst davor» sagt seine Mama. «Ich schon», meint Platsch. Die Tiergeschichte passt gut in die düstere Herbst-Winterzeit und kann Kindern auf spielerische Art die Angst vor Dunkelheit nehmen. 

Autor: Jill Tomlinson

Butter 

(für Erwachsene)

Rika, eine junge Journalistin, trifft in Tokio auf eine exzentrische Heiratsschwindlerin und Serienmörderin, die sich im Leben nimmt, was sie will. Sie soll auch viele Männer mit ihren exquisiten Kochkünsten verführt haben. Der Überraschungsbestseller ist ein japanischer Gesellschafts-Roman über Lebenskunst und die Geschichte einer weiblichen Befreiung. 

Autorin: Asako Yuzuki 

Ich gegen Osborne 

(für Jugendliche ab 14 Jahren)

Mit diesem Roman zieht Joey Goebel der amerikanischen Partygesellschaft den Stecker! Eigentlich wollte James nur seine Mitschülerin fragen, ob sie mit ihm ausgeht. Doch was tatsächlich passiert, übertrifft seine kühnsten Erwartungen. James ist ein schüchterner, aber überheblicher Junge, der an der amerikanischen Osborne-Highschool immer wieder Stress hat. Er versucht sich dort auf seine eigene Art zu behaupten.  

Autor: Joey Goebel

PERSÖNLICH

Roberta Winterberg (39) ist Geschäftsführerin des Bücherbergwerk-­Ladens. Sie ist aufgewachsen in Spanien, Bern, Brasilien, Basel und wieder in Bern, wo sie heute auch wohnt. Winterberg ist ausgebildete Buchhändlerin und Arbeitsagogin. Ihre Hobbys sind Film, Fotografie und Grafik. Ihr Lieblingslesestoff: Comic-Bücher. 

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