Leiste der Stadt Bern: Der Lorraine-Breitenrain-Leist

Nicht locker lassen lohnt sich

Die beiden Co-Präsidenten des Lorraine-Breitenrain-Leists: Beat Häfeli (links) und Benjamin Kappeler. Foto: Daniel Zaugg

Quartierqualität ist eine Herzensangelegenheit des Vorstandes des Lorraine-Breitenrain-Leists. Dafür geht er auf die Barrikaden und scheut keine Konfrontation mit den Stadtbehörden. Meist mit Erfolg, wie Beispiele zeigen.

Benjamin Kappeler, Inhaber der auf Küchen und Bäder spezialisierten Kappeler AG Bern am Talweg 7 in der Lorraine, ist im Quartier aufgewachsen und bezeichnet sich selber als «Lorraine-Giel». Seine Eltern gründeten 1951 das Unternehmen, das er heute führt. Im Lorraine-Breitenrain-Leist macht er seit etwa 25 Jahren mit, seit 2022 präsidiert er den Leist zusammen mit Beat Häfeli. Häfeli, Lebensmitteltechnologe, wohnt im Wylergut und gehört dem Leist seit 2021 an, seit 2022 im Co-Präsidium mit Benjamin Kappeler. Zum BärnerBär-Gespräch gesellt sich noch Edwin Stämpfli, langjähriger Leist-Präsident und heute fachlicher Beirat des Vorstandes. «Ich helfe, wenns brennt und wenn man mich braucht», sagt er bescheiden. Stämpfli, pensionierter Bauingenieur, berät den Vorstand hauptsächlich in Bau- und Verkehrsfragen. Auch er zog vor vielen Jahren mit seiner Familie in die Lorraine, wo er auch heute noch wohnt.

Gentrifizierung ist ein Thema
Sowohl Benjamin Kappeler als auch Beat Häfeli schätzen im Quartier die hervorragende Lage: «Ich wohne in der Stadt und trotzdem auf dem Land», umreisst Beat Häfeli seine ruhige Wohnsituation. «In fünf Minuten erreichen wir die Aare und in zwanzig Minuten die Innenstadt.» Für Edwin Stämpfli war die Lorraine ein Arbeiterquartier und er schätzte die gesunde Durchmischung von Ausländern und Schweizern. Warum spricht er in der Vergangenheitsform? «Wir haben es mit einer schleichenden Gentrifizierung zu tun. Mit kostspieligen Sanierungen und Umbauten wurden die Arbeiterschaft und das Kleingewerbe weitgehend verdrängt. Es findet ein sozioökonomischer Strukturwandel statt», bedauert er. «Vor etwa 50 Jahren wohnten im Quartier gegen 30 Prozent Ausländer. Der Anteil ist markant zurückgegangen», stellt Stämpfli fest. In der Tat: Der Ausländeranteil im Quartier beträgt noch 19,3 Prozent (Stand 2022).

Es brauche viel Überzeugungskraft, heute neue Leist-Mitglieder zu finden und zum Mitmachen zu bewegen, sagt Beat Häfeli, der auch im Vorstand der Kontaktgruppe Dialog Nordquartier tätig ist. Nicht zuletzt durch die Gentrifizierung der Anwohnenden sei der Gemeinschaftssinn dem Individualismus gewichen. Nicht so bei den beiden Co-Präsidenten. Motiviert und engagiert wollen sie dem Leist nach den beiden Pandemiejahren wieder zu neuem Schwung verhelfen. Sie suchen deshalb noch neue Vorstandskolleginnen und –kollegen, die sie dabei unterstützen. «Der Leist nimmt jedes Mitglied ernst und nimmt sich seiner Anliegen an. Der Leist hat Möglichkeiten, die eine Einzelperson nicht hat», doppelt Benjamin Kappeler nach und rührt die Werbetrommel für die Mitgliedschaft.

Kontakte mit Bevölkerung intensivieren
Coronabedingt sind auch die Aktivitäten des Lorraine-Breitenrain-Leists und die Kontakte zur Bevölkerung etwas auf Sparflamme gelaufen, auch die Website ist nicht mehr auf dem aktuellsten Stand. Die beiden Co-Präsidenten kündigen aber an, noch im laufenden Jahr – wie 2023 – neben Hauptversammlung und traditionellem Weihnachtsessen einen Info-Anlass für die Leistmitglieder zu organisieren. Damit soll auch der direkte Austausch mit der Quartierbevölkerung intensiviert werden, denn an laufenden Geschäften, wo sich der Leist aktiv einbringt, fehlt es nicht. Als aktuelles Beispiel wird die Sperrung des Turnweges in der Lorraine genannt. Die Stadt möchte das Teilstück Turnweg vor dem Breitenrainschulhaus aus Sicherheitsgründen für den motorisierten Individualverkehr (MIV) sperren. Dagegen hat der Leist Einsprache erhoben, weil damit das Gewerbe bezüglich der An- und Ablieferungen stark behindert würde. Das Einspracheverfahren läuft zurzeit noch. «Bei diesem Vorhaben traten einzelne Leistmitglieder an uns heran und baten um Unterstützung», schildert Co-Präsident Kappeler.

Mit Einsprachen erfolgreich
Durchsetzen konnte sich der Leist nach Aussage von Edwin Stämpfli bei der Breitenrainstrasse, wo er forderte, das Linksabbiegeverbot gegen den Nordring aufzuheben, damit der Verkehr nicht mehr durch die Lorraine geschleust wird. Einen der grössten Erfolge bezeichnet Beat Häfeli bei den Quartier-Standorten für Publibikes. «Die von der Stadt geplanten Stationen waren nicht akzeptabel und wir unterbreiteten konkrete Standortvorschläge, schliesslich kennen wir die örtlichen Gegebenheiten im Leistgebiet am besten. Die Stadt hiess unsere Vorschläge gut und die Publibike-Stationen befinden sich nun an den gewünschten Standorten», erzählt Beat Häfeli.

Wenn sich der Leist für die Quartierqualität einsetze, sei die Mithilfe einzelner Leistmitglieder und des Gewerbes sehr gross, blickt Edwin Stämpfli auf seine langjährige Präsidialzeit zurück. Quartierqualität ist denn nicht bloss ein Schlagwort, sondern eine Herzensangelegenheit und ein zentrales Anliegen des Vorstandes. Anwohnende und das Gewerbe haben nachvollziehbar manchmal unterschiedliche Bedürfnisse. Edwin Stämpfli nennt ein Beispiel: «In einer Begegnungszone mit Gastrobetrieben ist nicht Tempo 20 das Hauptproblem, sondern es sind die Lärmimmissionen. Die Restaurants nehmen die Möglichkeit für die Aussenbestuhlung wahr, die Gäste stehen oft auch nach der Polizeistunde noch draussen auf der Strasse, trinken und unterhalten sich lautstark, was die Nachtruhe der Anwohnenden beträchtlich einschränkt.» Hier ist der Leist gefordert, eine möglichst für beide Seiten befriedigende Lösung herbeizuführen.

Schlechte Noten gibts von den Co-Präsidenten für die Kommunikation der Stadtbehörden. Diese kommunizieren ausschliesslich über die Quartierkommissionen, nicht aber mit den Leisten direkt. «Der Leist wurde von der Stadt abgenabelt», bemängelt Beat Häfeli. So wird sich der Lorraine-Breitenrain-Leist wohl auch künftig über das Instrument der Einsprache für die Quartierqualität einsetzen – meist erfolgreich, wie obige Beispiele zeigen …

DER LORRAINE-BREITENRAIN-LEIST AUF EINEN BLICK

  • Gegründet am 21. Dezember 1863
  • Rund 115 Mitglieder
  • Legt besonderen Wert auf die Erhaltung der Lebensqualität, namentlich in Fragen der Bauplanung, der Verkehrsplanung, der baulichen Gestaltung und der Nutzung.
  • Fördert und unterstützt gemein­nützige und kulturelle Bestrebungen.
  • Parteipolitisch unabhängig und konfessionell neutral.
  • Mitgliederbeiträge:
    • Einzelmitglieder: CHF 25.–
    • Ehepaare: CHF 45.–
    • Kollektivmitglieder: CHF 50.–
  • Co-Präsidium:
    Benjamin Kappeler, Bern
    Beat Häfeli, Bern

Weitere Infos: lbl-bern.ch

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