Er ist im Vergleich zu anderen Leisten der Stadt Bern und Umgebung klein: Bloss 73 Mitglieder zählt der Quartierleist Stöckacker zurzeit. Aber der fünfköpfige Vorstand mit dem neuen Präsidenten Fritz Schmid ist motiviert und setzt sich mit bemerkenswertem Engagement für die Anliegen der Bevölkerung ein.
Gleich drei Exponenten aus dem Leistgebiet erscheinen zum Gespräch mit dem BärnerBär im StöckTreff an der Bienenstrasse 7: Annkatrin Graber, Quartierarbeiterin Bern West, Fritz Schmid, seit 2022 Präsident des Quartierleists Stöckacker, und Kurt Wyss, langjähriger Präsident des Leists. Der Quartiertreffpunkt beim Schulhaus Stöckacker wird von zwei Institutionen betrieben: Von der Quartierarbeit Bern West der Vereinigung Berner Gemeinwesenarbeit VBG und von der reformierten Kirchgemeinde Bern-Bümpliz.
Annkatrin Graber betont, dass sie beim Quartierleist Stöckacker «bloss» Gast-Status besitze, eine Mitgliedschaft sei aus beruflichen Gründen nicht möglich. Sie lobt dabei die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem derzeitigen Vorstand: «Ohne das gewissenhafte und langjährige Engagement der fünf Leist-Vorstandsleute gäbe es vielleicht den Stöckleist nicht mehr.» Fritz Schmid arbeitet seit fünf Jahren im Vorstand mit und präsidiert diesen seit 2022. Dem seit 2009 an der Bethlehemstrasse lebenden Präsidenten liegt die Entwicklung «seines» Quartiers und das Wohl der Bewohnenden sehr am Herzen. Deshalb möchte er nicht bloss konsumieren, sondern aktiv mitwirken. So seine Motivation, im Leistvorstand mitzumachen. Nicht mehr im Vorstand ist Kurt Wyss. Seine 60-jährige Mitgliedschaft und seine langjährige Vorstands- und Präsidententätigkeit kann er nicht einfach abstreifen: Nach wie vor lässt ihn das Quartierleben nicht kalt. Der heutige Vorstand schätzt seine Erfahrung und sein immenses Wissen zur Geschichte und Entwicklung des Quartiers.
Es hat Luft nach oben
Wie viele Leiste und andere Verbände, kämpft auch der Quartierleist Stöckacker mit den schwindenden Mitgliederzahlen, das will Präsident Fritz Schmid nicht beschönigen. Kurt Wyss sieht einen möglichen Grund in den veränderten Besitzverhältnissen mehrerer Siedlungen. «Früher hatten wir vor allem private Hausbesitzer, man kannte sich. Heute sind Grossfirmen, Pensionskassen und die Stadt Besitzer der Liegenschaften. Es herrscht eine gewisse Anonymität.» Fritz Schmid gibt sich selbstkritisch: «Der Ball liegt nun klar bei uns. Wir müssen uns bei den (neuen) Anwohnenden verstärkt bemerkbar und ihnen bewusst machen, dass der Leist ihre Anliegen gegenüber den Behörden vertritt und sich einsetzt. Es hat noch viel Luft nach oben!» Die Voraussetzungen dafür sind gut: Fritz Schmid ist Delegierter des Leists in der Quartierkommission Bethlehem-Bümpliz (QBB) und arbeitet in der Gruppe «Planung & Verkehr» der QBB mit. Zudem präsidiert er die IG Stöckacker Nord. Diese setzt sich gemeinsam mit dem Heimatschutz für den Erhalt und die Sanierung der Siedlung Meienegg ein.
Während sich der Quartierleist Stöckacker vor allem der Quartierentwicklung, den Bauprojekten, dem Verkehr und der Sicherheit auf den Stras-sen widmet, ist der 2015 gegründete Verein «Events Stöckacker» für das kulturelle und gesellschaftliche Leben im Stöckacker verantwortlich. So organisiert der Verein am 31. Mai 2024 den «Tag der Nachbarschaft» zusammen mit der Quartierarbeit VBG Bern West und der reformierten Kirchgemeinde Bern-Bümpliz. Auf dem Platz des Schulhauses Stöckacker wird ein grosses Buffet aufgestellt, Musik begleitet die Tavolata und in einem Spielmobil finden die Kinder Abwechslung und Spass. «Letztes Jahr nahmen gegen 200 Personen jeden Alters und aus verschiedensten Nationen daran teil», weiss Annkatrin Graber zu berichten, «wir freuen uns wieder auf ein tolles Zusammensein.» Der Tag der Nachbarschaft wird auf dem ganzen Stadtgebiet durchgeführt (der BärnerBär berichtete darüber).
Verschönerung des Quartiers
Während sich der ehemalige Leist-Präsident Kurt Wyss eher kritisch zum Quartierbild äussert («zu wenig grün»), gibt sich der aktuelle Präsident Fritz Schmid versöhnlicher: «Ich empfinde das Gesamtbild gegenwärtig gar nicht so schlecht, wobei ich mich für Strassenbegrünung offen zeige.» Quartierarbeiterin Annkatrin Graber vermisst einen grosszügigen «Dorfkern» im Stöckacker, was aber in einem urbanen Gebiet wohl schwierig zu bewerkstelligen ist.
Der Leist setzte sich in jüngster Zeit erfolgreich für die Begegnungszone und damit für eine Verkehrsberuhigung Keltenstrasse/Kehrgasse ein. «Sie wird diesen Sommer Wirklichkeit. Pflanzenkübel werden dieses Gebiet spürbar wohnlicher werden lassen», freut sich Fritz Schmid. Etwas länger zurück liegt die Planung der Tramlinien 7 (Bümpliz) und 8 (Brünnen Westside). Dazu Kurt Wyss: «Ursprünglich war geplant, die Linie 8 erst im Dorfkern von Bümpliz Richtung Bethlehem abbiegen zu lassen. Auf dem politischen Weg brachten wir mit einleuchtenden Argumenten durch, dass das Tram – wie früher der Bus – bereits nach der Unterführung bei der Haltestelle Höhe gegen Bethlehem abbiegt», sagt Kurt Wyss nicht ohne Stolz.
Mit Adleraugen verfolgt der Leist gemäss Präsident Schmid das Neubauprojekt der Siedlung Meienegg. Diese Siedlung, erstellt in den 1940er- und 1950er-Jahren, soll nach dem Willen der FAMBAU-Genossenschaft und der Stadt Bern abgebrochen werden, weil die Häuser nicht mehr sanierbar seien. Der Leist hat sich für den Abriss ausgesprochen, allerdings mit der Auflage an die Stadt, dass die neuen Häuser nicht zu hoch gebaut werden dürften und sich nahtlos in das Quartierbild der Einfamilienhaus-Siedlung der Nachbarschaft einfügen sollen. Die IG Stöckacker Nord wehrt sich gegen den Abbruch. Fritz Schmid steht als Präsident sowohl des Quartierleists Stöckacker als auch der IG Stöckacker Nord dazwischen, sieht aber darin kein besonderes Problem. «Ich sehe mich als Vermittler zwischen Leist und IG. Wir gehen nicht auf Konfrontation, sondern suchen für beide Seiten akzeptable Kompromisse.»