Flavia Wasserfallen (45) ist kein Angsthase. Sie überwindet am kommenden Freitag in der Dokutainment-Serie «To Be Wild» auf 3+ ihre Höhenangst.
Woher haben Sie den Mut genommen, sich auf dieses Interview einzulassen?
Hoppla! Ich habe jetzt nicht damit gerechnet, dass auch das Interview eine Herausforderung sein wird. Ich hoffe, dass ich am Ende nicht eines Besseren belehrt werde …
Welches war Ihr erster Gedanke, als man Sie fragte, ob Sie bei «To Be Wild» mitwirken wollen?
Nein. Um Gottes Willen, nein! (Lacht)
Weshalb?
Ich war sehr kritisch, weil ich normalerweise solche Formate meide – und das wird auch so bleiben. Das war eine Ausnahme von der Regel, weil ich neugierig bin und die Produktion sehr professionell wirkte. Ausserdem konnte ich Dinge ausschliessen, die nicht nur an die Grenze dessen gegangen wären, was ich mir freiwillig zumute, sondern darüber hinaus.
Und das wäre?
Es war mir klar, dass ich nicht zum Jux in ein Kleinflugzeug oder in einen Helikopter steigen würde. Auch kämpfe ich mit Höhenangst, was bei wilden Kletterpartien schwierig geworden wäre.
Was reizte Sie?
Den Ausschlag gaben das Naturerlebnis und die hartnäckige Produzentin. Und als angefressene Snowboarderin war ich auch neugierig auf Ex-Snowboard-Weltmeister Fabien Rohrer.
Weshalb sprach er Sie eigentlich nicht darauf an, dass Sie zehn Jahre im Wallis als Snowboard-Lehrerin unterrichteten?
Fäbu ist ein rastloser, energiegeladener Mensch, der sich in seiner neuen Rolle als Moderator nicht immer ans Drehbuch gehalten hat. Dafür versuchte er mich vor der Überquerung einer Hängebrücke zu beruhigen, obwohl ich dort gar keine Angst hatte. (Lacht)
Welche der drei echten Herausforderungen haben Ihre Nerven am meisten strapaziert?
Das war die atemberaubende, aber gefühlt überhängende Bergbahnfahrt, die ich nur «überlebte», weil mich ein Gespräch mit Fäbu vom Blick in die Tiefe ablenkte.
Kennen Sie Mutproben schon aus Ihrer Kindheit?
Natürlich, ich war ja in der «Pfadi»! Einmal haben wir uns im Sandsteinbruch von Ostermundigen abgeseilt. Ich war etwa zehn Jahre alt und es kostete mich viel Überwindung. Vor den älteren Kindern wollte ich aber nicht als Angsthase dastehen.
Wer war mutiger, als Sie und Ihr Mann sich begegneten?
Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, da wir uns schon sehr lange kannten und befreundet waren, bevor daraus eine Liebesbeziehung wurde.
Wer wagte dann den ersten Schritt?
Jaa, ich würde sagen, das war schon ich … Auch, wenn ich an noch früher denke, habe ich immer den Mut gefunden, den ersten Schritt zu machen, aber man muss dann halt auch damit leben können, dass man einen Korb bekommt.
Für welche Reden im Parlament brauchten Sie am meisten Mut?
Ich habe nicht den Eindruck, dass mein Einsatz für bestimmte Anliegen besonderen Mut erforderte, sondern Überzeugung und die Freude, etwas zu verteidigen. Ich habe mich sehr gerne für die 13. AHV-Rente, die Pflegeinitiative oder mehr Organspenden eingesetzt. Und jetzt setze ich mich mit Überzeugung für die Prämienentlastungsinitiative ein.
Wenden Sie eine bestimmte Technik an, um Ihre Nerven im Zaum zu halten?
Ich mache schon fast 20 Jahre Yoga. Das ist sehr hilfreich, denn die richtige Atmung ist alles. Die typischen Stress-Symptome Schwitzen, Zittern oder Magenbeschwerden sind oft nur auf eine falsche Atmung zurückzuführen.
Haben Sie bei «To Be Wild» eigentlich auch deshalb zugesagt, weil Ihnen der Auftritt in einem populären TV-Format bei den nächsten Wahlen zusätzliche Stimmen eintragen kann?
Die nächsten Wahlen sind erst in dreieinhalb Jahren, das wäre etwas gar früh und war definitiv nicht meine Motivation. Ich habe jedoch in meinem Ständeratswahlkampf gemerkt, dass es mir sehr gefällt, wenn ich Leute erreichen kann, die sich sonst nicht für Politik interessieren.
Sie hätten im vergangenen Jahr reelle Chancen gehabt, Bundesrätin zu werden. Würden Sie es sich bei einer nächsten Vakanz zutrauen, wenn Ihre Kinder älter sind?
Das ist schwer einzuschätzen. In diesem Amt muss man auf sehr viel verzichten, aber kann auch sehr viel gestalten und bewirken, was sehr schön ist. Trotzdem bin ich froh, dass ich mir momentan nicht den Kopf darüber zerbrechen muss. Die familiäre Situation würde auf jeden Fall wieder eine wichtige Rolle spielen.
Haben Sie Träume, die sich noch nicht erfüllt haben?
Ich bin mit meinem Leben sehr glücklich und zufrieden, fände es jedoch spannend, nach der aktiven Politik einmal länger zu reisen. Und ich möchte mit Heidi Ulrich, der Weltmeisterin im Speedsurfen, Windsurfen gehen. Wir haben es schon abgemacht, aber ich habe den Schritt noch nicht gewagt, um es zu konkretisieren.
Sie spielen auch Fussball, als Stürmerin des FC Helvetia, den Sie mitbegründet haben. Wie viele Tore haben Sie für das Team des Parlaments schon erzielt?
(Überlegt) Etwa acht Tore in den letzten neun Spielen.
Wer hat diese Fussballbegeisterung geweckt?
Da meine Mutter Neapolitanerin ist, war der SSC Napoli, noch zu den goldenen Zeiten von Maradona, meine erste Liebe.
Und heute?
Mein Herz gehört den Young Boys. Da habe ich schon lange ein Saisonabonnement und bin im Beirat der YB Frauen welche den Cupfinal nur knapp verloren haben. Ich engagiere mich mit Herzblut dafür, dass sich die Rahmenbedingungen für die Fussballerinnen verbessern. Schliesslich verbringen wir auch viel Zeit auf dem Spitz, dem Platz des FC Breitenrain, weil da unsere Kids trainieren.
Welches sind Ihre Lieblingsspielerinnen?
Ich finde Lia Wälti toll, die bei Arsenal spielt und Captain der Nati ist, und die zweifache Weltmeisterin Megan Rapinoe, die beide auch neben dem Platz spannende Persönlichkeiten sind.
Zum Schluss nochmals eine Frage an die Ständerätin: Sind Sie auch von der Netflix-Politserie «Borgen» begeistert?
Ich bin sogar so begeistert, dass ich mich irgendwann mal gefragt habe, was mit mir los ist. Da komme ich von der Politik nach Hause und schaue «Borgen»! Aber die Serie ist einfach super. Und Dänisch klingt so lustig, als hätten die alle eine heisse Kartoffel im Mund! (Lacht)