ALPINES MUSEUM DER SCHWEIZ IN BERN

«Grönland. Alles wird anders»

Gleich zu Beginn der Ausstellung sieht und hört man Donald Trump zu seinen Plänen mit der Insel. Warum Grönland für Amerika so wichtig ist, wird bald eindrücklich deutlich.

Was wie eine Prophezeiung klingt, ist der Titel einerAusstellung im ALPS Alpines Museum der Schweiz. Seit Donald Trump erneut seine Absichten kundtat, Grönland annektieren zu wollen, sind alle Augen auf die Insel im Nord­atlantik gerichtet. Warum will Amerika sie kaufen, wer lebt eigentlich dort und was hat das alles mit der Schweiz zu tun?

«Das Bild, welches viele in der Schweiz so ganz generell von Grönland haben, mag teils klischiert sein, aber es ist ein grundsätzlich Positives», sagt Beat Hächler, Direktor des ALPS. «Das hilft einer Ausstellung natürlich sehr.» Die aktuelle Diskussion, die durch Trumps Äusserung befeuert wird, verleiht dem Museum denn auch anhaltendes Interesse. Über 1000 Besuchende zählte man allein letzte Woche. «Dass Trump effektiv wieder an die Macht kommt, haben wir natürlich nicht vorhersehen können – aber Grönland als Thema passt generell hervorragend zu einem Haus wie dem Alpinen Museum», umschreibt es der Kurator.

Den Menschen aus Grönland zuhören
Bei Betreten der Ausstellung nimmt man sich Kopfhörer und taucht somit gleich in die Welt Grönlands ein. Und schon im ersten Raum sieht und hört man Donald Trump zu seinen Plänen mit der Insel. Erst im Verlaufe der Ausstellung wird deutlich, weshalb Grönland für ihn und die Welt so wichtig ist. Die Vielfalt dieses vermeintlich einfach nur mit Eis bedeckten Landes wird in verschiedenen Räumen – die mit Schnüren aus recyceltem Meeresplastik voneinander abgetrennt sind –
deutlich. So erlebt man beispielsweise auf einer Grossleinwand die Motorbootfahrt zusammen mit einem Jäger hautnah und im Originalton mit. Ohne Effekte, weder schneller zusammengeschnitten noch inszeniert. Eine wohltuende Abwechslung zu den kurzen und wilden Schnitten der gängigen Videos auf Social Media. Gemäss den eigenen Interessen wählt man selbst, wem von den Bewohnenden Grönlands man zum jeweiligen Thema zuhören möchte. Auch dank der Kopfhörer bleibt man so in der nicht nur winterlichen Welt Grönlands, die erstaunlich viele Parallelen zu unserem Land aufweist. Und nicht nur das. «Was man in Grönland lernt, ist von globaler Bedeutung», umschreibt es etwa Klimaforscher Thomas Stocker. «Grönland spielt beim Klimawandel eine zentrale Rolle. Veränderungen sieht man hier früh und verstärkt, anhand der Eisbohrkerne lernt die Klimawissenschaft stetig dazu.» Raumgreifende Projektionen stehen somit rund dreissig Interviews gegenüber, in denen Grönländer – vom Fischer über die Schauspielerin, von der Politikerin zum Flughafenmanager, vom Studenten, über den Jäger bis zur Influencerin – ihre Erfahrungen und ihre persönliche Sicht auf Grönland teilen.

Ein eigenes Bild von Grönland
«Uns war wichtig, dass sich die Besuchenden ein eigenes Bild über Grönland machen können, gerade wenn sie noch nie dort waren», erklärt Beat Hächler, der die Ausstellung zusammen mit dem Bündner Filmemacher Gian Suhner realisiert hat. Deshalb auch hätten sie sich vor Ort Zeit genommen und mit Grönländern gesprochen. «Wir wollten wissen, was sie beschäftigt, wie sie ihre Situation sehen. Auch wir starteten mit vereinfachenden Vorstellungen in die Dreharbeiten», ist sich der Kurator bewusst, «und wir trafen auf Menschen in einem vielfältigen, oft widersprüchlichen Umfeld. Wir realisierten: Es ist die Welt, in der wir leben, die uns in Grönland verdichtet begegnet. Das möchten wir in der Ausstellung zeigen.» So beschäftigen in Grönland ähnliche Themen wie bei uns: Tourismus, Kultur, Identität und Klimawandel. Während in der Schweiz der Wolf Schafe reisst, ist es in Grönland der Eisbär, der sich des schmelzenden Eises wegen auch immer mehr im Süden ausbreitet und dort die Schafe gefährdet. Menschen erzählen aus ihrem Alltag, sinnieren über Veränderungen und sind nicht selten komplett anderer Meinung. So erfährt man, dass Walfangquoten – zum Schutze der Tiere eingeführt – auch dazu führten, dass ein immer grösserer Konkurrenzkampf zwischen den Fischern entstand und diese deshalb nun mit Motorbooten und nicht mehr mit Kajak unterwegs sind. «Das ist wiederum für die Natur ganz und gar nicht gut», resümiert einer der Fischer. 

Die Besuchenden
sollen sich ein eigenes
Bild von Grönland
machen können.

Beat Hächler


Alles hat zwei Seiten
Auch Trumps Plan, den er schon während seiner ersten Amtszeit geäussert hat, sei für Grönland nicht nur negativ gewesen. Denn dadurch wurde der Welt bewusst, wie wichtig Grönland ist. «Für Amerika sind die beiden Hauptpunkte die ‹seltenen Erden› und die Schiffsroute durch die Arktis. Als ‹seltene Erden› wird eine Gruppe von 17 Metallen bezeichnet, die in AKWs, Elektro-Autos, Batterien oder LEDs gebraucht werden», erklärt Beat Hächler. Bei diesen seien die Amerikaner deutlich im Hintertreffen gegenüber China. «Grönland kam zwar dadurch selbst unter Druck, entwickelte aber auch ein Selbstbewusstsein und muss sich nun überlegen, wie es weitergehen soll», führt er weiter aus. Stichwort Tourismus: dieser brächte zwar Geld – kann aber auch zum Problem werden. Ein Problem, das wir auch in der Schweiz kennen. 

Lebendige Musikszene
Welches ist denn des Kurators liebster Raum? Beat Hächler überlegt kurz und nennt dann denjenigen über die Hauptstadt Nuuk. «Wir hatten grossartige Erlebnisse dort. Die Musikszene ist äusserst lebendig und gerade in der Winterzeit trifft man sich drinnen zu Konzerten. Alle kennen die Lyrik und singen mit, die Stimmung ist einzigartig», schwärmt er. So gibt’s denn auch zum Schluss der Ausstellung noch Grönländische Musik auf die Ohren. Und auch hier erkennt man: So weit weg von den Klängen, die wir hier hören, ist auch sie nicht.  «Grönland. Alles ist dort anders, als ich es mir vorgestellt hatte», lautet mein persönliches Fazit dieser faszinierenden Ausstellung.

Fotos: Daniel Zaugg

INFO

«Grönland. Alles wird anders»

So heisst die aktuelle Ausstellung des ALPS Alpines Museum der Schweiz
in Bern.
Grönlands Wandel ist heftig und ungestüm. Wie sehen das die Menschen dort? Eine bewegende Filminstallation mit original Grönland-Soundtrack. Die Ausstellung läuft bis August 2026.
Ausserdem gibt es ein umfangreiches, mit vielen Bildern und spannenden Texten gestaltetes Magazin für 20 Franken zu kaufen. Die Ausstellungsinhalte werden mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm noch vertieft.

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