Zibelemärit

Scharfe Knollen mit gesundem Innenleben  

Ernährungsberaterin Michelle Widmer: «Es gibt über zehntausend verschiedene Zwiebelarten.» Foto: Daniel Zaugg

Buntes Märittreiben, Party­stimmung, Konfetti und Glühwein. Doch der eigent­liche Star des Berner Zibelemärit ist die Zwiebel. Sie gab dem Volksfest einst seinen Namen und bewährt sich auch heute noch als brillante Gesundmacherin.

Nächsten Montagmorgen werden wieder Marktstände, Zibelezöpfe und Konfetti das Berner Stadtbild prägen. Durch die Lauben und Gassen weht der Duft von Käse- und Zibelekuchen, Chnoblibrot, Glühwein und anderen Märit-Spezialitäten. Seit dem 19. Jahrhundert gibt’s den Zibelemärit, die Zwiebel selbst schon viel länger. Sie wurde vor über fünftausend Jahren in Asien entdeckt. Die alten Ägypter hielten das scharfe, tränenaktivierende Knollengewächs für ein heiliges Symbol, das Leben und Ewigkeit repräsentiert. Einer Legende nach nutzten sie die Zwiebel noch zu anderen Zwecken. Manche Pharaonen sollen ihren Dienern Zwiebelsaft eingeflösst haben, um ihnen die Wahrheit zu entlocken. 

Jährlich rund 30 Tonnen Zwiebeln 
Wer einen kunstvollen Zibelezopf oder ein Kranzgebinde kauft, kann damit Eingangstüren, Küchenfenster und Stuben verzieren. Rund 30 Tonnen Zwiebeln werden am Zibelemärit in allen Formen und Farben gekauft. Es ist zu hoffen, dass möglichst viele der würzigen Knollen den Weg auf Tisch und Teller finden. Denn die Zwiebel ist eine wahre Gesundmacherin! Das bestätigt auch Michelle Widmer, Ernährungsberaterin und -Therapeutin mit eigener Praxis in Bern. Sie erklärt, weshalb dieses vielseitige Gemüse fast allen Menschen guttut.          

Michelle Widmer, Sie beraten Menschen in ihrem Ess- und Ernährungsverhalten. Wie ist ihr persönliches Verhältnis zur Zwiebel?
Michelle Widmer: «Ich schätze sie als aromatisches Gemüse, verbinde damit viel Angenehmes wie kochen, fein essen, sich Zeit nehmen und Gemütlichkeit. Doch in meiner Kindheit hatte ich eher ein gemischtes Verhältnis zur Zwiebel. Wenn mich eine Schnudernase plagte, wurden mir die streng riechenden Dinger als Heilmittel direkt ans Bett gestellt.»

Können Sie Zwiebeln als Nahrungsmittel bedenkenlos empfehlen? 
Ja, mit einer Einschränkung. Es gibt Leute, die Lauchgemüse wie Zwiebeln oder auch Knoblauch nicht vertragen. In diesen Gemüsen hat es sogenannte Mehrfachzucker, die bei gewissen Menschen, zum Beispiel jenen mit Reizdarm, mehr Gase als normal produzieren. Das kann zu schmerzhaften Blähungen führen. Normalerweise verursachen Zwiebeln nur leichte Blähungen, das ist ok und mit entsprechendem Windabgang auch ein gesunder Prozess. Sobald die Blähungen aber Schmerzen verursachen, kann eine Reduktion oder sogar ein Verzicht von Zwiebeln und anderen Lauchgemüsen Besserung bringen.  

Welchen Menschen tut die Zwiebel besonders gut? 
In der Herzernährung – also bei Herz- und Gefässerkrankungen – werden Zwiebeln, Knoblauch und frische Kräuter schon lange empfohlen. Wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung sind sie auch bei chronischen entzündlichen Erkrankungen wie Arthrose wirksam. Ihre Schwefelverbindungen und antioxidativen Inhaltsstoffe scheinen auch das Risiko für bestimmte Krebsarten – speziell im Magen-Darm-Trakt – verringern zu können. Neue Studien zeigen zudem positive Effekte bei Diabetes und Adipositas. Doch mit der Zwiebel allein ist es noch nicht gemacht. Als Ernährungsberaterin und -Therapeutin verstehe ich Ernährung immer auch im Zusammenhang mit anderen Aspekten, die ein gesundheitserhaltendes Leben ermöglichen.   

Können Sie das erklären? 
Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, Zwiebeln als Gemüse sind nur ein Bestandteil davon. Günstig wäre eine allgemein pflanzenbetonte Ernährung mit einem tiefen Fleischkonsum und möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln. Die Menschen sollten weiter darauf achten, mit Genuss und Zufriedenheit zu essen. Mitentscheidend für einen gesundheitserhaltenden Lebensstil sind heute auch regelmässige Bewegung, ausreichend und guter Schlaf sowie Selbstfürsorge, respektive ein gutes Stressmanagement. 

Mit der Kochdauer nimmt
die Wirkung der wertvollen 
Inhaltsstoffe ab. 

Michelle Widmer

Zurück zur Zwiebel und ihrem wertvollen Innenleben. Was kann sie sonst noch Gutes für unsere Gesundheit bewirken?  
Vielleicht zuerst eine allgemeine Bemerkung. Der Wirkungsgrad der Inhaltsstoffe ist auch eine Frage des Masses. Wir essen bekanntlich nicht sehr grosse Mengen an Zwiebeln. Trotzdem wirken ihre sekundären Pflanzenstoffe auch schon in kleinen Mengen, wenn Zwiebeln eher täglich gegessen werden. Um es einfach und mit wenigen Fachausdrücken zu erklären: Zwiebeln wirken entzündungshemmend und haben gefässschützende Eigenschaften. Sie senken den Blutdruck und beeinflussen die Blutfett- bzw. Cholesterinwerte positiv. Wer regelmässig Zwiebeln konsumiert, stärkt dank der entzündungshemmenden und antioxidativen Wirkung auch sein Immunsystem. Weiter können natürliche Alterungsprozesse der Zellen und Entzündungsgeschehen günstig beeinflusst werden. In einer Zwiebel hat es ausserdem noch Spuren von Vitamin C, Kalzium, Kalium, Phosphat und gewissen B-Vitaminen.   

Haben gekochte oder gebratene Zwiebeln den gleichen Wirkungsgrad wie rohe? 
Mit der Kochdauer nimmt die Menge und somit Wirkung der wertvollen Inhaltsstoffe ab. Wer rohe Zwiebeln mag und sie gut verträgt, darf sie gerne in ihrer Ursprungsform geniessen    

Es gibt weisse, rote, süsse Zwiebeln, Schalotten, Frühlings- und Perlzwiebeln und wohl noch mehr Sorten. Welche sind besonders gesund? 
Sie zählen hier einige der Sorten auf, die wir bei uns gut kennen. Aber es gibt noch viel mehr, über zehntausend verschiedene Zwiebelarten. Jede Sorte bietet leicht unterschiedliche Zusammensetzungen und Intensitäten der Inhaltsstoffe. Wer seltener Zwiebeln konsumiert, darf gerne auch mal rote in seinen Speiseplan integrieren, da sie noch andere sekundäre Pflanzenstoffe enthalten. Die Abwechslung machts. 

Nach dem Zibelemärit sind die würzigen Knollen wieder in vielen Berner Haushalten vorrätig, auch Sie persönlich essen gerne Zwiebeln. Haben Sie für unsere Leserinnen und Leser einen feinen und gesunden Menüvorschlag mit Zwiebeln?  
Sehr gerne. Ich schlage einen Orangen-Zwiebel-Salat vor, wie ihn mein Grosspapi oft für uns gemacht hat. Der Salat ist superlecker, enthält Vitamin C für den Winter und ist schnell zubereitet. Es braucht – für zwei Personen – zwei gutgereifte saftige Orangen. Die Orangen schälen, entkernen und in Scheiben schneiden. Danach eine eigrosse Zwiebel schälen, in Streifen schneiden und in einer Schüssel über den Orangen anrichten. Thats it! 

PERSÖNLICH

Michelle Widmer (39) ist im Baselland aufgewachsen und lebt seit 2009 in Bern. Sie ist ausgebildete Pflegefachfrau und heute als Ernährungsberaterin und -Therapeutin in ihrer eigenen Praxis «Esslösungen» tätig. Widmer hat einen Bachelor in Ernährung und Diätetik und absolvierte zusätzlich ein MAS in Systemisch Lösungsorientierter Kurzzeitberatung und –therapie. Die Ernährungsexpertin ist verheiratet und hat einen Sohn. Ihre Hobbys sind Beachvolleyball, Lesen, Freundschaften geniessen, draussen sein.

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