Der Berner Musiker Peter Reber, einer der erfolgreichsten und zudem prägendsten Musiker der Schweiz, feierte am 28. April seinen 75. Geburtstag. Im Interview äussert er sich zum Schweizer ESC-Sieg und blickt auf einige Meilensteine seiner Karriere zurück.
Peter Reber, die 75 Jahre scheinen fast spurlos an Ihnen vorbei gegangen zu sein. Sind Sie nach wie vor voller Energie und Tatendrang?
Spurlos ist ein bisschen übertrieben, aber ich fühle mich wohl und bin nach wie vor für die eine oder andere musikalische Untat zu haben. Alt ist man erst, wenn man nicht mehr neugierig ist und meint, früher sei alles besser gewesen.
Sie können auf eine grossartige und zudem vielseitige Karriere zurückblicken. Erste Erfolge stellten sich ja bald nach der Gründung von Peter Sue and Marc im Jahr 1968 ein. Mit diesem Trio prägten Sie die Schweizer Musiklandschaft wie kaum ein anderer und sorgten auch über die Landesgrenzen hinaus für einen erfolgreichen Schweizer Musik Export. Welches waren damals Ihre grössten musikalischen Einflüsse? Die gesang lichen Arrangements und auch die starken Melodien erinnern ja stark an ABBA.
Der Vergleich mit ABBA ist ja sehr schmeichelhaft, aber stimmt nur bedingt. Der Sound einer Gruppe ergibt sich aus den Möglichkeiten der einzelnen Stimmen. Einerseits die helle, klare Stimme von Sue, andererseits die Blues-Röhre von Marc und zu dritt dann der «Belcanto» des ganzen Trios. Am Anfang unserer Karriere haben wir viele Songs der amerikanischen Folk-Gruppe «Peter, Paul and Mary» gesungen. Da wäre der Vergleich eher angebracht. Musikalisch bin ich als Komponist der Lieder des Trios von ganz vielen Genres beeinflusst worden: Folk, Jazz und Chanson. Ich bin auch ein grosser Fan der Klassik.
Wenn man Ihre Biografie liest oder sich selbst zurück erinnert an die vielen Hits von Peter Sue and Marc oder von Ihnen als Solo Künstler und Komponist, dann weiss man gar nicht, wo man mit Aufzählen beginnen soll. Welches waren für Sie die Meilensteine in Ihrer Karriere?
Es gibt da nicht das eine Ereignis, welches entscheidend für unseren oder meinen Weg war. Als Trio konnten wir über Jahre zu unserm Stil finden und Profis wurden wir erst nach acht Jahren! Heute ist das oft ganz anders: Durch irgendwelche TV-Wettbewerbe wird man über Nacht berühmt – ist dann aber oft nach kurzer Zeit schon wieder weg vom Fenster. Die diversen Teilnahmen am «Concours Eurovision» waren für uns aber schon wichtige Stationen. Vor allem boten sie uns die Möglichkeit, auch in anderen Ländern zu veröffentlichen. Bei meiner Solokarriere war das nochmals anders. Der siebenjährige Segeltörn auf den Weltmeeren inspirierte mich zu Liedern, die erfreulicherweise zu Hause ein grosses Publikum fanden.
Stolz durfte die Schweiz auch auf die erwähnten ESC-Teilnahmen und Platzierungen von Peter Sue und Marc sein. Von 1971 bis 1981 waren Sie insgesamt 9-mal an einer Ausscheidung dabei und konnten die Schweiz 4-mal am Wettbewerb vertreten. Dabei erreichten Sie mit «Djambo Djambo» 1976 und 1981 mit «Io senza Te» den 4. Platz. Aber auch als Komponist von «Swiss Lady» für Pepe Lienhard und «Cinéma» für Paola waren Sie am ESC vertreten. Kein anderer Schweizer Musiker hat so oft mitgewirkt. Welche Bedeutung hatte der Wettbewerb damals für Sie?
Der ESC bietet mit Abstand die beste Plattform, ein grosses, europäisches Publikum zu erreichen. Und wenn man dann noch aus einem kleinen Land wie der Schweiz kommt, ist diese Chance umso wichtiger. Wo erreicht man sonst mit einem Auftritt 150 Millionen Menschen?! Der ESC hat mir auch ermöglicht, durch die entstandenen internationalen Kontakte mit Plattenfirmen und Künstler*innen für andere zu schreiben. Auch wenn man den Wettbewerb nicht gewinnt und wie ABBA zu Weltstars wird, national war und ist der ESC ein Booster für ganz viele Karrieren.
Wie haben Sie den ESC 2024 mitverfolgt?
Diesmal zusammen mit meiner Familie. Wenn ich kann, schaue ich immer. Für mich ist das pure Nostalgie. Wenn das Eurovisionssignet gespielt wird, kriege ich immer noch ein bisschen Herzklopfen. Der ESC ist echtes «Boulevard». Da kann man so schön schnöden, sich freuen, fanen und auch kritisieren. Unterhaltung ist garantiert. Und jedes Jahr – so finde ich wenigstens – hat es auch immer ein paar schöne Songs dabei.
Wie stehen Sie persönlich zu dem Song und der Leistung von Nemo?
Nemos Performance war ausserordentlich. Die Kombination von verschiedenen Genres sehr gewagt, aber auch sehr gekonnt. Es kann der Start einer internationalen Karriere gewesen sein. Ich hoffe, Nemo hat viele gute Songs im Köcher. Schweden wurde nach dem Sieg von ABBA zu einem Mekka der Popmusik. Wenn das bedeuten würde, das Schweizer Künstler*innen im Ausland nun etwas ernster genommen werden, wäre schon viel erreicht.
Dass Sie sehr aufgeschlossen und auch neugierig für andere Musik-Genres sind, wissen wir spätestens seit «Sing meinen Song das Tauschkonzert». Man schien Ihnen mit der Möglichkeit zum Eintauchen in diese Welten ein grosses Geschenk gemacht zu haben. Welcher Moment in dieser Sendung war für Sie musikalisch besonders erfüllend?
Für mich gab es ganz viele Highlights. Die Beschäftigung mit dem Repertoire der anderen Künstler*innen im Vorfeld der Sendung war schon fordernd. Stundenlang Rap zu hören, um einen Titel von EAZ zu finden, den ich auf meine Art umsetzen könnte, haben aus mir fast Peter Räpper gemacht. Spass beiseite, der Respekt füreinander, die wir doch alle aus ganz anderen Genres der Musik kommen, war schon sehr beeindruckend. Auch der Altersunterschied – Joya Marleen hätte meine Enkelin sein können – war unwichtig. Uns einte die Liebe zur Musik, der universellsten und schönsten aller Sprachen.
Auch nach langen Reisen zog es Sie wieder zurück nach Bern. Ist die Stadt ihr Hafen?
Bern ist eine sehr schöne Stadt mit hoher Lebensqualität. Ich lebe gerne hier und meine Familie ist ja auch in der Nähe. Aber ich könnte an vielen anderen Orten leben. Während der 16 Jahre, die ich im Ausland verbracht habe, war ich auch glücklich. Sagen wir es so: Ich liege gerne vor Anker, auch in Bern. Aber auch Anker kann man bekanntlich lichten.