HANK SHIZZOE

«Ich musste einem Bison ausweichen» 

Der Gitarrist und Singer-­Songwriter Hank Shizzoe setzt nach Rock wieder vermehrt auf Folk-Musik, liebt richtige Wälder und spielt in «D Kriminalgschicht» einen bärbeissigen Kommissär. 

Hank Shizzoe zog in den Neunzigerjahren vom Zürcher Oberland nach Bern. Er spielte schon damals vor allem mit Berner Musikern und sagt im Rückblick: «Es machte für mich keinen Sinn mehr, nicht in Bern zu wohnen.» Zuvor hatte er Jura studiert, das Studium aber nicht abgeschlossen. Der bekannte Gitarrist, Sänger und Songwriter wurde stattdessen Redaktor bei der Regionalzeitung Zürcher Oberländer. «Bis die Musik übernahm und ich keine Zeit mehr hatte Journalist zu sein», so Shizzoe. Das Magazin Rolling Stone schrieb über den Musiker, er sei der beste Roots Rock Songwriter, der nicht aus den USA stamme. «Ein sehr schönes Kompliment», findet Shizzoe. Für ihn ist der Roots Rock aber längst Weltkulturgut. Ein Schmelztiegel aus verschiedenen Weltkulturen sei diese Szene schon immer gewesen. «Wenn du als Kind in den Siebzigerjahren aufgewachsen bist, hast du diese Musik sehr präsent.» Creedence Clearwater Revival und Elvis Presley, die am Radio rauf und runterliefen haben Hank Shizzoe unter anderem geprägt. Sein Sehnsuchtsland scheint die USA zu sein. Shizzoe seufzt. «Für die nächsten vier Jahre werde ich wohl nicht in die USA einreisen.» Die Wahl von Trump empfindet er als Katastrophe. «Ich habe Freunde dort, sie tun mir leid.» Das Klischee um die angeblich grenzenlose Freiheit in den USA ist es nicht, was Shizzoe an dem Land reizt. «Es sind die Naturerlebnisse, die du dort haben kannst, die komplette Wildnis, die mich fasziniert. 

Gefährliche Begegnung 
Shizzoe erinnert sich an seine früheren Reisen. Kommt ins Schwärmen von Horizonten in Alaska und Dimensionen, die wir hier nicht kennen würden. «Willst du einen Wald, der wirklich Wald ist, musst du nach Kalifornien», erklärt er. Er sei viel mit dem Auto gereist aber auch zu Fuss. In den 1990-er Jahren kam es in Yellowstone, in Montana zu einer Begegnung mit einem Bison.

Ich bin in der Realität
nicht so eklig
wie meine Figur.

Hank Shizzoe


Shizzoe wollte zurück zu seinem Auto, wo ein Bulle stand. «Ich machte einen Riesenbogen um das Tier und setzte mich von der anderen Seite in mein Auto.» Ein Ranger machte ihm aus dem Auto heraus ein Zeichen, das signalisierte, dass er gerade sehr viel Glück gehabt habe. «Ich verstehe den Bison, ich war ja in seinem Wald», so Shizzoe. Tatsächlich seien die Tiere gefährlich, wären fast ausgestorben und ziemlich exotisch. «Man kann, aber muss nicht, eine Parallele zur Musikindustrie ziehen», so Shizzoe. Die Streaming-Dienste hätten die Branche kaputt gemacht. Sein neuestes Album «One More Day», auf dessem Cover ein Bison abgebildet ist, kann nicht auf Streaming-Diensten heruntergeladen werden. Es ist eine bewusste Entscheidung des Künstlers. 

Song eines Häftlings
Der Albumtitel ist auch der Name eines Songs. «One More Day» ist ein Lied, das im Film «Jailhouse Rock» mit Elvis Presley, von einem Häftling gesungen wird. Shizzoe hat seine Variante des Songs aufgenommen. Es geht darum, nicht in allzu grossen Bögen zu denken. Im Stil von «Chum mir näme no e Tag», so Shizzoe. Das nächste Album werde nach dem teilweise rockigen «One More Day» eher wieder ein Country- und Folk Album. Dass sich manche Menschen unter diesem Genre Leute mit grossen Hüten, die schlechte Cover-Versionen von Johnny Cash singen, vorstellen, ärgert ihn. In der angelsächsischen Liedertradition sei der Folk bestimmend, wenn es darum gehe Musik mit mehr als nur «Shubidu I love you» zu produzieren. «Mit Bob Dylan ist die Wende gekommen.» So sei beispielsweise ein Lied wie «Masters of War» von 1963 zeitlos und im Moment wieder besonders aktuell, so Shizzoe. Aber auch Berner Lieder aus den Siebzigern wie etwa jene von Jacob Stickelberger und Fritz Widmer könne man heute noch bringen. Als Kind hatte den Musiker Mani Matter, insbesondere dessen Album «Ir Isebahn» geprägt. Im Familienalbum des Musikers gibt es ein Bild von seiner Mutter und Mani Matter wie sie als Kinder in einer Blechbadewanne sitzen. Mani Matters Frau Joy Matter besuchte mit Shizzoes Mutter das Lehrerseminar. 

Bärbeissiger Kommissär
Mit dem Stück «D Kriminalgschicht» hat Shizzoe sich einem Gemeinschaftswerk der Berner Troubadours (Mani Matter, Jacob Stickelberger und Fritz Widmer) angenommen. Das ursprünglich als Liederabend geplante Stück wurde von Shizzoe mit szenischen Momenten angereichert und 2010 an den Burgdorfer Krimitagen uraufgeführt. Seit 2011 wird das vergnügliche Stück in regelmässigen Abständen im Theater Matte gezeigt. Shizzoe steht gemeinsam mit Christine Lauterburg, Markus Maria Enggist und Michel Poffet auf der Bühne und gibt den arg überzeichneten bärbeissigen Kommissär, der auch mal mit Ketchup hantiert, um auf einen Teppich tropfendes Blut darzustellen. Dass er mit «D’Kriminalgschicht» ein Stück aus den Siebzigerjahren aus der Schublade geholt hat, sieht er als unproblematisch. «Du musst es nicht umdenken, aber du kannst es ironisieren.» Vieles habe sich auf der Bühne entwickelt, während des Improvisierens. Laufend werden etwa Tagesaktualitäten in das Stück eingebaut, wie etwa ein entgleistes Tram oder die Bundesratswahlen. Die Jodlerin und Musikerin Christine Lauterburg karikiere die etwas dümmliche Sekretärin mit Hochgenuss, während Enggist den grauen Beamten gäbe. «Ich bin in der Realiät nicht so eklig wie meine Figur», so Shizzoe über seine eigene Rolle, die ihm wohl noch lange Spass machen wird.

1MD acsession
Hank Shizzoe im Aufnahmestudio.

Fotos: Luis Gautschi, Reto Camenisch

PERSÖNLICH

Hank Shizzoe wurde 1966 als Thomas Erb in Rüti (Kanton Zürich) geboren. Nach einem abgebrochenen Jurastudium arbeitete er als Kulturreporter. In den Neunzigerjahren zog der Gitarrist, Sänger, Songwriter und Produzent nach Bern, wo er mit Musikern wie Stephan Eicher und Polo Hofer zusammenarbeitete. Shizzoe ist verheiratet und lebt in Muri bei Bern.

INFO

One More Day
Das neue Album von Hank Shizzoe und seiner Band heisst «One More Day» und vereint 13 Songs, darunter sechs Eigenkompositionen. Rock, Rockabilly, Balladen und Folk sorgen für einen facettenreichen Sound. Das Album ist erhältlich auf CD, als limitierte Doppel-LP und als Hi-Res-Master-Download.

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