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Sängerin Christine Hasler

«Ich will immer viel zu viel»

Christine Hasler: «Mittlerweile habe ich keine Angst mehr vor dem Schweizerdeutschen.» Foto: Helen Lagger

Christine Hasler ist die Leadsängerin der Band «Lia Sells Fish». Momentan driftet ihr Sound vom Rock zum Triphop und Pop ab und sie sagt: «Ich habe keine Angst mehr vor Mundart.»

Treffpunkt Wald. Die Sängerin Christine Hasler hat diesen Ort beim Wylerbad gewählt, weil die Natur ihr viel Inspiration liefert. «Ich benutze in meinen Songtexten oft Waldbilder als Übersetzung von Gefühlen.» 2019 hat sie ihre Band «Lia Sells Fish» gegründet und das erste Album herausgebracht. Die ursprüngliche Besetzung existiert heute nicht mehr. Aktuell formieren sich rund um die Singersongwriterin und Leadsängerin der Drummer Pascal Lüthi, der Keyboarder Ueli Kempter und Haslers Mann, Stefan Schischkanov als Gitarrist. Die rockige Schiene der Anfangsjahre tritt zunehmend zurück. «Wir driften Richtung Triphop und Pop ab», so Hasler. Sie hat Musik- und Medienkunst an der Hochschule der Künste in Bern studiert. «Ich habe dort wahnsinnig viele Skills erworben und viele gute Leute kennengelernt.» «Lia Sells Fish», ist sowohl der Bandname wie das Alter Ego der Sängerin. «Ich grabe wahnsinnig viel aus mir selbst.» Der Name, der der Künstlerin schon vor 20 Jahren einfiel ist der Tiefenpsychologie entnommen. Der Psychiater Carl Gustav Jung habe die Analogie von Fischen verwendet, um die Nahrung für das Unterbewusstsein zu beschreiben. «Sells» stehe für den Fakt, dass sie ihre Songs und damit ein Stück weit ihre Gefühle schliesslich auch verkaufe. Ihre Arbeitsmoral bezeichnet Hasler als streng. Seit sie Mutter geworden ist, ist ihr Pünktlichkeit noch wichtiger. «Du musst mehr planen und ich will immer viel zu viel.»

Hochzeit und Beerdigung
Wenn Hasler auf ihre Anfänge als Performerin zurückblickt, staunt sie manchmal selbst. «Bei so genannten Open Mics habe ich auch mal aus meinem Tagebuch vorgelesen», erinnert sie sich lachend. «In deinen Zwanzigern darfst Du alles.» Heute ist ihr wichtig, dass ihre Texte, die häufig von Liebe handeln, so offen sind, dass man sie ebenso gut an einer Taufe, einer Hochzeit oder Beerdigung spielen könnte. «Water running down my skin – washing off this mud again» –auf Deutsch «Wasser rinnt mir über die Haut und wäscht den Schlamm wieder ab» – lautet etwa eine Songzeile von «Lia Sells Fish». Im Rahmen von Auftritten als Duo «Ha_Ke_1» mit dem Keyboarder Ueli Kempter improvisiert sie stets aus dem Stegreif, etwa an Konzerten der Reihe «Bee Flat». «Wir sprechen uns vorher nicht ab, aber Du musst Dein Mindset natürlich gleichwohl parat haben.» Ein Trick, wenn sie nicht weiterwisse, sei es ein schönes Wort wie «Schnee» mehrfach zu wiederholen bis daraus plötzlich das französische «neige» werde. Mittlerweile habe sie keine Angst mehr vor dem Schweizerdeutschen. «Ich hatte lange Zeit das Gefühl, es gebe schon zu viel in diesem Bereich.» In einem Song auf Mundart erzählt sie vom Backen, wie sie den Finger in den Teig steckt, Spass am Kuchenmachen hat. «Es ist ein unfreiwillig sexuell aufgeladener und sinnlicher Text geworden», so Hasler. Bewusst sei ihr das erst durch das Feedback des Publikums geworden.

Im Universum des Grossvaters
Hasler ist die Tochter eines Versicherungsberaters und einer Reflexzonentherapeutin. Ihre Schwester Denise Hasler ist Schauspielerin. «Das Theater ist nebst der Musik meine zweite Liebe», so die Sängerin. Als Darstellerin und Musikerin war sie etwa in «Gschwüschterti» einer Produktion von Weltalm Theater und Theater Sgaramusch zu sehen. «Ich habe die Figur der jüngsten Schwester bereits rund achtzig Mal gespielt», so Hasler. Eine Performerin sei sie schon immer gewesen. «Wohl zum Leidwesen meines Umfelds», wie sie lachend sagt. «Bereits in der zweiten Klasse nutzte ich meine Stimme als Instrument und spielte Gitarre.» Gemeinsam mit ihrer Schwester entwickelte sie das Projekt «Ernst» (2019). Hasler hatte Tagebücher vom mittlerweile verstorbenen Grossvater, der tatsächlich Ernst hiess und auch eher ein strenger, ernster Typ war, gefunden. «Meine Schwester hat etwa 10 000 Seiten abgetippt.» Ein Dokument, das von Alltäglichem berichtet, von den Dingen, die zunehmend nicht mehr gehen. Aus sich wiederholenden Einträgen wie «Zvieri», «Abwaschen» oder «Haushalt», hat Hasler Textblöcke kreiert. Die Schwestern mussten der Familie versichern, dass sie sich nicht über Ernst lustig machten. Entstanden ist ein berührender Text, der davon spricht, wie sich ein alter Mensch versichert, noch am Leben zu sein. An der Premiere erschienen schliesslich ebenso alte Leute, die Ernst noch kannten wie junge Menschen, die neugierig auf das Projekt waren. «Das hat mich sehr gefreut.» Helen Lagger

PERSÖNLICH

Christine Hasler wurde 1987 in Jegenstorf geboren und ist in Solothurn aufgewachsen. Sie hat an der Hochschule der Künste in Bern Musik studiert. 2019 gründete sie ihre Band «Lia Sells Fish». Die Sängerin und Performerin ist verheiratet, Mutter eines Sohnes und lebt in Bern.

NEUES PROJEKT

Die szenische musikalische Spurensuche «Sehe dich» ist das nächste Projekt, dem Christine Hasler ihre Stimme leiht, Musik macht und gemeinsam mit den Darstellerinnen Mirjam Berger und Silvia Jost performt. Das Stück ist eine Momentaufnahme unseres Lebens, wobei die heutigen Krisen thematisiert werden. Die Performance findet im Tojo Theater, Reitschule Bern, statt.

Donnerstag, 25. April | 20.30 Uhr (Premiere)
Samstag, 27. April | 20.30 Uhr
Sonntag, 28. April | 11.00 Uhr

www.tojo.ch

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