Olivia Sieber ist Maskenbildnerin und bereits zum 15. Mal bei den Thunerseespielen dabei. Dem BärnerBär hat sie verraten, was sie am Showbetrieb liebt und welche Perücke sie Mary Poppins verpasst.
Show, Haar und Make-Up Kunst – das ist die Welt von Olivia Sieber. Der BärnerBär besucht die Berner Maskenbildnerin im Atelier in Thun. Bereits im 15. Jahr ist Sieber für die Thunerseespiele im Einsatz. Sie hat in mehr als vierzig Musical-, Theater und Filmproduktionen mitgewirkt, wobei ihr das Genre Musical besonders am Herzen liegt. Sie spricht von einer Lebensentscheidung, einem Lifestyle, der auch Verzicht mit sich bringe. «There’s no business like showbusiness» – das sei kein Klischee, so Sieber. Dieses Jahr präsentieren die Thunerseespiele das beliebte Musical «Mary Poppins». Erzählt wird die Geschichte der Familie Banks. Die Kinder Jane und Michael sind kaum zu bändigen. Mit der Anstellung des Kindermädchens Mary Poppins weht ein neuer Wind. Poppins ist streng und liebevoll zugleich und verwickelt die Kinder in manches Abenteuer. Längst zum Kult geworden, ist der US-amerikanische Musical-Fantasy-Film aus dem Jahr 1964 mit Julie Andrews in der Titelrolle.
Mit roten Lippen
Die Disney-Produktion basiert auf den Mary-Poppins-Romanen von Pamela Lynwood Travers (1899 –1996), einer australischen Autorin. Die Thunerseespiele orientieren sich sowohl am Roman wie am Film und konnten sich die Rechte für das Musical von Disney und Cameron Mackintosh sichern. Das Maskendesign ist ein Mix aus Fin de siècle-Mode und aus Elementen aus dem späten 18. Jahrhundert bis in die Vierzigerjahre. «Mary Poppins, die sich von den anderen Figuren abheben soll, trägt bei uns roten Lippenstift», so Sieber. «Obwohl dies zu ihrer Zeit als anrüchig gegolten hätte.» Gespielt wird das magische Kindermädchen in Thun von der Bulgarin Alexandra-Yoana Alexandrova. Sieber hat die Sängerin und Darstellerin bereits bei einem ersten Fitting kennengelernt. Ihre Mass-Perücke ist parat. «Ich rechne mit insgesamt rund fünfzig Perücken für 28 Darstellerinnen und Darsteller, wobei die Frauen meist drei Sätze benötigen», so Sieber. Die Zeit der Jahrhundertwende sei in modischer Hinsicht wunderschön, aber technisch auch sehr aufwendig. Sieber weiss wovon sie spricht. Sie war bereits bei der letztjährigen Produktion, dem «Dällebach Kari» für das Maskendesign mitverantwortlich. Auch in diesem Musical rund um ein Berner Original wurde das Publikum in die belle Epoque katapultiert. «Wir benötigten viele Schnäuze», verrät Sieber lachend. Für den «Dällebach Kari» erhielt Alex gemeinsam mit den Maskenbildnern erstmals einen Preis als Maskenbildnerin, sie gewann den Deutschen Musical Theater Preis 2023 in der Kategorie «bestes Kostüm- und Maskenbild». «Eine grosse Anerkennung für unsere Arbeit», so Sieber, die gemeinsam dem Set und Costume Designer Alex Valasek und dem Maskenbildner Ronald Fahm den Preis entgegennehmen durfte.
Salsa tanzende Eisprinzessin
Nach dem «Dällebach Kari», der das Publikum scharenweise zum Weinen brachte, kommt nun mit Mary Poppins ein Feel-Good-Musical nach Thun. Das erste Musical, das Sieber als Kind sah, war «Cats». «Ich war in einer Theatergruppe und nahm Gesangsunterricht.» Schon als Kind habe sie viel getanzt, als begeisterte Eiskunstläuferin auch auf dem Eis. Dass sie heute als Maskenbildnerin hinter den Kulissen steht, stört sie nicht im Geringsten. «Ich habe meinen Platz gefunden». Heute mache es sie schon nervös, beim Schlussapplaus auf die Bühne zu treten. Hinter den Kulissen sei es ihr bedeutend wohler. Das Schöne an ihrem Beruf? «Wir schaffen Illusionen.» Dabei sei der Job härter als man meinen könnte, weil er auch physisch anstrengend sei. «Wir sind Künstler und Handwerker».
Mit Spezialeffekten
Während ihrer Ausbildung in Deutschland lernte Sieber das Perücken machen, das Modellieren und auch Spezialeffekte, etwa wie man Wunden herstellt und anbringt. «Anatomie hat mich immer schon interessiert. Ich wollte ursprünglich Gerichtsmedizinerin werden», so Sieber. Ihren jetzigen Job beschreibt sie als Glücksfall, bei dem sie mit sehr vielen tollen Leu-ten zusammenarbeiten könne. Die Beziehung zu den Darstellerinnen und Darsteller sei jeweils sehr eng. «Gibt es irgendein Problem auf der Bühne, rennen die meisten als erstes in die Maske.» Dass sie da einiges an Sorgen und Nöten mitbekommt, versteht sich von selbst. Dass sie diese für sich behält, auch.