Troubas Kater ist eine der Bands, die dieses Jahr am Gurten-Festival mit dabei
sein wird. Ausserdem haben sie soeben ihr fünftes Album veröffentlicht. Ein Gespräch mit Markus Sollberger, alias QC, Frontsänger und Rapper der Band und Mätthu Urech, Gitarrist und Produzent.
Wir treffen die beiden einen Tag vor dem Release ihres neuen Albums und rund vier Monate vor ihrem Auftritt auf dem Güsche. Entspannt und gut gelaunt sitzen sie uns im Aufenthaltsraum vor ihrem Studio gegenüber. Auf dem Tisch liegt das Begleitbuch zu ihrem neuen Album «Katergold». Voll mit Bildern aus der inzwischen zehnjährigen Vergangenheit der Band. «Wir verleihen uns quasi selbst einen Pokal. Etwas ramponiert von all den Erlebnissen der letzten Jahre», erklärt QC.
Kronleuchter
Dass sie es effektiv zehn Jahre zusammen aushalten würden, sei ja schon noch eine Leistung, fügt QC an. «Es hätte oft genug Gründe gegeben, sich zu trennen oder sich die Köpfe einzuschlagen.» Zum Beispiel? «Wenn es keinen Kaffee mehr hätte!», wirft Mätthu ein und beide lachen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt. Aber es sei längst nicht einfach immer nur lustig, so ein Musikerleben. Dieses heisse auch, stundenlang im Stau zu stehen, miserabel zu essen, Probleme mit der Technik zu haben. «Es ist vor allem viel ehrliche, harte Arbeit». Inzwischen sind wir im Studio, hier, wo sie die letzten vier Monate intensiv am neuen Album gearbeitet haben. Als erstes sticht einem der hübsche Kronleuchter ins Auge im ansonsten eher zweckmässig ausgestatteten Raum. Mätthu sagt: «Ich fand, hier muss unbedingt was Stilvolles rein!»
Nochmals und nochmals
Hier wurden also «Katergold» und seine vier Vorgänger geboren: im Tonstudio an der Berner Sandrainstrasse. «Unsere Aufnahmen werden alle nach wie vor live eingespielt. Das macht es enorm aufwändig. Aber nur so klingt es für uns echt und ehrlich», erklärt Mätthu. Und QC ergänzt: «Wir sind da jeweils gut vier Monate lang tagtäglich hier, das ist eine extrem intensive Zeit. Geprägt von vielen Diskussionen und von noch mehr Wiederholungen. Während der eine noch hundert bessere Ideen hat, möchte der andere einfach nur nach Hause!» Wie muss man sich die Entstehung eines neuen Albums denn genau vorstellen? «Das ist effektiv ein Prozess. Mal hab ich einen Text im Ohr, über den Mätthu nur grad noch die Musik legen muss. Oder Mätthu schickt mir ein Instrumental und ich schreibe eine Geschichte dazu. Wenn es dann im Zusammenspiel mit der Band ebenfalls fliesst, wissen wir: Das passt!» umschreibt QC. «Aber das ist natürlich längst nicht bei jedem Lied so. Manchmal nehmen wir einen Song immer wieder hervor, basteln daran herum und am Ende verwerfen wir ihn dennoch. Und manchmal setzen uns auch die Instrumente Grenzen. Die klingen nun mal, wie sie klingen, und sie wurden von uns ja damals auch bewusst ausgewählt.»
Strassenmusik
Damals, das war im Jahr 2015. Troubas Kater wurde eigentlich als Strassenband konzipiert. «Dazu haben wir Instrumente gewählt, die so richtig laut sind. Unser Plan war, dass wir so lange und so laut spielen, bis uns die Leute zuhören. Bis sie gar nicht mehr anders können, als uns zuzuhören!», sagt QC mit einem Augenzwinkern. Geprägt von Stromae und den französischen Chansons aus seiner Kindheit; und zurück von einer längeren Reise gründete er Troubas Kater. Troubas ist ein Wort-Verschnitt aus Wörtern wie der Tuba, der Trompete oder auch aus Troubadour. «Das Wort Kater beschreibt meinen damaligen Gemütszustand nach meiner einjährigen Auszeit», fährt der Sänger fort und ausserdem sei ihm aufgefallen, dass viele Regionen auf der Welt Bands mit einem ganz eigenen, für die Region charakteristischen Sound hätten. «Die Überlegung, wie denn eigentlich meine Region klingt, gab dann quasi den Anstoss für die Band.»
Durchbruch
Gitarrist Mätthu nahm die Idee auf und half bei der Suche nach einer passenden Besetzung von Musikern. «Dass wir nur Männer in der Band haben, ist weder gewollt noch vorteilhaft», meinen die beiden lachend. «Aber zu jener Zeit, vor inzwischen gut elf Jahren, gab es nur wenige Frauen, die die gesuchten Instrumente gespielt hätten und diese waren bereits anderweitig engagiert.» Zusammen mit QC produzierte Mätthu die ersten Songs der neuen Truppe. Danach wollte die Band vor allem als Strassenmusiker auftreten, was allerdings nicht lange dauerte. Denn schon nach wenigen Auftritten erhielten sie Angebote für Konzerte an Festivals. 2016 wurde die Band als Best Talent für den Swiss Music Award nominiert. «Immer wieder wurde uns damals gesagt, wir stünden kurz vor dem Durchbruch.» QC lächelt und denkt kurz nach. «Aber wie äussert sich das? Wo genau bricht man da durch? Ich glaube viel eher, es gibt nicht DEN Durchbruch. Sondern es sind Highlights. Und dann aber auch wieder viel Arbeit. Man muss einfach dranbleiben.» Es sei ein bisschen wie in einer Beziehung. Mal sei man total euphorisch, dann wieder würde man am liebsten davonlaufen. «Ich hab mal gelesen, dass bei einer Band das dritte Album so etwas wie das verflixte siebte Beziehungsjahr sei – wir steuern also mit unserem fünften Album auf was Langfristiges zu!»
Deepfake
Wohin soll es denn gehen, musikalisch? «Nun ja, wir versuchen immer, uns weiterzuentwickeln, die Songs so zu arrangieren, dass die Instrumente etwas anders zur Geltung kommen», erklärt der Frontsänger. Und Mätthu ergänzt: «Wir denken Songs auch immer mal wieder aus einer anderen Perspektive. Wir haben dann das Gefühl, jetzt klinge es wirklich anders. Bis wirs unseren Freundinnen vorspielen und diese sagen: klingt wie Troubas Kater!» (beide lachen). Aber irgendwie soll es ja auch so sein, echt und authentisch. Die aktuellen Entwicklungen, gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz, beschäftigen sie entsprechend. «Deepfake» heisst einer ihrer neuen Songs: «Zersch weisch nüt, nur dass es sehr schnäu tüscht. Villich ä Deepfake?», fragen sie sich und zeigen an einem Beispiel auf, wohin es führen könnte, wenn sich die KI täuscht. «Dennoch klingt Katergold musikalisch leicht und fröhlich. Das war uns wichtig.»
Güsche
Bereits drei Mal waren sie am Güsche mit dabei. Diesen Sommer wird es ihr vierter Auftritt auf der Waldbühne. «Klar fragen immer alle, ob denn nicht die Hauptbühne unser Ziel sei.» Mätthu zuckt mit den Schultern. «Hauptbühne um 22 Uhr wär sicher toll, da würden wir logisch nicht nein sagen!» Aber nachts auf der Waldbühne zu stehen, umgeben von dieser Menschenmenge, die sich noch weiter erstrecke als die Scheinwerfer überhaupt leuchten können, das sei schon einmalig. «Zumal ich natürlich mit diesem Festival aufgewachsen bin. Jetzt selbst ein Teil davon zu sein, das ist immer wieder überwältigend und ich bin effektiv vor keinem Auftritt so dermassen nervös wie vor demjenigen auf dem Güsche!», gibt QC zu. Aber sobald er auf der Bühne stehe, fliesse es dann einfach. Da wird der neue Song «Panta Rhei» perfekt passen. Die alte Erkenntnis, die übersetzt etwa «alles fliesst» bedeutet und sommerlich-unbeschwert klingt, auch wenn die Worte durchaus tiefgründig sind: «Lug duss schreie au nachem Gwinn, nachem nächste. Aber google dehei nachem Sinn wone fäut». Wenn wir schon beim Stichwort Gewinn sind: Können Troubas Kater von der Musik leben? «Wir könnten nicht ohne Musik leben. Aber wir machen alle noch was anderes nebenbei. Bierbrauer oder Musiklehrer beispielsweise. Und das ist gut, denn so bleiben wir unabhängig», sind sich die beiden einig.
Wie klingt Bern?
Kehren wir zum Schluss nochmals an den Anfang zurück. Haben sie inzwischen herausgefunden, wie Bern klingt? QC und Mätthu runzeln die Stirn und finden: «Das können wir echt noch nicht abschliessend beantworten. Aber wir nähern uns an. Gleichzeitig hoffen wir, dass die Suche nochmals zehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre weitergeht.»