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«Über 60 Prozent der Reisebüros rechnen mit schlechteren Zahlen»

Zufrieden mit den Buchungen, Herr Ryf?

Urs Ryf: «Wir streben auch dieses Jahr mit dem Flughafen eine schwarze Zahl an.» Foto: Daniel Zaugg

Auf dem Belpmoos beginnt die Sommersaison. Flughafen-­Chef Urs Ryf verrät im Interview, wie gut das Buchungsgeschäft bis jetzt gelaufen ist und wohin Bern am liebsten reist.

Urs Ryf, ich stelle Ihnen dieselbe Eingangsfrage wie letztes Jahr: Wie geht es dem Flughafen?
Grundsätzlich gut. Wir haben mit dem April gerade den verkehrsärmsten Monat hinter uns; läuft nicht so viel, drückt das immer etwas auf die Stimmung. Zum Glück hat Anfang Mai die Charterflug-Saison begonnen, seit Samstag starten und landen nun wieder die Helvetic-Maschinen. Es macht Freude, wenn täglich hunderte von Passagieren den Berner Flughafen besuchen.

Können Sie zur finanziellen Situation konkrete Zahlen nennen?
Wir durften letztes Jahr einen kleinen Gewinn ausweisen, schon zum zweiten Mal nach Corona. Eine schwarze Zahl streben wir auch dieses Jahr an.

Wie zufrieden sind Sie mit den Buchungen für den Sommer? In den letzten Wochen war oft davon zu lesen, dass der grosse Boom nach der Pandemie bereits wieder vorbei sei.
Als Infrastrukturbetreiber erfahren wir die Auslastung eines Fluges jeweils erst 24 Stunden vor dessen Start. Wir wissen heute also nicht, wie ausgelastet die Flieger sind. Aber natürlich erkundige ich mich regelmässig bei den Veranstaltern, wie es läuft, damit wir unsere Hochrechnungen anpassen können.

Und?
Für den Markt Bern werden gute Zahlen rapportiert, vielleicht im Gegensatz zum gesamtschweizerischen Markt. Eine Umfrage hat kürzlich gezeigt, dass über 60 Prozent der Reisebüros mit schlechteren Zahlen planen als 2023.

Wieso schneidet Bern besser ab?
Ziemlich sicher, weil wir ein Nischenmarkt sind und deshalb weniger stark auf die generelle wirtschaftliche Situation reagieren.

Was der einfachste Weg ist, einen Flug ab Bern zu buchen, scheint übrigens den wenigsten klar zu sein.
Tatsächlich wird mir diese Frage oft gestellt (schmunzelt). Wer nur von A nach B reisen möchte, bucht am besten bei den jeweiligen Anbietern, die wir auf unserer Website ausweisen. Sucht jemand nach einem Package mit Flug, Hotel und Mietauto, ist es von Vorteil, ein Reisebüro zu konsultieren.

Welche Destination läuft eigentlich am besten?
Eindeutig Palma de Mallorca. Aufgrund der aktuellen Ticketpreise kann davon ausgegangen werden, dass die Maschinen dorthin bereits sehr gut ausgelastet sind. Universal Reisen bieten mit Air Nostrum bereits seit dem 5. Mai eine Verbindung nach Palma an und auch diese ist fast immer ausgebucht.

Wer entscheidet eigentlich darüber, welche Ziele angeflogen werden? Das sind ja wohl kaum Sie?
Nein (lacht). Das obliegt jenem Unternehmen, welches das kommerzielle Risiko trägt. Bei den Helvetic-Flügen wären das beispielsweise Hotelplan und TUI.

Sie versuchen nie, Einfluss zu nehmen?
Doch, sicher. Wir stehen in regelmässigem Austausch mit den Reiseveranstaltern, wir tragen allerdings kein Risiko, da wir «nur» die Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Wer auf die flyBAIR-Seite klickt, findet vier Destinationen zur Auswahl: Olbia, Jérez, Cagliari und Palma. Wieso genau diese vier Namen und weshalb ist Palma nicht buchbar?
flyBAIR soll für Fliegen ab Bern stehen. Wir stellen all unseren Partnern diese Plattform gegen eine kleine Kommission zur Verfügung, dafür hat dieser einen zusätzlichen Distributionskanal. flyBAIR hat sich gerade für Verbindungen nach Lübeck enorm bewährt. Unser Wunsch wäre es, jeden Flug ab Bern via diese Website anbieten zu können. Als unsere Standard-Buchungsseite quasi.

Und jetzt sind dort nur vier Destinationen zu finden.
Richtig, jene von Belpmoos Reisen und Universal Mallorca Travel. Wir haben probiert, anderen Veranstaltern flyBAIR ebenfalls schmackhaft zu machen. Diese haben sich aber meist dagegen ausgesprochen, weil sie der Meinung sind, keinen zusätzlichen Kanal zu benötigen. Etwa, weil die grossen Reiseveranstalter lieber ein Package als nur einen Flug verkaufen. Palma übrigens kann via flyBAIR nur für einen Rückflug gebucht werden, weil auf dem Hinflug keine freien Kapazitäten vorhanden sind.

Wer bei Helvetic nach einer Verbindung von Bern nach Palma und zurück von Donnerstag, 26. September bis am Sonntag, 6. Oktober sucht, bezahlt, Stand letzten Donnerstag, 698 Franken. Das Easyjet-Angebot ab Basel mit durchaus angenehmen Abflugzeiten liegt bei 343 Franken. Da bucht doch niemand ab Bern!
Ein stolzer Preis, sicherlich, der sich hingegen aus Angebot und Nachfrage ergibt. Erwähnen möchte ich schon, dass man den von Ihnen genannten Easyjet-Preis bis zum Ende denken sollte: Noch nicht in jenem Tarif inbegriffen sind Gepäck, die Anreise nach Basel plus mögliche Parkplatzgebühren. Bei einer Gesamtkostenbetrachtung ist Bern dann gar nicht mehr so viel teurer – und man profitiert erst noch von den Annehmlichkeiten unseres Flughafens.

Auf dem Belpmoos wird nicht nur geflogen, es läuft auch sonst einiges: Es finden Events wie das Electrifly-In im September oder nun im Juni das Aero-Festival statt. Sie versuchen, den Platz zu vermarkten.
Absolut. Ich verwende ab und zu den Begriff Mantelnutzung, obschon er nicht ganz korrekt ist. Wir verfügen hier über eine riesige Infrastruktur, die zahlreiche Möglichkeiten bietet. Wir möchten das Gelände anders nutzen als rein aviatisch und probieren so, zusätzliche Einnahmen zu generieren. Zudem soll jeder Anlass auch Werbung für den Flughafen machen, damit die Menschen ihn aus einer anderen Perspektive kennenlernen. Besuchende von Events in der Abflughalle erhalten so beispielsweise eine Boardingkarte, wie wenn sie tatsächlich von Belp aus abheben würden.

Hoffnung schöpfen Sie zudem, wie Sie vor kurzem an einer Medienpräsentation zeigten, aus den satellitengestützten Südanflügen. Was hat es damit auf sich?
Momentan ist es so: Wenn die Piste aufgrund der Windverhältnisse von Süden her angeflogen werden muss, handelt es sich um sogenannte Sichtanflüge, sprich: Die Pilotin oder der Pilot steuert die Maschine manuell. Das muss zwar jeder können, trotzdem ist das für jemanden, der Bern noch nie angesteuert hat, recht anspruchsvoll. 2013 wurde daher ein Projekt lanciert, um diese Südanflüge satellitengestützt zu steuern, wie das bei anderen Airports und heute generell üblich ist. Einsprachen und Corona haben die Umsetzung leider etwas verzögert. Doch ab März nächsten Jahres wird Belpmoos von Süden her endlich satellitengestützt angeflogen werden können. Das reduziert den Faktor Mensch und damit die Risiken – und entlastet die Gemeinde im Osten des Flughafens von Lärm. Für gewisse Airlines, die Bern bisher genau deswegen stets gemieden haben, könnte diese Änderung deshalb ein Game Changer sein.

Mit welchen Airlines rechnen Sie denn neu?
Logischerweise kommen nur Anbieter infrage, die über Flugzeugtypen verfügen, die hier operieren können. Und deren Zahl ist begrenzt. Ausserdem darf ein Airbus A320 in Belp zwar starten und landen, aber wegen der gegebenen Verhältnisse ist er im Gewicht limitiert –deshalb kann die Maschine nicht voll ausgelastet werden. Bloss: Wenn ein Flieger nicht zu mindestens 80 Prozent voll ist, rentiert er nicht.

Fliegen Sie dieses Jahr eigentlich ab Bern?
Meine Ferienplanung richtet sich am Betrieb aus (lacht).

Sie dürfen im Sommer also gar nie weg!
Es wäre schon möglich, der Betrieb läuft sehr gut ohne mich … ich habe mich nun allerdings entschieden, wahrscheinlich im September zu verreisen. Obs dann in den Süden geht, steht noch aus.

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