Wenn «Cappuccino» und «Tequila» im Stall stehen, handelt es sich nicht um eine neue, aussergewöhnliche Pop-up-Bar in Bern, sondern um die Alpakas von Gaby Krattinger. 31 Stück beherbergt die 47-Jährige gemeinsam mit ihrem Partner im Scherligraben bei Niederscherli.
Gaby Krattinger ist Alpakazüchterin und Bestatterin mit eigenem Unternehmen in Bümpliz und Ostermundigen. Zwei Berufsfelder, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Seit zehn Jahren führt die Bernerin die Zucht «Alpacas of Paradise» mit ihrem Partner John Kneubühl. «Wenn ich nach einem strengen Arbeitstag nach Hause komme, entspannen mich die Tiere sehr und geben mir einen wichtigen Ausgleich», sagt Krattinger. «Die meisten Züchterinnen und Züchter sind wie eine grosse, weltweit vernetzte Familie», beschreibt sie die starke Gemeinschaft. «Wir können einen fremden Züchter in Neuseeland anrufen und ihn fragen, ob wir ihn besuchen dürfen. Wenn man sich dann trifft, ist es, als wäre man schon ewig befreundet.» Für sie war diese Verbundenheit unter anderem ausschlaggebend, um sich vor zehn Jahren in die Welt der Alpakas zu stürzen. «Als wir unser Haus kauften, hatten wir einen gros-sen Umschwung. Zuerst wussten wir nicht, wie wir diese Fläche pflegen und betreuen sollten.» Nach einigen Kursen über die Alpakahaltung zogen die ersten Tiere bei ihnen ein. Mit 31 Alpakas in ihrer Herde erleben Krattinger und Kneubühl ständig Veränderungen. «Im Mai kommt ein Alpaka aus den USA. Wir haben zweieinhalb Jahre auf das Tier gewartet.» Der Import der Tiere ist nicht einfach. Teilweise müssen Züchterinnen und Züchter Jahre warten, bis sie ihr gekauftes Tier übernehmen können. Aufgrund von Auflagen und Gesundheitsvorschriften, kann sich ein Import über Jahre hinauszögern. «Wir importieren die Tiere hauptsächlich, damit in der Schweiz keine Inzucht entsteht», erklärt die Züchterin. So findet man in ihrer Herde Alpakas aus Neuseeland, den USA oder aus Deutschland. Sie selbst verkaufen ihre Tiere nach ganz Europa. Gaby Krattinger unterstreicht die Wichtigkeit des Wohlergehens ihrer Tiere: «Unsere Stammherde bleibt unverändert, jedoch müssen einige Jungtiere weiterziehen, wenn sie heranwachsen. Wir legen grossen Wert darauf, sorgfältig auszuwählen, wohin sie gehen. So stellen wir sicher, dass sie nur an gute Plätze kommen.»
Fluch der Karibik
Jedes Jahr wählen sie ein bestimmtes Thema für die Namensgebung der Jungtiere aus. «Dieses Jahr sind es Inseln. Unser erstes Cria, so nennt man ein junges Alpaka, wird ‹Tortuga› heissen, angelehnt an seine Mutter ‹Black Pearl›. Man merkt die Verbindung zu Fluch der Karibik, oder?» fragt sie mit einem Lächeln. Doch nicht nur die Namensgebung ist kein Zufall, auch die Charakterzüge der Tiere kann die passionierte Züchterin genau zuordnen. «Manchmal denkt ‹Perla›, sie sei allen überlegen und alle seien ihr untergeben. Sie meint, sie sei die Chefin. Die anderen nehmen sie aber nicht ernst», erzählt sie schmunzelnd. Zu den Alpakas gehören auch vier Hunde, davon drei Maremmanos, eigentlich Herdenschutzhunde für Schafe. Die Maremmanos sind Teil der Herde und wurden auch im Stall geboren. «Die Hunde leben draussen und beschützen die Alpakas. Das ist besonders wichtig, da der Wolf auch bei uns ein Problem ist». Gaby und ihr Partner planen deshalb in Zukunft auch die Zucht von Maremmanos.
Mützen, Duvets und Schmuck
Neben der Zucht stellen sie auch Produkte aus Alpaka-Wolle her. Wer bei ihnen ein Produkt kauft, weiss, von welchem Alpaka die Wolle stammt. «Wir verarbeiten die Wolle pro Tier. Das wird von unseren Kundinnen und Kunden sehr geschätzt», sagt die umtriebige Züchterin. Je nach Qualität der Wolle, wird diese zu Strickgarn und Mützen oder dann zu Kissen, Duvets und Matratzenbezügen verarbeitet. «Wolle von Alpakas enthält kein Wollfett und ist deshalb unter anderem für Allergiker geeignet», erklärt Gaby Krattinger. Jedes Jahr findet man Krattingers am Handwerkermarkt in Bümpliz und am Weihnachtsmarkt in Worb. Auch dort verbindet das Alpaka-Fieber. «Neben unserem Stand in Worb ist jedes Jahr ein Mann aus Ghana, der Schmuck herstellt. Mit ihm haben wir jetzt einen Deal, dass er für uns Alpaka-Schmuck produziert».
Alpaka-Boom in der Schweiz
Die Alpakas begeistern Menschen auf der ganzen Welt. «Es ist ein unglaublicher Boom. Was früher Schafe waren, sind heute Alpakas», erklärt die Züchterin die steigende Popularität der Tiere. Ende 2023 wurden in der Schweiz 6956 Alpakas gemeldet. Der Grund liege auf der Hand. Alpakas sind pflegeleicht, werden selten krank und sind grundsätzlich sehr sauber, denn: «Sie haben Kotplätze und so ist das WC nicht auf dem ganzen Feld verteilt», weiss Krattinger. Ausserdem mache einem der Anblick dieser Tiere einfach fröhlich, man könne zudem mit ihnen spazieren gehen und deshalb kämen die Alpakas auch immer mehr als Therapietiere zum Einsatz, weiss Gaby Krattinger aus Erfahrung. «Diese Tiere begeistern einfach alle, die mit ihnen zu tun haben!»