Adrian Haas, Direktor HIV Kanton Bern

«Feierabend ist, wenn alles fertig ist»

Der abtretende Direktor des HIV, Adrian Haas, im Gespräch mit dem BärnerBär. Foto: Dan Zaugg

Adi Haas und den HIV verbindet eine lange, über 20-jährige Geschichte. Nun gibt der charismatische Direktor sein Amt per Ende des Jahres ab. Ein Schritt, den er gut überlegt hat und welchem er positiv entgegen schaut. Ein Rück- und Ausblick.

Entspannt und gut gelaunt sitzt Adi Haas mir gegenüber. Auf meine erste Frage, wie es ihm gehe und ob es ihm nicht schwerfalle, nach so langer Zeit abzugeben, meint er mit einem fröhlichen Lachen: «Man sollte immer dann aufhören, wenn es noch mindestens eine Person gibt, die diesen Entscheid bedauert!» Und es sei ja kein Entscheid gewesen, den er von heute auf morgen gefällt habe, sondern Resultat eines längeren und bewussten Prozesses. 

Fangen wir vorne an – 2005 haben Sie als Direktor im HIV begonnen. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag?
Es war ja nicht ganz mein erster Arbeitstag beim HIV. Ich war schon kurz nach dem Studium dort, in einem 50 Prozent Pensum, so dass ich nebenher meine Dissertation schreiben konnte. Danach war ich acht Jahre lang bei einer Werbeagentur tätig, bevor ich die Funktion als Direktor des HIV übernahm. 

Warum kamen Sie zurück?
Mich reizte schon immer die Kombination zwischen Politik und Wirtschaft. Hier konnte ich meine beiden Hauptinteressen bestens vereinbaren. 

Politik hat Sie schon immer interessiert?
Ja, deshalb hab ich mich schliesslich für ein Jura-Studium entschieden. Medizin hätte mich auch noch gereizt, aber als Grundlage für eine politische Tätigkeit eignet sich Jura besser und ist fürs generelle Verständnis enorm hilfreich. 

Warum braucht es einen HIV?
Der Handels- und Industrieverein des Kantons Bern versteht sich als Sprachrohr von Unternehmen gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit. Wir stellen ausserdem den Unternehmen Informationen zur Verfügung und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Insbesondere was die Kommunikation betrifft. Denn diese ist das A und O, das habe ich während meiner Zeit bei der Werbeagentur gelernt und dieses Wissen hatte auch beim HIV Einfluss. 

Inwiefern?
KMU haben meist schlicht keine Zeit für eine wirtschaftspolitische Kommunikation, dies insbesondere aufgrund der personellen Ressourcen. Gerade die ist aber extrem wichtig. Deshalb haben wir auch die Kommunikationsstelle beim HIV professionalisiert.

Was hat sich in diesen 20 Jahren am augenfälligsten verändert?
Insbesondere die Abstimmungskämpfe werden immer aufwändiger. Der Kampf um Aufmerksamkeit wird immer härter, man muss immer mehr tun, um überhaupt noch Beachtung zu finden. Denn wir sind überflutet von Information. Es wird tendenziell immer mehr kommuniziert aber leider nicht mehr gelesen. 

Wenn wir schon beim Thema Information sind: Wann veröffentlichen Sie Ihre Memoiren?
(lacht herzlich) Nie! Das werde ich ganz sicher nicht machen. In einer solchen Funktion muss man sich bewusst sein, dass man im Rahmen der Funktion überall hin eingeladen wird. Hat man diese Funktion nicht mehr inne, ist man nicht mehr gefragt. Natürlich schliesst man Freundschaften fürs Leben. Aber die Funktion steht im Vordergrund und nicht ich als Adi Haas. Hab ich dieses Amt nicht mehr inne, bin ich für die Öffentlichkeit auch nicht mehr interessant.

Macht das auch ein bisschen Angst?
Nein, gar nicht. Davor habe ich effektiv keine Angst. Wie erwähnt habe ich mich seit über einem Jahr auf diesen Moment vorbereitet und weiss sehr genau, was auf mich zukommt. Ausserdem gehe ich ja erst in eine «Halbpension» und werde nicht überall von der Bildfläche verschwinden, beim Hauseigentümerverband beispielsweise werde ich weitermachen und auch diverse andere Mandate behalte ich vorerst noch. Ausserdem freue ich mich, dass ich mehr Zeit fürs Handwerken haben werde.

Persönliche Kontakte sind nach wie
vor das Allerwichtigste. 

Adrian Haas

Fürs Handwerken?
(lacht augenzwinkernd) Ja, ich bin ein guter Handwerker und mache daheim eigentlich alles selbst. Das habe ich von meinem Vater, dem ich als kleiner Junge oft über die Schulter schaute. Letzthin hab ich zum Beispiel bei der Waschmaschine eine neue Pumpe eingenbaut. Gut, mit Hilfe von Online-­Videos ist das heute ja auch kein Kunststück mehr!

Nochmals kurz zurück zu Ihren Mandaten: Wenn man die Liste all Ihrer vergangenen und aktuellen Mandate anschaut, kann man sich einen untätigen Adi Haas schlicht nicht vorstellen – aber: Wie viele Stunden hat eigentlich Ihr Tag?
Nun ja (schmunzelt) 24 Stunden und wenn das nicht reicht, noch die Nacht! 

«Feierabend ist, wenn alles fertig ist», findet sich auch als eines Ihrer präferierten Sprichworte auf Ihrer Webseite.
Unser Staat beruht nun mal auf einer gewissen Leistungsbereitschaft und insbesondere auf einer guten Portion Eigenverantwortung. Auch dafür setzen wir uns beim HIV ein. Es braucht schlicht nicht überall Subventionen vom Staat. Denn am Ende – dessen muss man sich einfach immer bewusst sein – ist es die Wirtschaft, die alles bezahlt. 

«Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu jammern» ein weiterer Lieblingsspruch von Ihnen.
Absolut. Das scheint mir  ganz wichtig, dass man lernt, wo man seine Energie investieren will, wo es sich lohnt. Sich über Dinge zu ärgern, die man nicht ändern kann, bringt gar nichts. Man sollte besser dort Lösungen suchen, wo man wirklich etwas bewegen kann. 

Welche Entwicklung scheint für Sie besonders schwierig?
Die Moralisierung hat enorm zugenommen. Jeder Einzelne kann auf andere einprügeln, dank Social Media wird jeder gehört. Die Digitalisierung ist grundsätzlich ein tolles Hilfsmittel, man wird schneller und kann effizienter arbeiten. Aber, digital baut man nach wie vor kein Vertrauen auf.

Also behalten persönliche Kontakte ihre Wichtigkeit?
Persönliche Kontakte sind das Allerwichtigste. Man muss ein gutes Netzwerk haben, die Leute kennen, wissen, was wann und wo behandelt wird, so dass man seinen Input richtig setzen kann. Man bekommt nie 100 Prozent aber in den meisten Fällen einen guten Kompromiss.  

Wo sehen Sie inskünftig die grössten Herausforderungen?
Beispielsweise bei umstrittenen Vorlagen, die einen grossen Erklärungsbedarf haben. Die Kanäle werden diverser, es wird überall kommuniziert und es muss schnell gehen. Komplexe Dinge lassen sich aber nicht in ein paar Sekunden erklären und Bilder können ganz falsche Assoziationen auslösen. Wer für etwas ist, muss überzeugen. Das ist immer schwieriger, als gegen etwas zu sein: Hier kann man die Leute einfach verunsichern, das ist effizient und geht viel schneller.

Sind Sie manchmal auch ein bisschen froh, nicht mehr alles mitmachen zu müssen?
Defintiv. Ich bleibe zwar noch aktiv und stelle meine Erfahrungen diversen Verbänden zur Verfügung. Ich hatte immer enorm Spass an meiner Arbeit und habe geliebt, was ich tat. Aber, ein weiteres Credo von mir heisst auch: «Es chunnt, wies chunnt». Und ich freue mich auf alles, was noch kommen wird.

PERSÖNLICH

Adrian Haas, 64, studierte Rechtswissenschaften und doktorierte an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern. Am Institut für Kaderschulung Bern erlangte er das Höhere Wirtschaftsdiplom und an der Universtät Freiburg das Management-Diplom. Bis 2022 war er Grossrat des Kantons Bern und seit 2005 leitet er die Geschäftsstelle des Handels- und Industrievereins des Kantons (Berner Handelskammer). Ende 2024 tritt er von diesem Amt zurück. Haas ist verheiratet, Vater eines Stief­sohns und lebt in Bern.

Informationen zum HIV finden sich hier: bern-cci.ch

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