Härzchäfer, jufle und chrute – Bernerinnen und Berner lieben ihre vielen herzigen und originellen Dialekt-Ausdrücke. Diesen Mundart-Perlen widmen Célina Rohrbach und Anna Meier mit ihrer Bärndütsch GmbH seit 2021 Spiele, Kartensets und Kappen.
«Was ist euer Lieblingswort auf Berndeutsch?» Ob dieser Frage müssen Célina Rohrbach und Anna Meier erst einmal lachen. «Das werden wir sehr oft gefragt», so Rohrbach, Co-Gründerin von Bärndütsch. Denn seit die beiden mit ihren Produkten in Berner Geschäften und auf Märkten präsent sind, ist die Mundart für sie weit mehr als blosse Alltagssprache. Anna Meier nimmt ein paar mit Begriffen bedruckte Postkarten zur Hand und wählt aus: «Im Moment sage ich oft schampar. Und Härzchäfer ist einfach herzig. Aber meine Favoriten wechseln auch.» Ebenso geht es Rohrbach: «Mir gefällt Längizyti sehr oder auch plegere.»
Die Postkarten sind das neuste Produkt des Unternehmens, das auch ein Berner Märli-Memory, Leiterlispiele, Jasskarten und individuelle Werbeartikel anbietet. Alles auf Berndeutsch. Dennoch sehen die Gründerinnen sich nicht als Mundart-Expertinnen. Rohrbach lacht und schüttelt den Kopf. «Nein. Unsere Freunde fragen öfter, wie ein Dialektwort geschrieben wird. Aber es gibt keine festen Regeln oder einen Berndeutsch-Duden.» Sie sehen sich eher als gut informierte Laien, die einige Fachbücher gewälzt haben. «Wir sind keine Sprachwissenschaftlerinnen. Wir versuchen aber immer, die Begriffe einheitlich zu schreiben», ergänzt Meier.
«Bärndütsch» bildet in seinen Produkten die Mundart verschiedener Generationen ab, versucht eine interessante Mischung zu bringen. «Wir haben alte Begriffe dabei, sind aber auch von eingedeutschten Wörtern wie chille nicht abgeneigt. Das ist nicht besser oder schlechter als plegere. Es ist einfach unsere Sprache», sagt Meier. So geht «Bärndütsch» mit neuen Einflüssen und Anglizismen locker um. «Sprache ist dynamisch, sie wandelt sich. Das ist auch gut so.» Deshalb überwiegen bei der Kundschaft auch eindeutig die begeisterten Kommentare.
Doch warum kommen die Berndeutschen Produkte, die nicht von allen verstanden werden können, so gut an? «Heimatgefühl und Nostalgie», vermuten die Co-Gründerinnen. Viele freuten sich, ein lang nicht mehr gehörtes Wort auf den Karten zu entdecken oder amüsierten sich über die Sammlung von Schimpfwörtern. «Ich glaube, die Menschen finden sich in den Begriffen wieder. Oder jemand in unserem Alter kommentiert: Oh, das hat mein Grosi immer gesagt», so Rohrbach. Manches sei einfach zum Schmunzeln: «Dr füdleblutt Wahnsinn würde ich jetzt nicht im Alltag so sagen.» Vor jedem neuen Produkt sammeln die Unternehmerinnen Lieblingswörter und überlegen sich genau, welche Mundartschätze vielseitig und besonders genug sind. «Zudem spielt die Social Media Communitiy eine grosse Rolle. Wenn sie einen Begriff cool finden und diskutieren, hat er gute Chancen auf eine Karte zu kommen», so Meier.
Dass das kleine Unternehmen so in Fahrt kommen würde, hätten sie anfangs nicht gedacht. Meier und Rohrbach, die zusammen Multimedia Production studierten, fanden mit einem weiteren Kommilitonen über ihre Berner Mundart zusammen. «Für ein Projekt schrieben wir Geschichten und Anekdoten auf Berndeutsch, produzierten Podcasts», erinnert sich Rohrbach. Später bauten die Frauen ihre Idee als Abschlussarbeit zu einem Start-up um – inklusive Businessplan und kleinem Pop-up-Store. Da sie in den Hochschulpausen gerne Karten spielten, war ein passendes erstes Produkt für Bärndütsch schnell gefunden: Jasskarten! «Am Anfang liessen wir 300 Kartensets produzieren, wollten schauen, wie’s läuft», erinnert sich Meier. «Wir wussten zu dem Zeitpunkt noch nicht, was aus unserem Studiprojektli wird.» Die modernen Spielkarten, die berndeutsche Beschriftung mit Bären kombinieren, kamen super an. Schnell wurde das Sortiment grösser. Die zwei Jungunternehmerinnen reinvestierten in den ersten 18 Monaten die Gewinne immer sogleich in neue Produkte. Das Wichtigste war und ist ihnen, mit Herzblut diese für «Bärndütsch» weiterzuentwickeln. So wuchs die kleine Unternehmung zu einem veritablen Nebenberuf heran, inzwischen reduzierten die beiden Gründerinnen ihre Pensen in den Hauptjobs zugunsten ihres Business.
Von der Idee, Produktentwicklung, Marketing, über Vertrieb und Versand bis zur Buchhaltung machen die zwei alles selbst. Das stellt sie auch vor Herausforderungen. «Eine Marke zu etablieren, braucht Zeit und Einsatz. Wir sind wirklich jeden Tag an ‹Bärndütsch› dran und das mit viel Freude», sagt Rohrbach. Von Anfang an setzten sie auf Nachhaltigkeit: Alle Artikel werden so nah wie möglich bei Bern produziert. Papierprodukte und Verpackungen bestehen aus recyceltem Material, Spielfiguren und Würfel sind aus Holz.
Stolz sind die Co-Gründerinnen auf das Spiel «Löu» – eine Eigenkreation. Das Kartenspiel kombiniert Zahlen, Farben und Mani Matters «E Löl, e blöde Siech, e Glünggi un e Sürmel». «Dieses Lied kennen fast alle, es löst positive Erinnerungen aus», sagt Rohrbach. Für Meier immer ein amüsanter Indikator: «Wenn wir das Spiel auf dem Markt zeigen, lesen die Leute oft laut vor: Löu, Löi, Leu. Da hört man sofort, wer aus Bern ist und wer nicht.»
Um ihre Erfahrungen und Expertise weiterzugeben, haben Rohrbach und Meier nun unter dem Titel «Härzschtück» noch ein Dienstleitungs- und Beratungsangebot lanciert. Natürlich gibt es die Beschreibung dazu auf der Webseite auf Berndeutsch. Sie bleiben sich treu.
Rohrbach und Meier sind zwar heimatverbunden, als Patriotinnen bezeichnen sie sich aber nicht. «Ein Patriot feiert seine Heimat übermässig. Wir sind glücklicherweise hier geboren und dankbar dafür. Aber wir wollen das nicht zu Unrecht abfeiern», erklärt Meier. Rohrbach nickt: «Ja, wir fühlen uns in Bern sehr wohl. Die Liebe zur Heimat inspiriert all unsere Produkte.»