Jungstar Max Hubacher (30), der in Berlin lebt und viel in Deutschland dreht, hat wieder ein Standbein in Bern.
Das Interview mit Max Hubacher, dem neben Joel Basman international gefragtesten jungen Schweizer Schauspieler, verzögert sich immer wieder. «Die Dreharbeiten in Norddeutschland haben wegen den Wetterkapriolen länger gedauert als geplant», erklärt der Berner, der für das ZDF in einer modernen Adaption von Theodor Storms Klassiker «Der Schimmelreiter» die Titelfigur verkörperte. «Das war ganz schön hart. Ich bin vorher noch nie auf einem Pferd gesessen und stand oft im Neoprenanzug vor Wind- und Regenmaschinen.» Daher freute er sich um so mehr auf weihnächtliche Nestwärme. Zuvor standen allerdings die Medientermine für den neuen Kinofilm «Jakobs Ross» und ein Einsatz am «Glückskette»-Telefon in seinem Terminkalender. «Heute Abend wirds aber so richtig gemütlich», verrät er. «Ich werde in Bern mit guten alten Freunden Nachtessen gehen.»
Eigentlich wollte Hubacher «seine Jungs» und seine Familie – die Eltern leben noch in Bern, die Schwester studiert in Basel – schon im Oktober besuchen und mit ihnen seinen 30. Geburtstag feiern, doch hatte er wegen Dreharbeiten zu einem Film über einen krebskranken jungen Mann, der seine Krankheit nicht wahrhaben will, umdisponieren müssen. Viele Jugendfreunde habe er ein Jahr lang nur noch per Facetime gesehen. Das bedauere er sehr, sind es doch die Menschen, die unabhängig von seinem Erfolg zu ihm halten. «Sie geben mir die Zuversicht, dass es auch kein Weltuntergang wäre, falls ich einmal mutig scheitern sollte.» Aus diesem Grund hat sich der Schauspieler, der seit fünf Jahren in Berlin lebt, wieder ein Standbein in Bern gesucht und in einer WG gefunden. Dort will er in Zukunft seine Batterien laden und sich erden, wenn er ein paar Tage frei hat.
Neben- statt Hauptrolle
Aus beruflichen Gründen war Hubacher 2022 letztmals in der Schweiz. Die Aussendrehs für den Film «Jakobs Ross», der jetzt ins Kino kommt, fanden im Tessin und Bergell statt. Das Beziehungs- und Emanzipationsdrama nach Silvia Tschuis gleichnamigem Roman spielt im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die junge Fabrikanten-Magd Elsie geht im Singen auf und beeindruckt mit ihrer aus dem tiefsten Innern schöpfenden Stimme die Tochter des Hauses so, dass diese sie zum Musikstudium nach Florenz mitnehmen möchte. Tragischerweise nutzt ihr Vater die Situation aus, um Elsie gefügig zu machen. Als diese schwanger wird, verheiratet er sie mit seinem Rossknecht Jakob und schickt das Paar auf eine ärmliche Pacht in einem entfernten Bergtal. Während Jakob davon träumt, Fuhrhalter zu werden und zu gesellschaftlichem Ansehen zu kommen, bedeutet ihr der Gesang mehr als alles andere. Der Konflikt spitzt sich zu, als sie dem Jenischen Rico begegnet, der als Musiker durch die Lande zieht und ihren Traum lebt.
Hubacher war ursprünglich für die Jakob-Rolle im Gespräch. Nachdem Regisseurin Katalin Gödrös («Der Bestatter», «Tatort») mit ihm und Hauptdarstellerin Luna Wedler ein paar Szenen geprobt hatte, kam es jedoch anders. «Sie sagte, dass die Chemie zwischen uns nicht stimmen würde. Man spüre, wie vertraut und heiter unser Verhältnis ist, was natürlich damit zusammenhängt, dass wir schon länger befreundet sind», erzählt er. «Es würde viel besser passen, wenn ich Rico spiele.» Da der Vorschlag Sinn machte und Hubacher in seiner Karriere schon genügend sture oder grimmige Kerle dargestellt hatte, nahm er ihn an, obwohl es sich «nur» um eine Nebenrolle handelt. Er betont, es handle sich um ein Missverständnis zu glauben, ich wolle immer im Mittelpunkt stehen. «Es ist ganz angenehm, wenn mal weniger Verantwortung für eine Produktion auf deinen Schultern lastet.»
Preisgekrönter Darsteller
Schon viermal wurde Hubacher für Leistungen in Hauptrollen ausgezeichnet. Für «Der Verdingbub» (2012) und «Mario» (2018) erhielt er den Schweizer Filmpreis als bester Darsteller, für «Der Hauptmann» (2018) den Bayrischen Filmpreis als bester Nachwuchsdarsteller und 2023 für das Flugzeugabsturz-Drama «Ramstein» und die romantische Komödie «Sachertorte» die österreichische «Romy» für die Entdeckung des Jahres. «Diese Trophäe hat mich besonders gefreut, weil in der Laudatio meine Vielseitigkeit hervorgehoben wurde», erklärt der Berner, der lange überlegt hatte, ob eine «Romkom» seinem Image nicht schaden würde. Noch unsicher hatte er die Einladung zum Casting angenommen und erst sein ganzes Umfeld befragt, ob er wirklich mitwirken soll, als die Wahl auf ihn gefallen war. «Als ich noch in Leipzig auf die Schauspielschule ging, wäre eine Zusage undenkbar gewesen», erinnert er sich schmunzelnd. «Heute strebe ich eine möglichst facettenreiche Filmographie an. Insbesondere ein Action- und ein Boxerfilm würden mich reizen.»
Moentan ist Hubacher in einer anderen Sportlerrolle zu sehen, als Uli Hoeness in der Fussball-Serie «Gute Freunde – Der Aufstieg des FC Bayern» auf dem Streamingportal RTL+. In den Drehpausen frischte er für die Rico-Rolle sein Schwyzerörgeli-Spiel auf. «Das war auch dringend nötig, denn ich musste feststellen, dass von dem, was ich vor über zehn Jahren für «Der Verdingbub» fleissig geübt hatte, nicht mehr viel übrig war», bekennt er lachend. «Immerhin habe ich Asynchronität der Hände wieder hinbekommen.» Trotzdem ist wieder alles Playback, was im Film zu hören ist.
«Jakobs Ross» läuft ab 18. Januar im Kino.