Der Berner Daniel Bloch leitet die Geschicke seines Unternehmens seit nunmehr bald 25 Jahren. Er ist ein nahbarer, veränderungs- und entscheidfreudiger Unternehmer und Patron. Umsatz- und Gewinnwachstum sieht er nicht als oberste Priorität.
Daniel Bloch, welche Journalistenfrage wird Ihnen am häufigsten gestellt?
(Lacht) Das hat mich bisher noch niemand gefragt! Aber im Ernst: Die meisten Medienschaffenden zeigen echtes Interesse an unserem Geschäftsgang und am Wohlergehen unseres Unternehmens. Mehrmals wurde ich nach der besten Schokolade weltweit gefragt. Es spielt keine Rolle, welche Schokolade die beste ist. Die zentrale Frage ist: Wo ist die Qualität im Durchschnitt am höchsten? Dann lautet meine Antwort klar: in der Schweiz.
Ist es schwierig, Fachkräfte zu finden, die in Courtelary arbeiten wollen?
Ich brauchte auch lange, bis ich die Lage unserer Firma cool fand! Denn sie ist nicht so schlecht. Wir befinden uns an der Schnittstelle zwischen welscher und deutscher Schweiz, auch Frankreich liegt nicht weit entfernt. Die Lage hat verschiedene Vorteile. Wir sind sowohl in der französischen als auch in der deutschen Schweiz stark verankert. So sind wir im Absatz national ziemlich gleichmässig stark. Kommt weiter dazu, dass wir uns in einer Gegend im Kanton Bern befinden, die am meisten Industrie hat: Uhrenindustrie, Medizinaltechnik und Maschinenindustrie. Ich denke, es ist nicht einfacher, in Bern einen Industriebetrieb aufzubauen als im Berner Jura. Wir sind hier ein grosser Fisch in einem kleinen Becken. Die meisten unserer Produktionsfachkräfte stammen aus der näheren Region. Das Kader und das administrative Personal rekrutiert sich grösstenteils aus Biel, La Chaux-de-Fonds und Neuenburg. Unsere Mitarbeitenden sind sehr firmentreu, nicht vergleichbar mit den Städtern, die ihre Karriere im Blickfeld haben und von einem Arbeitgeber zum andern wechseln. Mit meinen 30 Jahren Firmenzugehörigkeit bin ich noch nicht der Dienstälteste!
Sie verkaufen Ihre Produkte hauptsächlich in der Schweiz. Ist es der starke Schweizer Franken, der Sie am Export hindert?
Ja, lediglich etwa 15 Prozent unseres Umsatzes geht in den Export – das ist nicht nichts! Aber im Vergleich zu den anderen Schweizer Schokoladeherstellern ist das ziemlich wenig. Bei den Mitbewerbern handelt es sich aber mehrheitlich um Grosskonzerne, die zum Teil aus der Schweiz für ihre Schwesterfirmen produzieren. Es gibt kaum ein unabhängiges Unternehmen, das seine Produkte unter der eigenen Marke direkt aus der Schweiz im Ausland verkauft. Einerseits ist es der starke Schweizer Franken, der den Export erschwert. Andererseits sind die Schokoladekonsumentinnen und -konsumenten sehr konservativ und bevorzugen ihre nationalen Marken, die sie nicht ohne weiteres wechseln. So ist es schwierig, in andere Märkte zu dringen. Das Schokoladegeschäft ist weltweit ein Massengeschäft, wir als KMU sind Nischenanbieter. Ich denke beispielsweise an unsere koscheren Produkte oder an Dänemark, wo wir schon längere Zeit etabliert sind. Wir sind im Ausland wohl in Grossverteilern vertreten, aber sie geben uns nicht allzu viel Platz, weil wir auch nicht allzu viel zu ihrem Umsatz beitragen.
Wie sind Sie bezüglich Schokolade-Neuheiten aufgestellt?
Je kreativer eine Schokolade ist, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Wir bewegen uns in einem etablierten Markt und jeder Hersteller ist in seinem Segment gut positioniert. Ich gebe ein Beispiel: Wir haben ein Torino-Praliné kreiert mit dem Namen «La Piazza». Nach einer ersten Begeisterung sind die Pralinés wieder vom Markt verschwunden. Warum? Die Konsumentinnen und Konsumenten suchen solche Kreationen gar nicht bei uns, sie weichen nicht gerne von ihren Gewohnheiten ab und bleiben lieber beim Vertrauten. Wir versuchen deshalb, nahe bei den Erwartungen an unsere Stammprodukte zu bleiben. Wie zum Beispiel bei Torino, wo wir eine neue Verpackung lanciert haben mit 16 kleinen und feinen Branches, dem typischen Torino-Format.
Sie beschäftigen zurzeit 180 Mitarbeitende. Bestehen Expansionspläne?
Wir haben nie richtige Expansionspläne. Das Wachstum, das wir als Wert sehen, ist ein Wachstum in unseren Kompetenzen. So haben wir beispielsweis in Georgien Land gekauft und pflanzen dort eigene Haselnusssträucher an. Es ist weniger eine Expansion, sondern vielmehr eine Vertiefung unserer Aktivitäten. Wir möchten nicht nur in die Höhe, sondern vor allem in die Tiefe wachsen. Wir wollen uns permanent verbessern und dadurch wachsen wir auch. Es ist nie das Ziel an sich, im Umsatz und Gewinn zu wachsen. Wir wollen aus dem Spiel heraus, organisch wachsen, und nicht nach einem bestimmten Plan. Das ist der Vorteil eines nicht börsenkotierten Unternehmens.
Wie sehen Sie sich als Chef?
Für mich steht der Mensch im Mittelpunkt. Ich versuche die Stärken meiner Mitarbeitenden zu erkennen und arbeite mit deren Stärken. So gesehen, pflege ich einen kooperativen Führungsstil. Aber ich lege auch Wert darauf, nach Gesprächen zu einem Entscheid zu kommen. Ich bezeichne mich als veränderungsfreudig – manchmal sogar mehr als meine Mitarbeitenden. Ich suche den inneren Erfolg, der meist zum äusseren führt. Ich habe nicht den Eindruck, dass ich als sehr autoritär wahrgenommen werde.
Vor einigen Jahren sind Sie mit Ihrem Buch «Vom Sprung aus dem warmen Wasser» unter die Schriftsteller gegangen. Musste das sein?
Nein, es musste nicht sein, aber ich wollte es. Ich wurde oft eingeladen, Vorträge zu halten. Im Laufe der Zeit hatte ich davon etwas genug und quasi als Ausrede reagierte ich mit dem Schreiben eines Buches. Ich wollte mit dem Buch vor allem junge Leute dazu motivieren, in KMUs zu arbeiten und sich zu entfalten. Viele streben nämlich nach ihrem Berufs- oder Studienabschluss in Grosskonzerne. Allerdings ist es mir nicht ganz gelungen, mit dem Buch mein Zielpublikum zu erreichen. Es waren dann eher reifere Semester, die es gelesen haben.
Wird es ein zweites Buch geben?
Ja, es erscheint in diesem Herbst. Darin geht es um Identität, um Wünsche und wie man an diesen festhalten kann oder sie auch manchmal wieder loslassen muss.