Der Berner Public Relations-Berater und Buchautor Fritz von Gunten hat in einer reich illustrierten, handlichen Broschüre ein 16 Kilometer langes Wanderprojekt zusammengestellt. Start und Ziel ist der Loeb-Egge.
Es begann im Jahr 2021, als die Bank EEK in Bern zu ihrem 200-Jahr-Jubiläum die Bevölkerung aufforderte, Projektideen im Zusammenhang mit der Stadt Bern einzureichen. «Das tat ich dann einfach», sagt der heute 77-jährige Fritz von Gunten bescheiden. Ohne vorherige Präsentation unterstützte die Bank das Projekt und auch Bern Welcome stimmte der Broschüre vorbehaltlos zu. Manuela Angst, CEO von Bern Welcome und «Vermarkterin von Bern», schreibt denn auch in ihrer Kolumne im BärnerBär vom 19.3.25: «Schliesslich gibt es kaum eine überzeugendere Art, die schönste aller Städte darzustellen, als sie selbst zu erleben». Dem ist nichts hinzuzufügen. Der praktische Print-Guide ist bei Tourist Information im Hauptbahnhof Bern erhältlich (siehe auch Box).
Die 16 Kilometer lange Wanderung ist gleich lang wie der «Grand Prix von Bern», der seit 1982 stattfindende internationale Lauf-Event. «Eines unterscheidet meinen Wandervorschlag aber deutlich von diesem grossen Sportanlass: Man muss nicht gleichzeitig mit über 10 000 Personen gegen die Zeit rennen», sagt Fritz von Gunten im Vorwort der Broschüre. «Bei der Grande Route geht es vielmehr um das Individuelle und Gemütliche, ganz nach bernischer Manier und nach dem Motto ‹Nume nid gschprängt, aber gäng ä chli hüü’!›»
Die insgesamt 22 Etappen können auch in Teiletappen erwandert werden, die Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist von den meisten Fixpunkten möglich. Jede der 22 Etappen enthält spannende Informationen zu den Sehenswürdigkeiten. Hier zwei Beispiele:
Etappe 8: Junkerngasse
Auf dem Weg zum Münster bezeugt der Name «Herrengasse», dass im alten Bern an dieser Strasse «dr Her», der Pfarrer, angesiedelt war. Vom Münster weiter in Richtung Nydegg weist der Name «Junkerngasse» auf die besonders bevorzugte Wohnlage hin, wo vor allem adelige und wohlhabende Familien wohnten. Vier Gebäude seien hier besonders erwähnt: Die Nummer 54, das Gespensterhaus (wird zurzeit saniert), in dem sich gar gruselige Spuk-Geschichten abgespielt haben sollen sowie das gegenüberliegende «Beatrice von Wattenwyl-Haus» mit der Hausnummer 59. Beide Gebäude gehören der Eidgenossenschaft, allerdings mit unterschiedlicher Nutzung.
Die Nr. 54 stand seit Jahren leer. Nach der Sanierung sollen gemäss Baugesuch ein Ladenlokal, ein Büro und eine Wohnung das Haus bevölkern. Im von Wattenwyl-Haus empfängt der Bundesrat offizielle Staatsgäste. Zudem finden hier vor den Parlaments-Sessionen die traditionellen «Von Wattenwyl-Gespräche» mit den Regierungsparteien statt. An besonderen Tagen wird das Haus auch für das Publikum geöffnet. An der Hausnummer 47 wiederum stehen wir vor dem «Erlacherhof», dem offiziellen Sitz der Stadtpräsidentin und dem bedeutendsten privaten Bauwerk der Stadt Bern. Schliesslich sei noch die Nummer 22 erwähnt: «Hier herrschen Schönheit und Geschmack, hier riecht es angenehm nach Lack, hier wird gemalt in Oel und Kleister» (Friedrich Traffelet, Malermeister, 1917 – 1971).
Etappe 14: Steiner – von Haller
Auf der Ruhebank vor der «Steiner-Schule» lohnt es sich, ein wenig über den berühmten Pädagogen Rudolf Steiner und das Universalgenie Albrecht von Haller zu sinnieren, zu dessen Ehren im naheliegenden Wäldchen ein Gedenkstein errichtet wurde.
Rudolf Steiner (1861 – 1925), Begründer der Anthroposophie und gebürtiger Österreicher, verbrachte seine letzten Lebensjahre in der Schweiz, wo er deutliche Spuren hinterliess: das Goetheanum in Dornach mit seiner speziellen Architektur, eine «Hochschule der Geisteswissenschaft»; seine Waldorfpädagogik, die schweizweit auch heute in mehreren Steiner-Schulen gelebt wird; die anthroposophische Medizin oder die biologisch-dynamische Landwirtschaft, bekannt unter dem Label «Demeter».
Albrecht von Haller (1708 – 1777) glorifizierte in seinen Gedichten u. a. die Alpen und verlieh als Schweizer Dichter der deutschen Literatur neues Ansehen. Wo besser als auf dieser Bank mit der atemberaubenden Aussicht auf die Berner Alpen kommt sein epochales Gedicht «Die Alpen» mit seinen 49 Strophen zur Geltung? Der Standort des Gedenksteins im Wald ist etwas versteckt und wird dem Universalgenie als Naturwissenschaftler, Mediziner, Mathematiker, Botaniker, Autor und Literaturkritiker so leider nicht gerecht. Hallers Nachlass mit mehreren tausend Dokumenten befindet sich in der Burgerbibliothek Bern an der Münstergasse 63.
Interessierte finden hier das PDF der Grande Route
Foto: Daniel Zaugg