Die junge Ukrainerin An war noch nicht lange in der Schweiz, doch sie wünschte sich einen Ort, an dem Menschen durch Kunst zusammenkommen. Als sie Mica von ihrer Idee erzählte, war diese sofort begeistert. Gemeinsam setzten sie diese Idee in die Tat um – so entstand «Art Rave Bern», ein Raum für Begegnung, Austausch und Kreativität. Was aber macht man hier genau?
Im Herzen der Berner Altstadt, genauer an der Gerechtigkeitsgasse 81, befinden sich die beiden Räume, die Mica und An gemietet haben. Im grösseren, etwas länglichen, steht ein Tisch mit 12 bis 14 Plätzen. Gedeckt ist er nicht mit Geschirr, sondern mit kleinen Staffeleien, Pinseln und Farben. «Wir fanden es schade, dass die Hürde zur Kunst für viele Menschen derart gross ist», erzählt Bündnerin Mica. «Selbst zu einem Malkurs melden sich die Leute oft nicht gerne an, weil sie denken, sie seien zu wenig talentiert.» Dabei sei gerade das Malen etwas unglaublich Bereicherndes und eigentlich könne das wirklich jede und jeder. «Und wenn man zusammen malt, in einer Gruppe, entstehen ganz neue Gesprächsthemen, und man lernt sich von einer anderen Seite kennen.» An, die vor zwei Jahren mit ihrer Familie aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet ist, malt schon, seit sie denken kann. Und bringt sich auch immer wieder neue Techniken bei, probiert neue Farben aus. Die Freude, die sie dabei empfindet, würde sie gerne weitergeben. Mica hingegen hat Politik und Wirtschaft studiert, der Werkunterricht in der Schule war ihr immer ein Graus. Aber – sie organisiert gerne.
Kunst und Rave?
Beide Leidenschaften vereint ergaben die Idee eines Malateliers für Gruppenevents. Und warum «Rave»? Die beiden jungen Frauen lachen. «Einerseits ist ein Rave ja eine grosse Tanzparty, bei der elektronische Musik wie Techno, Trance oder House gespielt wird. Solche Raves verbindet man mit energiegeladener Atmosphäre, leuchtenden Farben und stundenlangem Tanzen. Statt zu tanzen, malen wir zur Musik. Musik in Zimmerlautstärke und auf die Gruppe abgestimmt», sagt Mica mit einem Schmunzeln. Und An ergänzt: «Auf Englisch heisst zudem ‘to have a rave about something’ so viel wie ‘von etwas schwärmen, hin und weg sein von etwas’ und das passt wiederum gut zu meiner Leidenschaft fürs Malen.» Und so starteten sie im letzten November. Die Events dienten ihnen auch als kreativer Ausgleich zu ihren Jobs.
Art & Wine
Die Events Art & Wine werden einmal monatlich durchgeführt, und vereinen in entspannter Atmosphäre Kunst und Genuss. Hier kann man sich auch als Einzelperson anmelden. «Man lernt neue Menschen kennen und verbringt mit ihnen einen inspirierenden Abend. Jeder Teilnehmende wählt selbst das Motiv aus und beginnt auf einer Leinwand kreativ zu sein. Je nach Gruppe werden nach zehn Minuten die Bilder an den jeweiligen Nachbarn weitergegeben, der dann weitermalt. «Ich unterstütze die Teilnehmenden dabei, gebe Tipps und verrate Tricks, würde aber nie bewerten. Es geht auch nicht darum, wer gut und weniger gut malt. Sondern, dass man gemeinsam etwas erschafft, getragen von der Musik und inspiriert von den anderen Anwesenden», führt An weiter aus. Dazu werde ein feiner Wein genossen und so ergäben sich unvergessliche Abende. «Wir organisieren aber auch massgeschneiderte Gruppenevents, die besondere Anlässe mit unseren kreativen Malerlebnissen verbinden. Ob Geburtstagsfeier, Bachelorette-Party, Teamevent oder ein anderer Anlass – wir gestalten ein einzigartiges Erlebnis, das perfekt auf die Wünsche der Teilnehmenden abgestimmt ist», erzählt Mica. «Auch für kleine Gruppen und für jedes Budget.»
Grosse Nachfrage
Offenbar trafen die beiden innovativen Frauen mit ihrer Idee voll ins Schwarze, denn sie sind für die nächsten drei Monate restlos ausgebucht. Es läuft gar so gut, dass sie nun jemanden anstellen möchten, der ihnen bei der Durchführung der Events helfen kann. «Inzwischen habe selbst ich Freude am Malen bekommen!», meint Mica und lacht. «Weil hier absolut kein Druck da ist. Es gibt weder eine Note noch eine Bewertung, man kann nichts richtig oder falsch machen, sondern einfach loslassen und kreativ sein.» An nickt und ergänzt: «Du hast dennoch technisch grosse Fortschritte gemacht, auch wenn das gar nicht deine Ambition war!»
Foto: Daniel Zaugg, zvg