MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, also für Fachbereiche, welche in unseren Breitengraden nach wie vor eher mit männlichen Attributen assoziiert werden. Muss das so sein? Nicht unbedingt. Frau MINT zeigt auf, wie man Mädchen bereits früh für MINT-
Themen begeistern kann.
Wo sind die Polymechanikerinnen? Wo sind die Ingenieurinnen und Informatikerinnen? Einerseits werden Frauen intensiv umworben und andererseits steigt der Anteil Frauen in MINT-Studienrichtungen und -Berufen nur sehr langsam – wenn überhaupt. Projekte, Initiativen und politische Vorstösse zur Erhöhung des Anteils an Frauen im MINT-Bereich gibt es viele. Wenn man sich jedoch die konkreten Zahlen anschaut, scheinen diese Aktivitäten (noch) nicht stark zu fruchten. Der Frauenanteil steigt zwar, aber nicht in allen Fachbereichen, und zum Teil stagniert er sogar.
Clelia Bieler ist mit ihrem Unternehmen Frau MINT im Bereich der MINT-Bildung tätig, mit Fokus auf Projekte, Programme und Kampagnen zur Förderung des Interesses von Kindern und Jugendlichen, speziell von Mädchen. Es gibt unterschiedliche Ansätze, junge Frauen für MINT-Themen zu begeistern und dafür zu sorgen, dass die Frauen in den entsprechenden Fachbereichen bleiben. Der Ansatz von Frau MINT ist es, früh anzufangen und sozusagen die Pipeline von unten zu füllen. Dabei geht es aber nicht nur um «Frühförderung», sondern vor allem um eine kontinuierliche Begleitung und um stetiges Empowerment von verschiedensten Seiten, über alle Bildungsstufen hinweg.
Mädchen brauchen MINT-Vorbilder
Die Welt der Technik, Informatik und Naturwissenschaften ist extrem vielfältig und eignet sich wunderbar, um den Entdeckergeist und die Experimentierfreude der Kinder und Jugendlichen zu wecken. Es braucht nicht viel, um die Kids spielerisch mit MINT-Themen in Berührung zu bringen. Das nähere Umfeld – bestehend aus Eltern, Schulen, Lehrpersonen, Peers usw. – ist zentral. Die Mädchen sollen bereits früh positive Erfahrungen machen mit MINT-Themen und möglichst direkten Kontakt haben mit (weiblichen) Role Models. Ebenso wichtig ist Kontinuität. Die Themen also immer wieder aufgreifen, nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause. Gerade bei Mädchen, die einen «geschlechtsuntypischen» Berufsweg einschlagen, ist das Zusammenspiel des gesamten Umfelds zentral. Am besten funktioniert es, wenn alle am gleichen Strang ziehen und MINT-Projekte in der Schule mit ausserschulischen Angeboten kombiniert werden.
Stellvertretend für viele tolle Projekte werden nachfolgend vier davon portraitiert. Alle Ansätze sind unterschiedlich und haben dennoch ein gemeinsames Ziel: Mehr Mädchen in MINT!
MINT-Feriencamp Bern: Experimentieren und erleben
Im Juli 2024 findet das erste fünftägige Feriencamp für Kinder der 5. und 6. Klasse in und um die Stadt Bern statt. Die Kids werden direkt von den beteiligten Unternehmen betreut, um konkrete Einblicke in verschiedene Berufe zu erhalten. Mit Programmieren, Designen, Verdrahten, Löten, Roboter bauen und Einblicken in den Weltraum, bietet das Camp praxisbezogene Erfahrungen und Spass für insgesamt 24 Kinder, wobei eine ausgeglichene Geschlechterverteilung angestrebt wird. Es hat noch Plätze für Mädchen!
Projektleiterin Clelia Bieler: «Die Kinder sollen möglichst spielerisch, hands-on und in authentischer Umgebung eigene Erfahrungen mit MINT-Themen machen.»
It’s MINT: Neugier wecken, Stereotype abbauen
Das Projekt «It‘s MINT» inspiriert Schülerinnen der 4. bis 6. Klasse in 10 Nachmittagstreffen, ihre Neugier für MINT-Themen zu erkunden und zu stärken, indem grundlegende Interessen frühzeitig gefördert und geschlechtsspezifische Stereotype abgebaut werden. Geleitet von MINT-Frauen, bieten diese Treffen authentische Rollenvorbilder und konzentrieren sich auf Alltagsphänomene sowie eigenständiges Experimentieren, unterstützt durch Exkursionen in Unternehmen für einen praxisnahen Einblick in die Berufswelt.
Projektleiterin Franziska Schwab (Bild): «Wir möchten die Neugier fördern und die Mädchen ermutigen, ihre Fähigkeiten zu erkunden und zu erweitern.»
Studienwoche: girls@science
Während der Studienwoche girls@science öffnet die FHNW Brugg-Windisch ihre Tore für 10-13-jäherige Mädchen und gibt ihnen die Möglichkeit, auf spielerische Art und Weise mit der faszinierenden Welt der Technikwissenschaften in Kontakt zu kommen. Vier Tage lang erhalten die Mädchen Einblicke in verschiedene Fachbereiche der Hochschule für Technik. Die Unterteilung in geschlechtshomogene Gruppen bietet den Mädchen zudem die Gelegenheit, ohne geschlechtsbezogene hierarchisierende Strukturen experimentieren zu können.
Teilnehmerin Laura Crespi (Bild): «Mit 12 Jahren habe ich an einer girls@science Studienwoche im Bereich Physik und Nanowissenschaften teilgenommen. Die hier gemachten Erfahrungen haben mir geholfen, mich für einen MINT-Weg zu entscheiden. Nach meiner Matur werde ich mit dem Chemie Studium an der Uni Basel beginnen.»
KIDSinfo – Kinder entdecken Technik
MINT-Berufe sind nichts für Mädchen? Das MINT-Nachwuchsförderungsprojekt «KIDSinfo» der Schweizerischen Vereinigung der Ingenieurinnen SVIN zielt darauf ab, stereotype Vorstellungen über Frauen in technischen Berufen zu durchbrechen, indem Frauen kostenlose Präsentationen in Primarschulklassen halten, um Kindern potenzielle weibliche Vorbilder in MINT-Berufen zu zeigen und interaktive Aktivitäten sowie Diskussionen über Technik und Berufe zu ermöglichen.
Annik Jeiziner, KIDSinfo-Referentin Bern: (Bild): «Vorbild sein ist essentiell. You can’t be what you can’t see. Es kamen schon Mädchen nach der KIDSinfo Präsentation zu mir und sagten, sie hätten gar nicht gewusst, dass sie einen technischen Beruf lernen dürften.»