Diesen Herbst droht den Versicherten zum dritten Mal in Folge ein happiger Prämienaufschlag bei der Krankenkasse. Viele aber scheuen den Wechsel der Umtriebe wegen und bleiben lieber, wo sie sind. Sehr schade, findet Felix Schneuwly, Gesundheitsexperte bei Comparis. Denn insbesondere die Versicherten, die nie wechseln, würden in der Regel zu hohe Krankenkassenprämien bezahlen.
Felix Schneuwly, ist es nicht so, dass ein Wechsel mühsam ist und sich langfristig nicht wirklich lohnt – mal ist die eine, im nächsten Jahr dann die andere Kasse etwas günstiger. Auf die Länge gleicht sich das doch sicher aus?
Das ist leider gar nicht so. Denn bereits in der Vergangenheit war das Sparpotenzial riesig. Wer vor zehn Jahren von der teuersten zur billigsten Krankenkasse gewechselt hätte, hätte bis Ende 2024 über 35 000 Franken sparen können. Selbst ohne Wechsel von Franchise und Modell wäre das Geld für einen Kleinwagen zusammengekommen.
Aber wie können die Preise so unterschiedlich sein, schliesslich ist doch genau geregelt, welche Leistungen in der Grundversicherung sein müssen und die sind doch bei allen Kassen gleich?
Auch hier gilt trotzdem: Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Wahlfreiheit der Versicherten zwingt die Krankenversicherer, mit attraktiven Prämien, innovativen Produkten und guter Servicequalität selbst dann besser zu sein als die Konkurrenz, wenn jeder die gleiche Versicherungsdeckung anbieten muss.
Wie haben sich denn die Prämien in den letzten Jahren verändert?
Je nach Ort sind die Durchschnittsprämien in den letzten zehn Jahren um 40 bis 60 Prozent gestiegen. Das zeigt eine Analyse von Comparis in den acht grossen Kantonshauptorten. Die durchschnittliche Grundversicherungsprämie beträgt aktuell 5666 Franken. Vor zehn Jahren waren es 4244 Franken, also plus 33,5 Prozent. Gut sieben Prozent der Haushaltsausgaben hierzulande gehen im Durchschnitt auf das Konto der Krankenkasse. Weil die Prämienunterschiede gross sind, ist auch das Sparpotenzial gross.
Fokussieren wir auf die Agglo Bern. Wie hoch wäre denn hier in den letzten zehn Jahren das Sparpotenzial effektiv gewesen?
In Bern hätte man mit dem Wechsel von der höchsten zur tiefsten Prämie per Januar 2014 stolze 32 014 Franken oder 46,4 Prozent sparen können. Wer also behauptet, die Kosten all der Krankenkassenwechsel stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen, ignoriert die Fakten.
Und wie viel hätte man ohne Franchisen- und Modellwechsel sparen können?
Wer 2014 in Bern von der Concordia mit der Standardgrundversicherung und einer Franchise von 300 Franken zur Assura gewechselt hat, konnte bis heute 8627 Franken, also 12,5 Prozent an Prämien sparen. Das ist zwar weniger als das maximale Sparpotenzial, aber immer noch viel.
Wie sollte man denn bei einem Krankenkassenwechsel vorgehen, um sicher zu sein, dass die beste Wahl getroffen wird?
Die Beispiele zeigen, dass man überhaupt nicht jedes Jahr die Krankenkasse wechseln muss, um viel Geld zu sparen. Wer aber nicht vergleicht, weiss gar nicht, ob er bei einer teuren oder günstigen Krankenkasse ist und kennt das Sparpotenzial nicht. Dabei hilft ein Blick auf comparis.ch
Welche Sparmöglichkeiten gibt es bei der Grundversicherung?
Kassen-, Franchisen- und Modellwechsel. Mit dem Kassenwechsel spart man am meisten. Wer für weniger als 2000 Franken medizinische Leistungen braucht, spart mit der 2500er-Franchise, nämlich 1540 Franken pro Jahr. Wer darüber liegt, fährt mit der 300er besser. Die Franchisen dazwischen lohnen sich nicht, weil der jeweilige Rabatt zu tief ist. Mit einem alternativen Versicherungsmodell (Telemedizin, Hausarzt etc.) kann man im Vergleich zur Standardgrundversicherung um die 15 Prozent sparen..
Gut die Hälfte der Erwachsenen in der Schweiz ist hausarztversichert. Hätten sie dennoch bei einem Kassenwechsel sparen können?
Absolut, denn auch wer beim Hausarztmodell bleibt, kann erheblich sparen, selbst bei einer Minimalfranchise von 300 Franken. Berner hätten so seit 2014 ganze 5596 Franken sparen können, indem sie von Concordia zu Supra gewechselt hätten. Bei einer 2500-Franken-Franchise lag das Sparpotenzial in Bern sogar bei 6182 Franken, hätte man damals von der Helsana zur Assura
gewechselt.
Blicken wir in die Zukunft – wie sieht es fürs 2025 im Kanton Bern aus?
Nach wie vor ist das Sparpotenzial gross. Auch wer diesen Herbst wechselt, hat gute Chancen, in der nächsten Dekade ebenfalls ein beachtliches Sparpotenzial zu realisieren. In Bern ist mit der Standardgrundversicherung (300-Franken-Franchise, ohne alternatives Versicherungsmodell) und einer Prämie von 7786 Franken die Swica die teuerste Kasse. Am günstigsten ist die Sanitas mit dem HMO-Modell, der 2500-Franken-Franchise und einer Prämie von 4199 Franken. Das ergibt bei einem Wechsel im letzten Herbst ein Zehnjahressparpotenzial von 35 872 Franken.
Wann ist denn der beste Zeitpunkt, sich um einen Krankenkassenwechsel zu kümmern?
Ende September – das genaue Datum wird kurzfristig mitgeteilt – wird Bundesrätin Baume-Schneider die Prämien 2025 bekanntgeben, die noch am gleichen Tag auf comparis.ch und anderen Vergleichsportalen sein werden. Comparis zeigt nicht nur die Prämien, sondern auch die Zufriedenheit der Versicherten mit den einzelnen Kassen und bei welchem Hausarztmodell der eigene Hausarzt ist. Dann hat man bis Ende November Zeit, um zu vergleichen und Kasse, Franchise und Modell zu wechseln.
Fazit: Ein Vergleich der Krankenkassenprämien lohnt sich definitiv!
Unbedingt! Denn in keinem anderen Bereich kann man mit so wenig Aufwand so viel Geld sparen wie bei der Krankenkasse. Ich staune immer wieder, dass sich so viele Leute jeden Herbst über steigende Krankenkassenprämien empören, aber nur rund zehn Prozent ihre Krankenkasse wechseln!