Die Bar8 im Berner Länggassquartier ist ein Sommer-Pop-up mit grandioser Aussicht und vielen coolen Sommerdrinks und Snacks aus regionalen Produkten. Aber, die Bar8 ist noch viel mehr.
Kristina Grbesic und Philippe Giroud über Inklusion, neue Blickwinkel und Barrieren im Kopf.
Es ist der erste richtig schöne Sommernachmittag dieses Junis, als wir die Dachterrasse des B, des Blinden- und Behindertenzentrums an der Neufeldstrasse 95, betreten. Die Bar8 befindet sich, wie der Name schon sagt, im 8. Stock des B in Bern. Von hier oben hat man einen atemberaubenden Blick auf die Dächer der Länggasse, zum Bantiger, Gurten, hinunter in die Stadt und weit in die Berner Alpen. Ganz neue Perspektiven, die sich einem hier eröffnen – und damit wunderbar zum Gastrokonzept dieses Sommer-Pop-ups passen:
Inklusion im ersten Arbeitsmarkt
«Die Perspektive, den Blickwinkel ändern und sich auf die Stärken der Mitarbeitenden fokussieren, statt nach Schwächen zu suchen», erklärt Kristina Grbesic, Co-Geschäftsleiterin von Blindspot, unter deren Regie die Bar8 als inklusives Projekt geführt wird. «Hier arbeiten Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammen.» Die Non-Profit-Organisation Blindspot setze sich dafür ein, dass Inklusion bereits bei der Erstausbildung oder auf dem ersten Arbeitsmarkt passiere. «Es braucht Plattformen, wo sich Menschen mit und ohne Beeinträchtigung auf Augenhöhe begegnen und voneinander lernen können. Genau wie hier in der Bar8», ist Grbesic überzeugt. «Geschützte Werkstätten sind nicht immer die beste Lösung – wenn man Menschen mit kognitiven, sozialen oder psychischen Beeinträchtigungen kennenlernt, erkennt man schnell, dass sie genau die gleichen Bedürfnisse wie alle anderen Menschen haben: Sie möchten anerkannt und gebraucht werden und sie möchten selbständig über ihr Leben bestimmen können.» Bei ihren Projekten ist denn auch wichtig, dass die Mitarbeitenden alle gleich behandelt werden und es keine Sonderregelungen gibt. «Wir achten auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Mitarbeitenden und setzen sie so ein, dass es für alle stimmt. Regeln und Qualitätsansprüche gelten dabei für alle im gleichen Mass», führt Grbesic weiter aus.
Chancen, aber auch Schwierigkeiten
Natürlich gäbe es schon auch schwierige Situationen. «Wir nennen sie Blockaden. In diesem Fall ziehen wir ein Coaching-Team aus Sozial-Pädagogen hinzu.» In der Gastronomie seien es häufig die flexiblen Arbeitszeiten, die Probleme machten. «Menschen mit Beeinträchtigung sind sich meist sehr klare Strukturen gewohnt. Wenn im Arbeitsplan also steht, die Schicht dauere bis 22 Uhr, legen sie exakt um diese Zeit ihre Arbeit nieder. Da kann der Laden noch so brummen. Das wiederum führt zu Konflikten mit den anderen Mitarbeitenden, für die klar ist, dass man in einer solchen Situation halt noch etwas länger bleibt.» Da brauche es dann viel Feingefühl, um die Wichtigkeit von Flexibilität und gegenseitiger Unterstützung aufzeigen zu können. «Die Erkenntnis, dass auch sie enorm wichtig sind fürs Team, macht ihnen dann aber meist grosse Freude und erfüllt sie mit Stolz», weiss die Fachfrau aus Erfahrung.
Hemmschwellen abbauen
Für Philippe Giroud, Vorsitzender der Geschäftsleitung des B, eignet sich die Bar8 perfekt, um Hemmschwellen abzubauen und vielfältige Begegnungen zwischen Menschen im B und im Quartier zu ermöglichen. «Einerseits ist es ein inklusives Gastroprojekt, anderseits eine Begegnungszone. Das ist auch für unsere Bewohnenden ein grosser Gewinn.» Zusammen essen, trinken und geniessen verbinde alle Menschen auf dieser Welt. Ob mit oder ohne Beeinträchtigung. «Hier kann man die bereichernde Vielfalt unserer Gesellschaft kennenlernen.» Denn die grössten Barrieren, das weiss auch Kristina Grbesic aus Erfahrung, sind diejenigen im eigenen Kopf, die von Vorurteilen geprägt sind: «Wenn die Leute mich fragen, wer denn von den Mitarbeitenden nun eine Beeinträchtigung habe – zeigt das, dass man das gar nicht unbedingt merkt und dass es eigentlich auch keine Rolle spielt. Genau das antworte ich dann jeweils!»