Wissen um Sonne und Wind breitenwirksam anwenden

Der Kraftwerkebauer

Daniel A. Oechslin: «Seit der Gründung des Green Energy Venture ging alles ununterbrochen schnell.» Foto: Daniel Zaugg

Aus Tendenzen sind längst Trends und eine grosse Industriebewegung entstanden: Der Bau von Kraftwerken, welche aus Primärenergien Strom liefern, ist eines der Tagesthemen in Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft. Denn die Welt braucht täglich mehr Strom, aus leistungsfähigen Anlagen und von Vorteil sauberen. Daniel A. Oechslin ist einer jener Unternehmer, die solche Vorhaben realisieren.

Zur besseren Übersicht: Unser Gesprächspartner ist Gründer und CEO der oe.energy-Gruppe (Oechslin Energie AG), eines Familienunternehmens, unter deren Holding-Dach mehrere spezialisierte Unternehmen in allen Details des Kraftwerkbaus die innovativste funktionale Lösung bieten. Die Performance umfasst also modular oder als Ganzes die Beratung, technische und finanzielle Planung, Projektentwicklung, das Engineering, rechtliche und politische Durchführungsaspekte, den Bau bis zum Netzanschluss und das ökonomische Know-how für die Bewirtschaftung. Diese Kompetenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette nutzt die Holding als Independent Power Producer – im Fachjargon «IPP» – auch für den Bau eigener Kraftwerke. Die Gruppe beschäftigt inklusive ihrer Beteiligungen über 850 Mitarbeitende, davon über 120 allein in der Schweiz.

Unter dem Radar der Öffentlichkeit
Dass oe-energy ausserhalb der Expertenkreise noch nicht grosse Bekanntheit hat, liegt an der dynamischen Marktentwicklung: «Seit der Gründung des Green Energy Venture 2006 ging alles ununterbrochen schnell. Wir waren und sind von Beginn weg in einer zunehmenden Zahl von Projekten und der Produktion eingespannt, dass in meinen oft 80-Stunden-Wochen – abgesehen von der Erstellung der Websites der verschiedenen Unternehmen – keine Notwendigkeit für Marketingmassnahmen oder den Aufbau einer in der breiten Öffentlichkeit bekannten Marke vorhanden war», meint Daniel Oechslin. Der angedeutete Termindruck ist real, tatsächlich war es auch nicht leicht, ihn für das Interview zu gewinnen.

Wie ist sein Geschäftsumfeld zu illustrieren? Oechslin: «Wir bewegen uns im Investitionsgütersektor von nachhaltigen Projekten mit anspruchsvollen Planungs- und Produktionsschritten und einer grossen Lebensdauer. Es ist immer noch ein überschaubarer innovationsfreudiger Markt, wo Kontakte zu Anwendern auf Mund-zu-Mund-Propaganda und persönlichen Empfehlungen entstehen».
Oechslin erkannte die Perspektiven für die Produktion von Kraftwerken und -anlagen durch Sonne und Wind auf unterschiedliche Weise und interessanterweise in China, wo vor 20 Jahren die Halbleiter-Produktion hochgefahren wurde. Dort fiel ihm 2006 sprichwörtlich der Auftrag für den Bau einer Fabrik von Solarzellen und Solarmodulen zu. Kaum nahm die Fabrik die Produktion auf, folgte der Folgeauftrag für Fabrik Nummer 2. Und so ging es in der Region der Millionenstädte Wuxi und Nanjing weiter mit der Planung von schliesslich über 50 Werken und einer jährlichen Produktionsleistung von damals substanziellen 1650 Megawatt. Erfolgsgrund? «Unsere akkurate Schweizer Arbeitsweise, das Antizipieren, welche Schritte auf welche Schritte folgen, die sorgfältige Planung und gründliche Ausführung», antwortet Oechslin, dessen Karriere mit der Ausbildung zum Maschinenmechaniker begann.

Die Freude am Machen, das Unternehmer-Gen, zeigte sich bei Oechslin schon als Kind: «Aufgewachsen in einer Treuhand- und Finanzumgebung, gründete ich mit zwölf eine Handelsplattform, um aus den USA originale Baseballcaps zu importieren, welche ich dann – sie waren zu jener Zeit sehr begehrt – in der Schule verkaufte und damit ein gutes Taschengeld verdiente. Später kaufte ich Musikanlagen, welche ich an Festen vermietete, auch das funktionierte sehr gut». Doch wie kam es zur heutigen Tätigkeit als Kraftwerkebauer, der Gründung der oe-energy und ihrer Tochterunternehmen? «Das Interesse am Neuen, die enormen Erfahrungen in China, meine Hingabe für die Natur und die Intuition, dass die Welt an den Erneuerbaren nicht umhin kommt». Aus dieser Haltung ist ein Unternehmen entstanden, welches jetzt in der Schweiz und in Deutschland um die 200 Solar-, Wind- und Speicheranlagen verwirklicht, jährlich. Der Windbereich erreicht 10, der Solar- und Enegiespeicherbereich 90 Prozent des Umsatzes, welcher wiederum jährlich zwischen 10 und 15 Prozent wächst.

Grosse Arbeitsreserven
«Der Ausbau von Dach-Solaranlagen wächst, aber das genügt nicht, um die kritische Grösse der Ausbauziele 2030 zu erreichen. Dazu braucht es unter anderem mehr Winterstrom-Erzeugung, um die sogenannte Winterstromlücke zu füllen. Dafür geeignet sind Panele mit Winkeln von 60 –70 °, also an Fassaden und vor allem Berghängen», beschreibt Oechslin die Situation, und: «Aktuell sind wir im Saanenland mit einer grösseren Anlage – SolSarine 2.0 – recht nahe an der Verwirklichung. Sie würde, auf einer relativ bescheidenen Fläche von 35 Hektaren, jährlich über 50 Millionen Kilowattstunden Strom liefern. Wir sind hinsichtlich einer Zustimmung der Bevölkerung an der Gemeindeversammlung Anfang Juni zuversichtlich», sagt Oechslin.

Doch was sagt er zu den Bedenken gegenüber Solarpanel-Feldern? «Viele Befürchtungen basieren auf Unkenntnis. Es fehlt an Wissen, was unter den auf etwa zwei Metern Höhe montierten Panelen abläuft. Dort entsteht, und das wurde vom renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) bestätigt, eine optimale Grundlage für Biodiversität», antwortet Oechslin, «im Schatten der Panele speichert sich Tau, Feuchtigkeit, und Schafe oder Kühe können sich aufrecht bewegen und grasen. Mit einem interessanten Nebeneffekt übrigens: Eine Kuh verbraucht an der Sonne 100 und mehr Liter Wasser pro Tag, im kühleren Schatten sind es mit 60 Liter fast die Hälfte weniger. Diese, und unzählige weitere gesamtwirtschaftliche Vorteile der Erneuerbaren haben sich, leider, noch viel zu wenig herumgesprochen.»

Weitere Informationen:

https://www.oe.energy

https://www.swiss-renewable-solutions.com

SOLAR IN DER SCHWEIZ

Vom ersten Solar-Rennwagen zu Solar- und Wind-Kraftwerken

Der Aufstieg erneuerbarer Energien begann in der Schweiz sportlich: 1985, mit der Geburt des Solarmobils «Spirit of Biel/Bienne» der Ingenieurschule Biel. Der filigrane und via Photovoltaik angetriebene Rennwagen gewann in der Folge unter anderem die äusserst anspruchsvolle World Solar Challenge von Australien und stellte Tempo- und Distanz-Weltrekorde auf. Solche Ereignisse weckten das Interesse an erneuerbaren Energien. Um die Jahrtausendwende begann, vorerst im Kleinen, der Trend zu Solaranlagen. Die Logik dahinter: Solar- und Windenergie ist unerschöpflich und die Flächen dafür 1. unbegrenzt und 2. noch kaum genutzt. Man geht davon aus, dass die Schweiz allein mit grösseren und grossen Solaranlagen auf Dächern, an Fassaden und in den Bergen, die Hälfte ihres Gesamtstrombedarfs decken könnte. Bedenkt man, dass mit dem Streben nach Energiesicherheit und gleichzeitig der Zunahme der E-Mobilität der Strombedarf unaufhaltsam wächst, ist es höchste Zeit, vorhandene Kapazitäten zu nutzen. Schon allein der Natur zuliebe: Wie umweltfreundlich ist es, E-Autos und E-Bikes mit Strom zu bewegen, welcher von schmutzigen Kohlekraftwerken importiert wird?

PERSÖNLICH

Der in Schafhausen aufgewachsene Daniel A. Oechslin, 44, ist Unternehmer, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er pendelt zwischen dem Wohnort seiner Familie in Ersigen und dem Arbeitsstandort Lyssach. Auf LinkedIn hat er 10 000 Follower. Seine Leidenschaft sind die Berge, er arbeitete in jüngeren Jahren auch mehrere Jahre im Rettungsdienst der Air Zermatt.

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