Online-Vermietungsplattformen wie Airbnb gelten als Mitschuldige für die Wohnungsnot. Wie verhält es sich in der Stadt Bern? Cyril Thöni, Teamleiter Geschäftsliegenschaften bei Von Graffenried AG Liegenschaften, äussert im WohnBär-Gespräch die Sicht des Praktikers.
Haben Sie Airbnb-Angebote in den von Ihnen bewirtschafteten Liegenschaften?
Ich schliesse nicht aus, dass wir von einem grossen Teil nichts wissen, weil uns diese Angebote nicht gemeldet werden, beispielsweise von Nachbarn in den entsprechenden Liegenschaften.
Wie läuft das konkret ab?
Wir evaluieren auf den verschiedenen Plattformen wie Airbnb, Booking.com usw., ob die entsprechende Wohnung angeboten wird. Wenn die Wohnung nicht so genutzt wird, wie im Mietvertrag vereinbart, können wir die Kündigung androhen. Im Mietvertrag wird der Verwendungszweck festgehalten.
Bestimmt letztlich der Hauseigentümer, ob die Wohnung als Airbnb genutzt werden kann?
Wenn die Bauverordnung der Stadt Bern die Zone als Mischnutzung Gewerbe/Wohnung vorsieht, liegt die Erlaubnis im Ermessen des Eigentümers.
Was halten Sie von den Einschränkungen der Lex Airbnb, die von der Stimmbevölkerung 2022 mit über 80 Prozent angenommen wurde?
Ich frage mich nach dem effektiven Grund dieser Beschränkung: Will man, dass kein Wohnraum für Dauermieter verschwindet oder möchte man die Nachbarn durch dauernde Wechsel nicht stören? Wir haben schon die Bauverordnung, welche die gewerbliche Nutzung bis zum zweiten Stockwerk in der Altstadt erlaubt, alle Etagen darüber ist der Wohnnutzung vorbehalten, da ist Airbnb gar nicht möglich. Eigentlich bräuchte es die Einschränkung, Wohnungen nicht mehr als 90 Nächte pro Jahr zu vermieten, nicht: Wenn man mehr Wohnraum möchte, kann man auch die 90 Nächte nicht erlauben, denn dann stünde die Wohnung für Dauermieter nicht zur Verfügung, für die restlichen Nächte kann sie von diesen nicht genutzt werden.
Was wird in den von Ihnen verwalteten Immobilien angeboten: Ganze Wohnungen, Business Appartments, nur Zimmer?
Wir vermieten nur «ganze» Wohnungen oder Büroflächen. Eine dieser Büroflächen wurde für die Airbnb-Nutzung zu einer Wohnung umgebaut.
Welche Erfahrungen machen Sie mit Airbnb-Gästen?
Airbnb als Wohnraum ist letztlich ein wünschbares Tourismusangebot. Diese Gäste bleiben nicht nur einen Tag, sondern generieren Wertschöpfung in der Stadt. In einem Sechsfamilienhaus ist Airbnb wohl weniger geeignet als in einer grösseren Siedlung mit hundert Wohnungen, wo ohnehin mehr Bewegung und Wechsel stattfinden.
Wie ist Ihre Haltung zur Aussage «Airbnb verteuert die Mieten»?
In Bern ist der Anteil an Airbnb-Wohnungen sehr gering. Man spricht von einem Anteil von 0,6 Prozent. Deshalb glaube ich nicht, dass Airbnbs Mietzinstreiber sind.
Unterstützen Sie die Lex Airbnb oder lehnen Sie sie ab?
Die Bauverordnung schafft unseres Erachtens schon genügend Rahmenbedingungen. Darum erachten wir weitere gesetzliche Einschränkungen als überflüssig. Wir überlassen den Entscheid zu allfälligen Airbnb-Angeboten den Eigentümern, dieses im Rahmen der gültigen Bestimmungen. Das öffentliche Interesse an einer Einschränkung scheint uns nicht gegeben.
Wenn ein Mieter beispielsweise ein Zimmer der Wohnung für ein halbes Jahr an einen Bekannten untervermietet: Ist das statthaft? Wie ist das korrekte Vorgehen?
Dieses Beispiel kommt eigentlich einer Wohngemeinschaft gleich. Wenn dieses für einige Monate der Fall ist, wünschen wir, dass uns dies mitgeteilt wird. Aber vertraglich besteht kein Unterschied: Hauptansprechperson ist der im Mietvertrag aufgeführte Mieter. Wenn die zweite Person aber dauerhaft in der Wohnung einzieht, dann verlangen wir einen Untermietvertrag, wo der Mietpreis für das Zimmer festgehalten wird. Wird dort ein überhöhter Preis verlangt oder es findet ein häufiger Wechsel statt, bewegen wir uns im Airbnb-Bereich. Das würden wir zu unterbinden versuchen.
Ein weiteres Beispiel: Ein Mieter verreist für ein Jahr ins Ausland, möchte aber seine Wohnung in Bern behalten und stellt sie während seiner Abwesenheit einem Bekannten zur Verfügung. Wie verhält es sich hier?
Dann verlangen wir die Personalien des temporären Mieters und einen unterschriebenen Untermietvertrag. Wenn nämlich beispielsweise ein Wasserschaden eintritt, müssen wir wissen, wer sich in der Wohnung aufhält. Das Mietzinsrisiko bleibt aber in diesem Fall beim ursprünglichen Vertragspartner. Auch hier prüfen wir, dass der Hauptmieter seinem Untermieter keinen erhöhten Preis abverlangt. Ein kleiner Aufschlag ist gestattet, schliesslich benutzt der Untermieter auch die zur Verfügung gestellte Infrastruktur und Möbel.
Haben Sie auch schon ein Airbnb-Angebot genutzt?
(Lacht) Ja, einige Male und zwar in Malaga, Madrid und Malta.
Fotos: Daniel Zaugg