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Energieeffizientes Bauen mit Holz: Beer Holzbau AG

«Die günstigste Energie ist jene, die wir nicht brauchen»

Neu entwickeltes Holzgebäude «Maison Climat». Fünf Mietwohnungen teilen sich ein Stockwerk. Fotos: zvg

Mit den Minergie-Standards setzt die in Ostermundigen ansässige Beer Holzbau AG auf eine ökologische und ökonomische Bauweise. Heinz Beer, Geschäftsführer des 85-köpfigen Unternehmens, legt dabei Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung.

Heinz Beer, Sie eruieren mit Ihren Projektentwicklungen, wieviel Wohnraum ein Mensch wirklich zum Wohnen benötigt. Haben Sie es herausgefunden?
Mit dem Architekturbüro bs architekten aus Bern haben wir in Biel ein Holz-Gebäude entwickelt und gebaut, das «Maison Climat». Fünf Mietwohnungen teilen sich jeweils ein Geschoss und sind ihrerseits in rasterförmige Grundrisse eingeteilt. Eine 1,5-Zimmerwohnung ist 52 m2 gross; die Fläche einer 4-Zimmerwohnung beträgt 92 m2. Der Flächenkonsum pro Person liegt mit 43 m2 unter dem schweizerischen Pro-Kopf-Durchschnitt von 47 m2.

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Heinz Beer, Geschäftsführer der Beer Holzbau AG. Foto: Daniel Zaugg

Zwischen «wirklich benötigtem» und «wünschbarem Wohnraum» besteht ein Unterschied …
Der Raumbedarf hängt von der Anzahl Bewohnenden ab: Ob man allein oder zu zweit in einer Wohnung lebt. Eine Person benötigt Korridor, Treppe, Nasszelle, Küche usw. genauso wie zwei Personen. Wir beobachten vermehrt Einfamilienhausbesitzer, die weniger Wohnraum benötigen und deshalb ihr Haus den Nachkommen übergeben. Hier stelle ich eine spürbare Veränderung fest: Die Leute sind bereit, zu reduzieren. Andererseits gibt es immer mehr Single-Haushalte, die den Wohnraumbedarf nach oben schnellen lassen.

Sie schreiben in Ihrem Firmenleitbild «der Kunde bringt die Vision, wir bringen die Lösung». Gab es auch schon Fälle, wo Sie die Vorstellungen des Kunden nicht umsetzen konnten?
Ja, oder nicht umsetzen wollten!

Zum Beispiel?
Wenn die Vorstellungen des Kunden nicht dem Budget entsprechen. Weiter distanzieren wir uns von Projekten, die nicht dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Ich denke an unnötigen Baulandverbrauch, zum Beispiel eine Parzelle gewerblicher Natur an bester Lage, die nicht maximal genutzt wird, weil es vielleicht günstiger ist, mehr Land zu verbrauchen als richtig zu verdichten.

Wofür eignet sich Holz als Baustoff besonders?
Für tragende und sichtbare Bauten. In unserem eigenen Firmenbau haben wir eine multifunktionale Tragstruktur. Die Decke hat schallabsorbierende Wirkung. Die moderne Architektur ist flächig, man hat kaum mehr Vorhänge und Teppiche, die den Schall schlucken. Wir verbauen heute tragende und zugleich sichtbare Oberflächen, welche zusätzlich Schall absorbieren. Im Verhältnis der Tragfähigkeit zum Gewicht ist Holz führend. Hinzu kommen gestalterische Elemente mit Holz, denken wir nur an Fassaden und an die unendlichen Möglichkeiten im Innenausbau.

Holz versus Beton: Wie sehen Sie die Entwicklung?
Das ist ein grosses Thema, vor allem im Zusammenhang mit der CO2-Diskussion. Holz ist zurzeit sehr populär. Es gibt keinen anderen Baustoff, der nachwachsend ist und so wenig graue Energie benötigt, um ihn zu verarbeiten und letztlich zu verbauen. Zudem sequestriert Holz CO2 im Wachstum und speichert es im Gebäude. Zudem werden durch die Substitution fossile Brennstoffe für die Gewinnung von Rohstoffen minimiert. Aber wir benötigen sowohl Holz als auch Beton und wir dürfen diese Baustoffe nicht gegeneinander ausspielen. Holz verbauen wir dort, wo es Sinn macht. Kurzfristige Nässe ist egal, konstante Feuchtigkeit ist jedoch zu vermeiden, das führt zu Schäden. Holz trocken verbauen heisst auch konstruktiver Holzschutz und überdachen. Eine Brücke, bei der das Holz nicht sauber geschützt ist, hat nur eine beschränkte Lebensdauer. Die Neubrücke in Bern zum Beispiel wurde im Jahr 1535 gebaut und ist heute noch für den Strassenverkehr in Betrieb.

Welche Hölzer verwenden Sie für Ihre Bauten?
Vor allem heimische Hölzer wie Fichte und Tanne – das sind die «Brotbäume des Holzbauers». Da stellt sich heute die Frage, was durch die Klimaveränderung in Zukunft passieren wird. Die Fichte und die Tanne kommen im Mittelland unter Druck, sie trocknen aus oder werden vom Borkenkäfer befallen. In der Branche bemüht man sich, auch die Buche besser einzusetzen. Aber sie ist viel anspruchsvoller in der Verarbeitung. Bei hochbelasteten Bauten oder für die Stützen in unserem Firmengebäude benützen wir Buche, Eiche oder Esche.

Woher stammt das Holz, das Sie verbauen?
Fichte und Tanne beziehen wir grösstenteils aus der Schweiz. Wir setzen uns stark dafür ein, dass wir die Wertschöpfung in unserem Land fördern können. Aber für schwer erhältliche Produkte wie Drei- oder Mehrschichtplatten orientieren wir uns auch in Deutschland oder Österreich.

Gibt es noch genügend Holz? Wie entwickeln sich die Holzpreise?
Zurzeit gibt es noch genügend Holz. Aber wir haben vermehrt das Problem, dass das Nutzholz im Verhältnis zum Energieholz zu wenig Erlös gibt. Holz, das zur Weiterverarbeitung genutzt werden könnte, wird teils direkt zu Energieholz gemacht. Wir müssen aufpassen, dass die Förderung des Energieholzes nicht zu einem Fehlanreiz führt. Der Erlös für Nutzholz sollte etwas höher sein, dadurch könnten alle Wälder kostendeckend genutzt werden. Der Bund setzt sich mit der Thematik auseinander, das stimmt mich zuversichtlich. In der Schweiz ist viel Wald überaltert und somit anfällig für Sturmschäden und Schädlingsbefall. Mit der Förderung der Waldnutzung kann dieser verjüngt und somit fit für die Zukunft gemacht werden.

Die Organisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energie­effizienz verlieh Ihnen 2023 den Berner Unternehmenspreis «Klima + Energie». Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Sehr viel. Zahlreiche Diskussionen drehen sich ums Energiesparen oder um die Erzeugung von Energie. Wir gehen die Ressourcenfrage ganzheitlich an. Substitution ist dabei ein wichtiges Thema; die günstigste Energie ist jene, die wir nicht brauchen! Die Kreislaufwirtschaft und die Verfügbarkeit von Baustoffen wird uns künftig beschäftigen. Wenn es uns gelingt, dass wir beim Bauen weniger Ressourcen benötigen und einen nachwachsenden Baustoff verwenden, verfolgen wir eine gesamtheitliche Betrachtung. Darunter verstehen wir verdichtetes Bauen, keine Landverschwendung, das heisst nur soviel Wohnraum bauen wie benötigt wird. Dass diese Bemühungen mit dem Preis anerkannt wurden, beweist uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Haben Sie ein Wunschprojekt, das Sie gerne realisieren möchten?
(Lacht) Einen Kirchturm haben wir bis jetzt noch nicht gebaut. Auch ein Hochhaus steht noch auf der Wunschliste.

PERSÖNLICH

Heinz Beer, geboren 1965, wuchs in Rüderswil im Emmental auf. Er absolvierte die vierjährige Lehre als Zimmermann und bildete sich danach zum eidg. dipl. Zimmermeister weiter. Nach beruflichen Stationen in Biel und Ostermundigen gründete er 1999 mit vier Mitarbeitenden die Beer Holzbau AG. Heinz Beer ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und wohnt in Rüderswil. In der Freizeit bewegt er sich mit Bergsteigen, Skitouren und Wandern gerne in der Natur. Einen weiteren Ausgleich findet er beim Klarinettenspiel und beim Holzschlag im eigenen Wald.

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