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Solarstrom für Mieterinnen und Mieter

Ihr Balkon wird zum kleinen Solar-Kraftwerk

600 Watt Strom darf eine Minisolar-Anlage produzieren. Foto: erneuer.bar services, Wiler b. Utzenstorf

Wie Sie auf Ihrem Balkon Solarstrom produzieren oder andere Wege zum sonnengemachten Strom finden.

Wollen Sie bei sich zu Hause auf dem Balkon eigenen Strom aus Sonnenkraft produzieren? Oder auf Balkonien einfach sünnele und das Leben genies­sen? Für beide Gruppen gibt es heute Lösungen und Wege, sich mit Solarstrom zu versorgen. Wer als Mieterin oder Mieter eigenen Strom auf dem Balkon produzieren will, kann das mit einem handelsüblichen kleineren Plug & Play-Photovoltaik-System tun. Ganz simpel ist es nicht, einige technische und rechtliche Anforderungen müssen beachtet werden. PV-Experte David Joss von der Berner Fachhochschule erklärt im Interview, auf was dabei zu achten ist. Die kleinen Balkon-Kraftwerke werden immer beliebter, das wirkliche Potenzial für den Schweizer Markt ist aber noch nicht bekannt. Aktuell forscht die Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit Meteotest, Electrosuisse und VSEK zum Thema «Plug & Play PV-Systeme und deren Potenzial in der Schweiz».

Viele Wege führen zum Solarstrom
Wer sich nicht um Technik und Installation einer eigenen PV-Anlage kümmern möchte, hat heute trotzdem viele Möglichkeiten, um die Kraft der Sonne in seine Steckdosen zu holen. Die lokalen Stromversorger bieten zum Beispiel den unkomplizierten Wechsel auf Solarstrom an. Weitere Möglichkeiten sind Beteiligungen an Solargenossenschaften, Solarvereinen, Crowdfundings und anderen Organisationen. Sie bieten ihre grossen PV-Anlagen einer breiten Öffentlichkeit zur Mitbenutzung an. Interessierte Mieterinnen und Mieter können sich auch direkt an ihre Liegenschaftsverwaltung wenden und einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch vorschlagen.

Ende 2023 hat ein Team der Berner Fachhochschule am Photovoltaik-Labor in Burgdorf für die Konsumentensendung «Kassensturz» sieben Balkon-Solaranlagen getestet. Wir haben mit dem damaligen Testverantwortlichen und wissenschaftlichen Mitarbeiter David Joss über PV-Anlagen auf Balkonen gesprochen.

David Joss, das Angebot an Solarstromanlagen für Balkone ist gross, die Preis- und Qualitätsunterschiede enorm. Was sollten Mieterinnen und Mieter beim Kauf einer solchen Anlage besonders beachten?
Es gibt in der Tat eine grosse Vielfalt an Angeboten. Den Überblick zu behalten, ist nicht einfach. Wichtig ist, dass die Systeme zu den Balkonabmessungen passen, mit dem beiliegenden Zubehör sicher befestigt werden können und die elektrische Sicherheit gewährleistet ist.

Eine aktuelle Übersicht über Balkon-PV-­Systeme und -Anlagen finden Sie hier.

Was sind Ihrer Meinung nach die Hürden beim Kauf einer Mini-Solaranlage?
Nebst dem oben diskutierten Produktedschungel sind Rechts- und Versicherungsfragen zu berücksichtigen. Im Kanton Bern ist für ein Plug & Play-PV-System aussen am Balkon eine Baubewilligung nötig. Die Gemeinde gibt Auskunft über den Bewilligungs-Prozess an Ihrem Wohnort. Auch muss die Balkonsolaranlage bei der Verteilnetzbetreiberin gemeldet werden. Die Prozesse sind je nach Unternehmen verschieden. Die BKW hat ein Onlineformular und die ewb nimmt die Meldungen per Email entgegen. Im Mietverhältnis sind die elektrischen Installationen und die Stromversorgung Sache der Vermieterin. Somit braucht es für eine Balkonsolaranlage die Zustimmung der Vermieterin.

Solche Anlagen können, wenn sie nicht richtig installiert sind, runterfallen und Mensch und Tier gefährden. Empfehlen Sie, die Panels von Profis installieren zu lassen?
Jein. Für die Inbetriebnahme eines steckerfertigen PV-Systems muss offiziell kein Installateur beigezogen werden. Wer also das notwendige handwerkliche Geschick aufweist, kann PV-Module und Wechselrichter gut selbst befestigen. Nulltoleranz gilt jedoch bei der Steckdose: Kann der Stecker nicht einfach in die Balkonsteckdose eingesteckt werden, braucht es einen Elektroinstallateur für nötige Anpassungen an der Hausinstallation. Und auch wichtig zu wissen: Die Haftplicht aufgrund von Schäden durch vom Balkon herabfallende Gegenstände ist zu klären. Grundsatz: Auf dem Balkon ist der Mieter, aussen am Balkon die Vermieterin haftpflichtig.

Eine solche Anlage darf max. 600 Watt Strom produzieren. Für welche Geräte im Haushalt reicht diese Leistung?
Die 600 Watt sind, wie Sie richtig sagen, ein Maximalwert für den Wechselrichter. Die effektiv eingepeiste Leistung variiert von null bis zu diesen max. 600 Watt, ist also nicht konstant. Tagsüber lassen sich aber Geräte mit ständigem Stromverbrauch, wie zum Beispiel Router oder NAS, mit dieser Leistung problemlos versorgen. An schönen Tagen kann zusätzlich zum Beispiel das E-Bike oder der Laptop und das Smartphone geladen werden.

Macht es ökologisch und wirtschaftlich überhaupt Sinn, in eine solche Anlage zu investieren oder ist es eher eine Spielerei für Technik-Tüftler?
Wirtschaftlich können Balkonsolaranlagen durchaus innerhalb einiger bis zu zirka 10 Jahren amortisiert werden. Die Wirtschaftlichkeit hängt sehr stark vom lokalen Strompreis ab, respektive wie viel vom produzierten Strom ich selbst verbrauchen kann. Auch die Ökobilanz von Balkonsolaranlagen ist positiv, wenn Sie über die gesamte erwartete Lebensdauer der Komponenten im Einsatz steht und am Ende der Lebensdauer recycelt wird.

Wie schätzen Sie das Potenzial dieser kleinen Balkonkraftwerke ein?
Verglichen mit dem Potenzial von z. B. 50 TWh für Solarstromproduktion auf Dächern ist das Potenzial von Balkonsolaranlagen sicher nicht gross. Wie gross, eruieren wir aktuell im Forschungsprojekt «Plug & Play PV-Systems» und erwarten erste Resultate diesen Herbst. Doch, auch wenn das technische Potenzial überschaubar ist, sehe ich in Balkon-Solaranlagen eine grosse Chance, dass alle die Einfachheit und Verlässlichkeit der Photovoltaik erfahren und nutzen können.

Mehr Informationen dazu gibt’s hier

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