Fragen und Antworten rund um den Mietvertrag

«Mietende suchen immer weniger das direkte Gespräch»

Ramona Rolli, Teamleiterin Wohnhäuser, Von Graffenried AG Liegenschaften. Foto: Daniel Zaugg

In der Schweiz leben 58 Prozent der Bevöl­kerung zur Miete. Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter ist in einem Mietvertrag geregelt. Trotzdem tauchen immer wieder viele Fragen und Unsicherheiten auf. Ramona Rolli, Teamleiterin Wohnhäuser bei Von Graffenried AG Liegenschaften, ist seit mehr als 13 Jahren in der Immobilienbewirt­schaftung tätig und beantwortet kompetent und klar die Fragen des WohnBär.

Welches sind die häufigsten Diskussionspunkte bei einem Mietvertrag?
Meist sind es Fragen im Tagesgeschäft. Das heisst, wenn im Mietobjekt etwas defekt geht. Da möchten die Mietenden natürlich, dass die Mängel möglichst rasch behoben werden. Diskussionen können entstehen, wer den Schaden bezahlt, wenn die Mängel auf Mieterverschulden zurückzuführen sind. 

58 %

wohnen in der Schweiz
in Miete.

In diesem Zusammenhang: Was versteht man unter dem sogenannten «kleinen Unterhalt»?
Wenn kleine Arbeiten beispielsweise ohne Beizug des Elektrikers oder Sanitär-Installateurs durch den Mieter ausgeführt werden können. Ich denke an den Ersatz des Backofengitters, des WC-Deckels, der verkalkten Duschbrause.

Wie hoch ist bei Ihnen das Mietzinsdepot?
Das ist einerseits abhängig von der Eigentümerschaft, denn wir besitzen keine eigenen Liegenschaften. Das kann beispielsweise ein zweifacher Brutto-­Mietzins sein. Zudem spielt die finanzielle Situation der Mietpartei eine Rolle. Das Maximum sind drei Monatsmietzinse, die wir verlangen dürfen.

Welche monatlichen Akontozahlungen für Heiz- und Nebenkosten empfehlen Sie, damit der Mieter nicht nachzahlen muss?
Das ist stark abhängig vom Zustand der Liegenschaft. Neuere Immobilien sind energetisch besser unterwegs als ältere, dort kann bei den Heizkosten eingespart werden, dafür wurde eventuell mehr Technik verbaut. Man kann sich bei Wohnungswechsel am Vormieter orientieren. Bei einem Mieterwechsel kontrollieren wir die jeweiligen Akontozahlungen und gleichen sie aus, wenn der Vormieter beispielsweise jährlich nachzahlen musste. Es sind aber viele Einflussfaktoren, denken wir nur an die schwankenden Öl- und Gaspreise. Aber auch die Wohnungsgrösse spielt natürlich eine Rolle. Das Energiegesetz schreibt übrigens vor, dass bei Neubauten seit 1998 verbrauchsabhängige Heiz- und Warmwasserkostenabrechnungen erstellt werden müssen. In solchen Fällen kann der Mieter seinen individuellen Verbrauch drosseln, um Kosten zu sparen. Zurzeit können wir davon ausgehen, dass für eine Dreizimmerwohnung ein monatlicher Akontobetrag von 250 bis 350 Franken ausreichend ist.

Wann muss die Nebenkostenabrechnung spätestens beim Mieter eintreffen?
Grundsätzlich ist es unser Ziel, die Abrechnung einmal jährlich zu erstellen. Rechtlich können die Kosten bis fünf Jahre rückwirkend noch geltend gemacht werden. Bei uns dauert in der Regel die Periode vom 1. Mai bis am 30. April. 

Wann ist eine Mietzinserhöhung gerechtfertigt?
Mietzinsanpassungen sind auf den nächstmöglichen Kündigungstermin g­emäss Mietvertrag möglich. Wir sind verpflichtet, für Anpassungen ein amtliches Formular mit Rechtsmittelbelehrung zu verwenden. Die meisten Anpassungen sind auf die Veränderung des Referenzzinssatzes zurückzuführen. Weitere Gründe sind umfassende Sanierungen, welche einen Mehrwert der Liegenschaft generieren. 

Worauf achten Sie bei Wohngemeinschaften?
Gerade grössere und teurere Wohnungen, wo es schwieriger ist, Einzelmietende zu finden, lassen sich mit einer WG besser finanzieren. Allerdings haben wir naturgemäss innerhalb der WG häufig Wechsel. Deshalb tendieren wir dazu, dass es einen Hauptmieter gibt und seine Kolleginnen und Kollegen als Untermieter aufgeführt werden. Wechsel innerhalb der WG müssen gemeldet werden. Wir versuchen bei der Wahl darauf zu achten, dass beispielsweise eine Wohngemeinschaft zur übrigen Mieterschaft im Haus passt. 

Konflikte unter Nachbarn sind unvermeidbar. Wie gehen Sie vor, wenn sich ein Mieter deswegen bei Ihnen meldet?
Ich stelle fest, dass Mietende bei Unstimmigkeiten leider das direkte Gespräch immer weniger suchen und sich sofort bei uns melden. Wir sehen uns in solchen Fällen in erster Linie als Vermittler, bevor wir für die eine oder andere Partei Position beziehen und entscheiden. 

Wenn Sie eine Liegenschaft teilsanieren und die Mietenden in ihrer Wohnung bleiben können: Wie hoch ist während der Umbauzeit die Mietzinsreduktion?
Die Reduktion hängt von der Dauer und Höhe der Beeinträchtigung ab. Wir reduzieren den Mietzins meist erst nach dem Umbau, um genau beziffern zu können, auf welche Leistungen die Mietenden verzichten mussten. 

In welchen Fällen kündigen Sie das Mietverhältnis?
Zum Beispiel bei einer Totalsanierung, während der eine Bewohnbarkeit  nicht zugemutet werden kann. Ein weiterer Grund ist Zahlungsunfähigkeit. Wir senden beim ersten offenstehenden Mietzins eine Kündigungsandrohung. Wenn die gesetzte Frist von 30 Tagen nicht genutzt wird – und da sind wir bereits bei zwei ausstehenden Mietzinsen – kündigen wir das Mietverhältnis auf das nächstmögliche Monatsende. Leider stellen wir fest, dass die Zahlungsmoral tendenziell nachlässt. 

1998

wurde für Neubauten
die verbrauchsabhängige
Abrechnung per Gesetz eingeführt.

Wie viele Nachmieter muss ein ­Mieter bei einer ausserterminlichen Kündigung vorschlagen? 
Die Kündigungsfristen sind im Mietvertrag festgehalten. Wenn diese Fristen nicht eingehalten werden können, muss der Mieter einen solventen und zumutbaren Nachmieter vorschlagen.­Aber erst wenn das neue Mietverhältnis zustande kommt, ist der Vormieter aus dem Vertrag entlassen.

Was gehört zu den Nebenkosten?

Zu den Nebenkosten zählen ausschliesslich Kosten, die mit dem Gebrauch der Mietsache im Zusammenhang stehen. Beispiele:

  • Heizungs- und Warmwasserkosten
  • Hauswartungskosten
  • Kosten der Gartenpflege
  • Wasser- und Abwassergebühren
  • Kabel-TV-Gebühren
  • Kosten für den Allgemeinstrom
  • Kosten für das Aufzugs-Serviceabonnement

Mietende müssen Nebenkosten nur bezahlen, wenn diese im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart worden sind. Sind keine Nebenkosten aufgeführt, so gehen Gesetz und Rechts­prechung davon aus, dass diese mit dem Mietzins abgegolten sind. 

Quelle und weitere Infos: 
Hauseigentümerverband Schweiz, hev-schweiz.ch

PERSÖNLICH

Ramona Rolli wurde 1995 geboren und wuchs in Oberdiessbach auf. Nach der Lehre als Kauffrau EFZ bei der Von Graffenried AG Liegenschaften absolvierte sie die Weiterbildung zur Immobilienbewirtschafterin mit eidg. Fachausweis. Heute ist sie Teamleiterin Wohnhäuser bei Von Graffenried AG Liegenschaften. Ramona Rolli ist ledig und lebt in Oberdiessbach in einer Mietwohnung.

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