Seit Januar 2023 ist das neue Schweizer Erbrecht in Kraft. Mit den neuen Bestimmungen können die Erblasser jetzt flexibler und selbstbestimmter entscheiden, wer wieviel ihres Nachlasses erhalten soll.
«Die wichtigste Änderung ist das Pflichtteilsrecht.» Christoph Zubler, Rechtsanwalt und Notar (SO) bei von Graffenried Recht, bringt es gleich auf den Punkt. «Der Pflichtteil der Eltern wurde komplett gestrichen und derjenige der Kinder von drei Viertel auf die Hälfte reduziert. Der Erblasser, die Erblasserin hat nun einen grösseren Spielraum und kann vom Vermögen mehr nach eigenem Ermessen verteilen.»
Neue Formen des Zusammenlebens
In der heutigen Gesellschaft werden zunehmend auch andere Lebensformen als die klassische Ehe praktiziert, viele leben im Konkubinat oder als Patchwork-Familien zusammen. «Diese Menschen müssen wissen», mahnt Zubler, «dass für solche Lebensentwürfe das Erbrecht nicht bzw. nur teilweise passt. Sie brauchen zwingend ein Testament oder einen Erbvertrag, wenn sie ihre Partnerin, ihren Partner begünstigen wollen.» Der erfahrene Jurist macht auf einen weiteren wichtigen Punkt aufmerksam. «Regelungen, die jemand per Testament oder Erbvertrag macht, widerspiegeln die Vorstellungen und Bedürfnisse immer nur zu einem bestimmten Zeitpunkt. Alle fünf bis zehn Jahre sollte man die Regelungen prüfen und schauen, ob sie noch auf die aktuelle Lebenssituation passen. Zudem sollten sich alle, die eine Regelung noch unter altem Erbrecht, also vor Anfang 2023 machten, von einer Fachperson – Notarin oder Anwalt – beraten lassen, um sicher zu gehen, dass alles noch ihren heutigen Bedürfnissen entspricht.»