Die beiden Berner Kirchgemeinden Johannes und Markus werden zur evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Bern-Nord fusioniert. Die Markuskirche, der eine umfassende Sanierung bevorsteht, wird zwischenzeitlich fremdgenutzt. Pfarrer Andreas Abebe und Ernst Steiner, Führungsunterstützung, erzählen von den Zwischennutzungen und verraten Zukunftspläne.

Am 21. August 2024 werden die beiden Kirchgemeindeversammlungen Johannes und Markus gleichzeitig über die Fusion der beiden Kirchgemeinden abstimmen. Ihre Prognose?
Andreas Abebe: Wir gehen davon aus, dass dieser Fusion zugestimmt wird.
Ernst Steiner: Vor zwei Jahren wurde schon darüber abgestimmt, dass wir das Fusionsprojekt angehen können und wir erhielten den klaren Auftrag dafür. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich.
Warum diese Fusion?
Steiner: Auch in unseren Kirchgemeinden haben wir zahlreiche Austritte zu beklagen. Die grosse Kirchendichte in den Quartieren ergibt heute wenig Sinn. Es geht nun darum, mit vereinten Kräften zu arbeiten und die Synergien untereinander zu nutzen.
Abebe: Der Mitgliederrückgang betrifft nicht nur unser Nordquartier, sondern die ganze Stadt. Er gab den Anstoss zu den laufenden Fusionsverhandlungen für eine einzige Kirchgemeinde in Bern. Gleichzeitig wurde eine Liegenschaftsstrategie erarbeitet, wo es darum geht, die Immobilienausgaben zu halbieren. Das heisst: Gebäude gewinnbringend abzugeben oder anders zu nutzen.
Steiner: Sobald wir aus der Johanneskirche ausziehen, geben wir die Kirche und das Kirchgemeindehaus zurück an die Gesamtkirchgemeinde Bern. Es ist zurzeit noch offen, was dereinst mit diesen Gebäuden geschieht; entsprechende Verhandlungen sind im Gang.
Wie wird die Markus-Kirche zurzeit genutzt?
Steiner: Die Markuskirche und das dazugehörende Kirchgemeindehaus sollen saniert werden, da sie nicht mehr den heutigen energetischen und sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen. Wir gingen davon aus, dass mit dem Bau im Januar 2024 begonnen werden kann. Wegen einer hängigen Einsprache gibt es aber Verzögerungen. Daher entschieden wir uns für eine Zwischennutzung, zuerst mit einem Pop-up-Restaurant. Mitte Juli 2024 ist die Zwischennutzung 2 zu Ende gegangen mit einer Bauzeichnerklasse der Berufsfachschule Bern gibb und mit Architekturstudierenden der Berner Fachhochschule. Parallel dazu wurde am Wochenende eine privat betriebene Bar geführt und es fanden einige kulturelle Angebote aus der Kleinkunstszene statt.
Gibt es eine weitere Zwischennutzung?
Steiner: Die dritte Zwischennutzung, welche bis Januar 2025 dauern wird, ist noch in Planung. Vorgesehen sind verschiedene Kulturanlässe und ein Indoor-Spielplatz für Kinder. Als Experiment werden wir einige spezielle Gottesdienstformen durchführen.
Wie wurde diese Fremdnutzung von der Bevölkerung aufgenommen?
Abebe: Für uns stellen die Zwischennutzungen eine Testphase für die künftige multifunktionale Nutzung dieser Räumlichkeiten dar. Bei der Mehrheit der Bevölkerung stiess vor allem das Restaurant auf grosse Begeisterung. Wir durften jeden Abend bis zu 250 Gäste begrüssen.
Konnten Sie sich als Pfarrer mit dieser für Sie ungewohnten Umnutzung anfreunden?
Abebe: Es ist ein eingeengtes Bild einer Kirche, dass dort nur Gottesdienste stattfinden sollen. Ich betreibe seit 20 Jahren regelmässig in der Markuskirche ein Kirchenkino, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich habe also keine Mühe damit.
Wie wird das Zentrum Bern-Nord nach der Sanierung genutzt?
Steiner: Das Markus-Areal hat viel Grünfläche und einen grossen Vorplatz rund um die Kirche, das Kirchgemeindehaus und das Pfarrhaus. Es soll ein Erlebnisort werden und zwar nicht bloss für den Kirchgang. Es soll ein «dritter Ort» werden, ein Ort ausserhalb von Familie, Schule und Beruf. Im Kirchgemeindehaus wird ein Bistro beheimatet sein. Auch der Kirchenraum selber soll nicht nur für den Gottesdienst genutzt werden, sondern auch für Fremdnutzungen geöffnet werden, wie wir sie nun in den Zwischennutzungen haben. Im Turm wird es einen ruhigen Raum mit Kerzenlicht geben für die stille Einkehr, wenn die anderen Räume besetzt sind.
Wird man in der Kirche künftig auch wohnen können?
(Lacht) Abebe: Nein, aber wir möchten mit der künftigen Nutzung ein heimatliches Wohngefühl vermitteln. Wir liebäugeln auch mit entsprechenden Einrichtungsgegenständen wie Sofas, Sesseln usw. Wir sprechen vom «Wohnzimmer des Quartiers» und breiten die Arme weit aus für die Quartierbevölkerung. Wir wollen zusammen mit den bestehenden Institutionen ein niederschwelliges Zentrum werden. Die Kirche, welche zusammen mit dem Quartier unterwegs ist, soll neu erlebt werden können.