Ende Jahr ging im Fechtclub Bern eine Ära zu Ende. Fechtmeister Maître Gabriel Nielaba gab die Betreuung der Spitzenfechter an die ehemalige Weltnummer 1 ab, den Venezolaner Silvio Fernandez, der ihn seit acht Jahren tatkräftig unterstützt. Doch untätig wird Nielaba auch in Zukunft nicht sein. Zweimal wöchentlich trifft man ihn weiterhin im Fechtclub an. Er trainiert den Nachwuchs und die Senioren.
Seit seinem Wechsel im Jahr 1986 in die berühmteste Fecht-Akademie der Welt, den Fechtclub Tauberbischofsheim, ist Gabriel Nielaba ein erfolgreicher und allseits geschätzter Trainer. In Tauberbischofsheim traf er auf den legendären Emil Beck, den Mann, der den Fechtsport in Deutschland gross gemacht hat und bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2000 mit von ihm betreuten Fechterinnen und Fechtern an Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaft zahlreiche Medaillen sammelte. «Seit dem Rücktritt Emil Becks im Jahr 2000 haben die Fechter in Tauberbischofsheim nie mehr das Niveau erreicht, das sie unter dem wohl weltbesten Trainer erreicht hatten. Olympiasieger, Welt- und Europameister wurden unter seiner Regie geformt, von all dem ist leider nicht mehr viel übriggeblieben», bedauert Nielaba den Niedergang der einst erfolgreichsten Fecht-Akademie.
Ein Leben für den Fechtsport
Spricht Gabriel Nielaba vom Fechtsport, glänzen seine Augen. Der Fechtclub Bern ist in den letzten 25 Jahren zu seiner Heimat geworden, hier hat er beinahe so viel Zeit verbracht, wie in seinem Heim mit seiner Ehefrau, der Künstlerin Martina Spanowicz-NIelaba, die demnächst in Worb die Kunst-Galerie Nielaba eröffnen wird. Vor rund 25 Jahren trat er die Nachfolge seines Vaters Henryk an, der zuvor während rund 20 Jahren die besten Berner Fechter trainiert hatte, unter anderen die beiden zweifachen Olympia-Medaillengewinner Daniel Giger und Christian Kauter. Vater Henryk, der heute 91-jährig ist und immer noch in Bern lebt, hatte einst im Fechtclub Bern die erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte eingeleitet.
Mit 18 polnischer Meister
Gabriel Nielaba, wie sein Vater ein erfolgreicher Fechter, wurde bereits mit 18 Jahren polnischer Meister, erreichte Spitzenplätze an Weltcupturnieren und war als Coach erfolgreich mit Elite-Fechtern wie den Söhnen von Christian Kauter, Fabian und Michael, ebenfalls beide Olympioniken, der Olympia-Silbermedaillengewinnerin Gianna Hablützel-Bürki oder der modernen Fünfkämpferin Anna Jurt, die bei Olympia in Paris Rang 11 belegte. Bereits während seiner Tätigkeit in Tauberbischofsheim kümmerte
sich Nielaba neben den Spitzenfechterinnen und Spitzenfechtern auch um die im Rollstuhl sitzenden Aktiven. Bei Para-Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften gewannen vom ihn betreute Athletinnen und Athleten gleich dutzendweise Medaillen. Auch im Fechtclub Bern betreut Nielaba mit Fred de Oliveira einen äusserst motivierten und ehrgeizigen Athleten, dessen Traum, an Para-Olympischen Spielen teilzunehmen, weder in Tokio noch in Paris in Erfüllung gegangen ist. Dies ärgert seinen Förderer Gabriel Nielaba.
Nur wer mental stark
und überzeugt ist, gewinnen zu können, kann erfolgreich sein.Gabriel Nielaba
«Ich habe mich beim Verband Swiss Fencing und auch bei Swiss Olympic dafür eingesetzt, dass de Oliveira für Europa- und Weltmeisterschaften selektioniert wird, aber leider blieben meine Bemühungen erfolglos», sagt Nielaba enttäuscht und auch immer noch verärgert. Besserung erhofft er sich durch die Tatsache, dass im Mai mit Max Heinzer ein Mann, der den Fechtsport durch seine jahrelange aktive Tätigkeit auf höchstem Niveau bestens kennt, an die Spitze des Verbands gewählt worden ist, der die Bedeutung des Para-Fechtsports besser einzuschätzen weiss.
Optimale Nachfolge
Gabriel Nielaba, der als Vizepräsident, Nachwuchs- und Seniorentrainer weiterhin im Verein aktiv bleiben wird, ist froh, dass der seit acht Jahren im FC Bern tätige Venezolaner Silvio Fernandez seine Nachfolge antreten wird. Die ehemalige Weltnummer 1, vierfacher Teilnehmer an Olympischen Spielen, kennt nicht nur den Club und die Akteure, sondern ist mit seinem profunden Wissen, auch Garant, dass die Arbeit, die Vater und Sohn Nielaba während 45 Jahren vorgelebt haben, in ihrem Sinne weitergeführt wird. Fernandez, 2007 Sieger am Grand Prix von Bern, und Gabriel Nielaba kennen und schätzen sich seit langem, Nielaba bereitete den mit Sophie Lamon, der Olympia-Silbermedaillengewinnerin von Sydney 2000 verheirateten Venezolaner zweimal auf Olympische Spiele vor.
«Man weiss nie, was kommt»
«Das Faszinierende am Fechtsport ist, dass man nie weiss, was kommt. Es gilt, Entscheidungen in Sekundenbruchteilen zu fällen. Die Kraft und die Motivation, sich durchzusetzen, ist entscheidend für den Erfolg. Nur wer mental stark und überzeugt ist, gewinnen zu können, kann erfolgreich sein», antwortet Gabriel Nielaba auf die Frage, was für ihn Fechtsport so einzigartig mache und ergänzt, «dass Fechten auch für die persönliche Weiterentwicklung eines Sportlers sehr wertvoll ist.»
Foto: Pierre Benoit