FLOORBALL KÖNIZ

Der Zauberer mit Stock und Ball

Jan Zaugg (27) kann ganze Hallen in Staunen versetzen. Privat aber ist er ein ruhiger Typ, einer, der im Hintergrund arbeitet und Sport über alles liebt. Ein Besuch an seinem Arbeitsort und ein Gespräch über Schweden, das Unihockey und Zukunftsträume.

Jan Zaugg gehört im Schweizer Unihockey zu jenen Spielertypen, die ganze Defensivreihen aus dem Takt bringen können. Gesegnet mit einem aussergewöhnlichen Gefühl für den Ball und einer beinahe tänzerischen Technik, wirbelt er über das Spielfeld, als gäbe es keine Schwerkraft. Man schaut ihm zu, sieht, was er macht – aber fragt sich danach: Wie genau war das möglich?

Es wirkt, als würde der Ball an seinem Stock kleben, während er sich mühelos um Gegner herumdreht. «Was Jan mit dem Ball macht, ist crazy», sagt Tom Winter. Manchmal scheint es, als ob er und das Spielgerät verschmelzen. Winter: «Er ist eine Ausnahmeerscheinung.» Da spricht der Fan aus dem CEO der Bernexpo Group, der ehrenamtlich im Vorstand von Floorball Köniz tätig ist. 

Die Playoff-Statistik untermauert seine Worte: Bezüglich Skorerpunkten können nur die beiden Zug-Skandinavier Albin Sjögren (25 Skorerpunkte) und Miko Kailiala (24 Punkte) mit Zaugg (24 Punkte) mithalten. «Ich identifiziere mich nicht über Skorerpunkte», sagt Zaugg derweil. Es laufe dem Team insgesamt besser als in der regulären Saison – das wirke sich automatisch auf seine Werte aus. 

Der Sport – und dann lange nichts
Es ist Nachmittag, wir sitzen hinter der grossen Halle der Bernexpo an einem Tisch in der Sonne. Hier arbeitet Zaugg an drei Tagen pro Woche. Immer dienstags bis donnerstags, dann hat er vier Tage frei. Vier Tage, um sich voll auf den Sport zu konzentrieren. So sehr ihm sein Job im Marketingteam der Bernexpo auch gefällt – an erster Stelle steht der Sport. Oberste Priorität geniesst das Unihockey. 

Aber Jan Zauggs sportlicher Horizont geht über die Turnhalle hinaus. Er spielt Tennis (auf R4-Niveau), Golf (momentanes Handicap 5,7) und war in jungen Jahren auch in den Auswahlen von YB. Mit 12 Jahren musste er sich entscheiden; er wählte das Unihockey. Ohne Nachfrage wäre er nicht darauf zu sprechen gekommen. Jan Zaugg ist kein Lautsprecher, aber mit Stock und Ball lässt er manchmal ganze Hallen mit offenem Mund zurück. 

Zum Unihockey kam Jan durch seinen drei Jahre älteren Bruder Sven. Er war sechsjährig als er erstmals mit Sven in ein Training von Voodoo Köniz spazierte. Anfangs durfte er nur mittrainieren; er war mit Abstand der Jüngste. «Da hat es angefangen. Wir haben jeden Tag draussen Unihockey gespielt; ich konnte kaum genug kriegen», erinnert er sich. «Ich habe mich genervt, wenn ich an einem Tag kein Training hatte.»

Rookie der Saison in Schweden
Schnell wird sein aussergewöhnliches Talent erkannt und er wechselt zu Floorball Köniz Bern (FBK). Er schafft den Sprung an den Sportgymer Hofwil in Münchenbuchsee, macht die Matura. Danach setzt er ein Jahr voll auf Unihockey. Im zweiten Jahr jobbt er mit einem Pensum von 30 Prozent bei einem FBK-Sponsor. Zuoberst steht immer das Unihockey. 

Schon mit 20 Jahren macht er sein erstes Länderspiel für die Schweiz. Sein Talent ebnet ihm den Weg nach Schweden. Mit 21 wechselt er zu Mullsjö AIS in die beste Unihockey-Liga der Welt. Er hatte Anfragen von mehreren Vereinen, entschied sich aber für jenen, bei dem mit Tim Braillard ein anderer Schweizer spielte, ein Nati-Kollege, der vom südschwedischen Verein nur Gutes zu erzählen wusste. 

Braillard wird zum Mentor, hilft Jan Zaugg bei den für ihn neuen Herausforderungen des Alltags. Erstmals lebt Jan allein, muss neben dem Unihockey einen Haushalt schmeissen, büffelt schwedisch und arbeitet daneben als Hilfslehrer an einer Schule. 

Die Corona-Pandemie beendet sein erstes Meisterschaftsjahr in Schweden mitten in den Playoffs. Jan Zaugg wird zum Aufsteiger der Saison gewählt. In Sachen Unihockey habe er in Schweden «wahnsinnig profitiert». Mehr Trainings, mehr Qualität, mehr Intensität, mehr Bedeutung – so fasst er es zusammen. 

«Schweden war auf der Verbannten-Liste»
Im zweiten Jahr steht er mit Mullsjö kurz vor einer Sensation: Gegen Storvreta IBK lagen sie im Playoff-Halbfinal mit 2:1 vorne, ehe sie dreimal in Serie verloren, die letzten beiden Partien in der Verlängerung und im Penaltyschiessen. Dazu muss man wissen: Seit 2010 hiess der schwedische Unihockey-Meister entweder Storvreta oder Falun. 

Trotz des Erfolges kehrt Jan Zaugg im Sommer 2021 in die Schweiz zurück. «Schweden ging mit der Pandemie sehr liberal um. Aber bei den Spielen hatten wir trotzdem keine Zuschauer», erinnert sich Zaugg. Und das in einem Land, das für Unihockey brennt und  wo die Hallen sonst gefüllt sind. Dazu kam: «Ich war von Familie und Freunden abgeschnitten. Schweden war auf der Verbannten-Liste, alle hätten ewig in Quarantäne gemusst, hätten sie mich besucht.»

Zurück in der Schweiz spielt er wieder für seinen Jugendverein Floorball Köniz Bern. Schon kurz nach seiner Rückkehr macht er ein einjähriges Praktikum bei der Bernexpo. Danach wird er zu 60 Prozent festangestellt. Er arbeitet im Hintergrund, analysiert Kundendaten, wertet Marketing-Kampagnen aus, hilft bei der Automatisierung der Prozesse. Tom Winter sagt: «Ähnlich wie in der Sporthalle, veredelt Jan bei uns im Datenbereich Kontakte und Umfragen und macht aus halben Vorlagen ganze Erfolge.»

Traum vom Cupfinal in neuer Bernexpo-Halle
In der Playoff-Halbfinalserie liegt FBK gegen die Langnau Tigers nach zwei 6:7-Heimpleiten mit 1:3 hinten. Zaugg stellt fest: «Sie sind gut darin, unsere Schwächephasen auszunützen.» Aber er ist überzeugt: Wenn FBK es schafft, das höchste Niveau abzurufen, dann könne Köniz diese Serie noch drehen. Ja, sogar der Titel sei möglich, ist Zaugg überzeugt. So wichtig der Sport noch immer ist, im Sommer wird Jan Zaugg 28-jährig. Er beschäftigt sich mit seiner Zukunft. Ein Studium reizt ihn nicht wirklich. Sein Job gefällt ihm, er sei in einem tollen Team. Und: «Es ist wahnsinnig spannend, was hier alles passiert, all die unterschiedlichen Welten, in die ich rein sehe. Das wird mit der neuen Festhalle noch extremer.» 

Bevor der Sport in den Hintergrund rückt, möchte er aber noch Meister werden. Wenn nicht diese Saison, dann nächste. Und er träumt von einem Cupfinal in der neuen Festhalle. Dem Vernehmen nach sind die diesbezüglichen Verhandlungen mit Swiss Unihockey weit fortgeschritten. Es wäre quasi ein Cupfinal in Jans Reich. 

Foto: Daniel Zaugg

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