Filip Ugrinic ist das Perpetuum Mobile bei YB

«Die Meisterschaft wird noch sehr spannend»

Filip Ugrinics Vertrag bei den Young Boys läuft noch bis 2026. Fotos: BSC YB

Der Saisonstart ist Serienmeister YB nicht nach Wunsch gelungen. Zu viele Niederlagen, zu viele Gegentore, zahlreiche Verletzte, eine Trainerentlassung – nein, so hat man sich im erfolgsverwöhnten Wankdorf den Auftakt in die Saison nicht gewünscht. Im Titelkampf beträgt der Rückstand auf die Spitzenteams neun Punkte – die Aufholjagd muss bald beginnen, soll der Meisterbecher wieder in Bern in die Höhe gestemmt werden.

«Wenn niemand an uns glaubt, motiviert mich das noch bedeutend mehr», sagt Filip Ugrinic zur derzeitigen YB-Tabellenlage. Er jedenfalls hat den Titel noch nicht abgeschrieben – im Gegenteil, er brennt darauf, den Rückstand zu verkleinern und am Schluss erneut als Meister zu feiern. Einer, der wenigen YB-Spieler, der bisher nicht kritisiert wurde, ist Filip Ugrinic – im Gegenteil. Er wurde soeben von der Swiss Football League als einer von drei Spielern für den Titel «Bester Super-League-Spieler des Jahres 2024» nominiert und von Nationalcoach Murat Yakin für die letzten Länderspiele in der Nations League aufgeboten.

Er läuft und läuft und läuft
Seit Jahren tragen Spitzen-Fussballer in den Trainings und den Spielen einen sogenannten Tracker. Coaches, Fitness-Trainer und alle Personen, die sich mit der Form und dem Fitness-Stand der Spieler befassen, haben so Zugriff auf die erhobenen Daten. Verschiedene Sensoren messen individuell die Bewegungen und Positionen im Spielverlauf. Die Zahlen geben Auskunft über Laufdistanz, Geschwindigkeit, Sprints und Aktivität im Spiel. Für Filip Ugrinic ist dies kein Problem. Er ist einer der Spieler mit den besten Werten, wer die YB-Spiele verfolgt, erkennt das mit blossem Auge. Was Günter Netzer, den genialen, aber ebenso lauffaulen Regisseur im fünffachen Meisterteam der Siebzigerjahre von Borussia Mönchengladbach wohl wie die Pest gehasst hätte, stört Ugrinic nicht. Seine Werte sind beeindruckend und wohl auch Grund dafür, dass er stets in der Startformation steht und höchstens dann ausgewechselt wird, wenn eine Partie vorzeitig entschieden ist.

Wenn niemand an
uns glaubt, motiviert mich das

noch bedeutend mehr.

Filip Ugrinic 

Einst Fan von Roter Stern
Als kleiner Knabe erhielt Filip Ugrinic, dessen Eltern aus dem 230 Kilometer südlich der Hauptstadt Belgrad liegenden 6000-Seelen-Dorf Aleksandrovac stammen, ein Dress von Roter Stern geschenkt. Klar, dass der junge Fussballer Fan des Serienmeisters wurde. Sein Vater, ebenfalls Fussballer, war auch verantwortlich, dass Sohn Filip mit dem linken Fuss genauso stark ist wie mit dem Rechten. Er impfte ihm ein, in den Trainings keinen Unterschied zwischen links und rechts zu machen. Der Zufall wollte es, dass YB in der Champions League bereits zum zweiten Mal auf Roter Stern traf – für Filip Ugrinic eine spezielle Paarung. «Ein Dutzend Verwandte reisten zum Spiel an, sahen die Partie live, für mich war das wirklich eine spezielle Partie», sagt Ugrinic rückblickend. Und nicht nur das: Die Verwandtschaft sah im Stadion Rajko Mitic auch Ugrinics Ausgleichstor zum zwischenzeitichen 1:1. Mit 2:2 in Belgrad und einem 2:0 im Wankdorf gewann YB vier Punkte. Am 29. Januar kommt es in Bern zum erneuten Aufeinandertreffen der beiden Vereine.

Der wichtige Abstecher nach Holland
Das Zwischenjahr in Holland, das Filip Ugrinic in der holländischen Eredivisie beim FC Emmen absolvierte, bezeichnet er heute als wichtigen Meilenstein in seiner Karriere. «Ich war erstmals weg von zu Hause, landete an einem Ort, den ich vorher ebenso wenig kannte wie die holländische Sprache, ich war auf mich allein gestellt – es wurde eine wichtige Erfahrung in meiner Karriere.» Nach der Rückkehr nach Luzern wurde «Fico», wie er von seinen Kollegen genannt wird, in Luzern zum Schlüsselspieler. Nach Gesprächen mit Sportchef Remo Meyer und dem damaligen FCL-Trainer Fabio Celestini schlug Ugrinic ein Angebot von Servette aus und landete nach einem Cupsieg mit dem FC Luzern schliesslich bei den Young Boys. Gespräche mit Fabian Lustenberger und Miralem Sulejmani hatten ihn überzeugt, dass YB die richtige Adresse für seine weitere Karriere ist. Und jetzt, wie geht es weiter? Ugrinics Vertrag bei YB läuft noch bis 2026, «dann schauen wir weiter», nach so langer Zeit in der Super League kann sich der Innerschweizer einen Wechsel in eine grosse Liga vorstellen. Nationalspieler, bald vielleicht «Super-League-Spieler des Jahres», an Interessenten wird es bestimmt nicht fehlen.

Das Treffen mit Djokovic
Gespräche mit Filip Ugrinic sind spannend und unterhaltsam. Fragen beantwortet er schnell und präzis, ohne vor jedem Wort ein «mega» oder «ja» einzuschieben, wie sich das bei vielen Fussballern eingebürgert hat. Doch einmal hat es auch ihm die Sprache verschlagen. In Genf, nach einem Spiel gegen Servette, hatte er zusammen mit Darian Males (auch er hat serbische Wurzeln), die Gelegenheit, mit Novak Djokovic zu plaudern, der nach dem Champions-League-Spiel in Belgrad YB zum zweiten Mal innert kurzer Zeit live im Stade de Genève verfolgte. In Genf weilt Djokovic hin und wieder, denn seine Cousine ist mit Servette-Mittelfeldspieler Timothé Cognat verheiratet. «Er war so locker und bescheiden, plauderte mit uns während gut einer Viertelstunde. Kurz nachdem wir uns verabschiedet hatten, kamen mir hundert Fragen in den Sinn, doch während des Treffens hat es mir die Sprache verschlagen», sagt Ugrinic mit einem Lachen.

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PERSÖNLICH

Filip Ugrinic wurde am 5. Januar 1999 in Luzern geboren. Seine Karrie­re begann als Siebenjähriger beim FC Kickers Luzern. 2010 wechselte er zum FC Luzern, wo er mit einem Jahr Unterbruch 2020/21 beim FC Emmen (Niederlande) bis 2022 blieb. Auf Beginn der Saison 2022/23 wechselte er zu YB, wo er einen Vertrag bis 2026 besitzt. Ab U18 bis U21 spielte er für alle Schweizer Nachwuchs-Nationalteams. In diesem Jahr debütierte er in der A-Nationalmannschaft (bisher 2 Spiele). Er wurde zweimal Cupsieger (2021 mit Luzern und 2023 mit YB). Zwei Meistertitel mit YB (2023 und 2024). Ugrinic ist Doppelbürger (Schweiz/Serbien).

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