Thierry Bollin hat es geschafft: Der Schwimmer des SK Bern wird an den Olympischen Spielen in Paris an den Start gehen. Die Olympia-Qualifikation schaffte der Berner an den Schweizermeisterschaften in Uster, wo er im Vorlauf die geforderte Zeit in 53,67 um sieben Hunderstelsekunden unterbot.
«Nach dem Rennen war ich total überwältigt. Ich wollte dieses Ziel, das ich schon so oft knapp verpasst hatte, unter allen Umständen erreichen. Ein Traum ging in Erfüllung. Ich lieferte ein perfektes Rennen, bin hochzufrieden, denn mit dem Unterbieten der Limite ist auch ein grosser Druck von mir gefallen», so der 24-Jährige, der sich fortan Olympionike nennen darf.
Nach Eva Gysling, die dreimal bei Olympia dabei war (1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona) ist Thierry Bollin 32 Jahre danach der erste Schwimmer aus den Reihen des Schwimmklubs Bern, dem es gelang, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.
«Es war wie verhext. Ich habe die letzten Olympischen Spiele in Tokio verpasst. Ich habe es damals zwar versucht, war aber nie überzeugt, dass ich es schaffen kann. Auch diesmal scheiterte ich vor den Schweizermeisterschaften in Uster einige Male nur sehr knapp. In Luxemburg schlug ich beispielsweise bei 53,9 Sekunden an, umso schöner, dass es jetzt geklappt hat. Irgendwie ist das Ganze für mich noch surreal, doch die Erleichterung ist gross», so der Wirtschaftsstudent. Bereits an den Europameisterschaften im Vorjahr hatte Bollin nach mehreren Medaillengewinnen an Nachwuchsmeisterschaften international auf sich aufmerksam gemacht. An den Europameisterschaften im rumänischen Otopeni, einem Vorort von Bukarest, holte er sich über 50 m Rücken Bronze. Falls es in Uster nicht gereicht hätte, wären einige weitere Rennen geplant gewesen, um den geforderten Grenzwert zu erreichen. Sicher ist jetzt die Teilnahme an den Europameisterschaften im Juni in der serbischen Hauptstadt Belgrad, alles weitere wird Bollin in den nächsten Tagen und Wochen mit seinem Trainer Matthias Kage besprechen.
Ziel Halbfinal
Die Leistungsdichte im Schwimmen und namentlich in den Rückendisziplinen ist sehr eng. Zeitverbesserungen sind nicht in Zehntel-, sondern nur in Hundertstelsekunden möglich. Weltrekordhalter in Bollins Paradedisziplin 100 m Rücken ist der Italiener Thomas Ceccon (51,60), da liegt Bollin momentan noch gut zwei Sekunden zurück. «Ich hoffe, in den nächsten Wochen noch näher
zu kommen», sagt der Berner, doch er ist auch realistisch genug, abzuschätzen, was in Paris auf ihn zukommt. «Die Ausgangslage hat sich für mich geändert. Der Druck mit der Limite ist weg, ich habe keinen Stress und kann mich voll und ganz auf die Vorbereitung konzentrieren. Mein Ziel ist es, den Halbfinal zu erreichen.» Thierry Bollin wird bereits zwei Wochen vor seinem ersten Wettkampf, der am Sonntag, 28. Juli um 11 Uhr gestartet wird, in Paris anreisen. «Ich werde vorher trainieren, andere Wettkämpfe verfolgen und Paris anschauen.»
Vorbereitung in Bern
Bis zu seiner Abreise wird Thierry Bollin sein umfangreiches Vorbereitungsprogramm in Bern in der neuen Schwimmhalle im Neufeld absolvieren. Die Probleme mit der Luftqualität, den verfärbten Startblocks und WC-Wänden sowie den Ablagerungen an den Beckenrändern, die schon kurz nach Eröffnung für negative Schlagzeilen sorgten, sollen behoben sein. «Nach der Eröffnung musste ich einige Male das Training abbrechen, irgendwie gab es aufgrund der Luftqualität Probleme mit der Lunge. Doch jetzt ist alles gut. Ich trainiere jeden Vormittag während rund eineinhalb Stunden im Wasser, einmal hart und dann wieder locker, daneben steht auch dreimal wöchentlich ein Krafttraining auf dem Programm», sagt der erfolgreichste Aktive des SK Bern.
Durch Zufall Schwimmer
Zum Schwimmen kam Thierry Bollin durch Zufall. Weil ein Schulkollege nicht allein zum Schwimmunterricht gehen wollte, begleitete ihn Thierry und war sofort begeistert. Damals siebenjährig, bestritt er schon bald Wettkämpfe und trainierte zwei Mal wöchentlich. Heute sieht das Pensum anders aus. Sein Trainer Matthias Kage, Cheftrainer im SKBE, ist ein Perfektionist und fordert viel.