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Beinahe schon wieder wie vor der Pandemie

Beim 41. Grand-Prix von Bern wird es am Samstag im Kampf um den Tagessieg einmal mehr zu einem Duell auf Weltklasse-Niveau kommen. Der dreifache GP-Sieger Abraham Tadesse wird von Dominic Lokinyomo Lobalu gefordert.

Matthias Aebischer, seit 2011 OK-Präsident des grössten Laufevents in der Schweiz, freut sich auf dieses Duell, aber noch auf vieles mehr. «Hätte mir jemand vor drei Jahren versprochen, dass wir heuer wieder über 25 000 Teilnehmende melden dürfen – ich hätte sofort unterschrieben», sagt Aebischer mit einem Strahlen im Gesicht. Die Beliebtheit in der Breite freut ihn genauso wie die Tatsache, dass sich Läufer auf Weltklasse­niveau gemeldet haben. Unvergessen der Rekordlauf des Kenianers Geoffrey Kamworor, der vor vier Jahren über das Altstadtpflaster flog und das Ziel nach 16,09 km in unglaublichen 44:56,2 erreichte.
«Dass sich mehr als 25 000 Läuferinnen und Läufer gemeldet haben, beweist, dass die Leute wieder laufen und sich bewegen wollen», sagt der umtriebige Präsident des Anlasses und ist auch begeistert, «dass wir seit Jahren keine Negativ-Botschaften erhalten. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv, bei uns gibt es weder Nörgeler noch Dauer-Frustrierte. Wer sich bei uns anmeldet und einen der im Angebot stehenden Läufe bestreitet, tut dies mit Begeisterung und Freude.»

Wird Markus Ryffel eingeholt?
Abraham Tadesse ist bei den treuen Besucherinnern und Besuchern des GP von Bern – und das sind regelmässig um die 100 000 – kein Unbekannter. Er ist dreifacher Sieger (2005, 2014 und 2015) und hat im Fall eines neuerlichen Siegs die Chance, mit dem vierfachen Gewinner Markus Ryffel gleichzuziehen. Ein Mann allerdings will dem Doppelbürger (Schweiz/Eritrea) und zweifachen Europameister die Siegessuppe versalzen – ein Läufer mit einer ganz besonderen Lebensgeschichte. Das Magazin aus dem Hause Tamedia dokumentierte kürzlich in einem höchst interessanten Artikel die Lebensgeschichte des Weltklasse-Leichtathleten Dominic Lobalu. Im Südsudan, in Chukudum, aufgewachsen, flüchtete er, nachdem seine Eltern im Bürgerkrieg erschossen worden waren, achtjährig nach Kakuma in Kenia, im Jahr 2008. Nach vielen Jahren in Nairobi kam er schliesslich mit einem aus Flüchtlingen zusammengestellten Team an einen Wettkampf nach Genf, wo er sich entschied, zu bleiben. Dies geschah im Mai 2019. Der weitere Weg in der Schweiz führte ihn in ein Integrationszentrum in Ennetbühl im Toggenburg, wo sein grosses Talent erkannt und gefördert wurde. Seither hat er unter anderem das 3000-m-Rennen am Diamond League-Meeting in Stockholm gewonnen und bei Weltklasse Zürich über 5000 m Rang 2 belegt. Die Krux an der Geschichte: Lobalu kann weder an Weltmeisterschaften noch an Olympischen Spielen teilnehmen, obwohl er zweifellos die Qualität besitzt, um die Medaillen zu laufen. Als Geflüchteter besitzt er keinen Pass.

Glücklicherweise ist dieser nicht notwendig, um am Grand-Prix von Bern teilzunehmen und deshalb werden die Leichtathletik-Freunde am Samstag in der Altstadt, am Aargauerstalden und überall entlang der zehn Meilen ein Duell auf Weltklasseniveau zu sehen bekommen. Hier der 41-jährige Abraham Tadesse, da der 24-jährige Dominic Lobalu.

5000 mehr als 2022
Wie bei allen Anlässen ähnlicher Art ist die Pandemie auch am Grand-Prix von Bern nicht spurlos vorübergegangen. Doch im Gegensatz zu anderen Lauf-Events, die einen massiven Teilnehmerrückgang beklagen oder gar nicht mehr durchgeführt werden, ist der GP-Bern zurück auf dem Weg zur alten Bestform.

Am beliebtesten ist weiterhin der 10-Meilen-Lauf (10 400 Anmeldungen), gefolgt vom Altstadt-GP (7300) und dem Bären-GP (6800). Die im Vorjahr eingeführte Familienkategorie (anstelle von MuKi/VaKi) stösst erneut auf grosses Interesse und sorgt allein für 4000 Anmeldungen (Vorjahr 2640).

Rund 1000 Helferinnen und Helfer
Im Einsatz stehen werden am Samstag nicht nur rund 25 000 Läuferinnen und Läufer, sondern während insgesamt vier Tagen auch 1000 Helferinnen und Helfer. Diese werden aus Sportvereinen der Stadt Bern und den umliegenden Gemeinden rekrutiert. Matthias Aebischer: «Für die Vereine eine willkommene Gelegenheit, ihre Klubkasse zu sanieren. Wir entschädigen die Klubs mit einem Tagesansatz von 60 Franken pro Helfer, so dass ein schöner Batzen in die Kassen fliesst.» Wer kein Lotto organisieren kann oder will, hilft am GP mit und sorgt so für einen netten Zustupf ins Vereinskässeli.

Pierre Benoit

PERSÖNLICH

Matthias Aebischer wurde am 18. Oktober 1967 in Schwarzenburg geboren. Er arbeitete als Lehrer und begann 1990 seine journalistische Tätigkeit bei Radio Förderband, ab 1992 bei Radio DRS. Von 1994 bis 2001 war er in verschiedenen Funktionen für das Schweizer Fernsehen tätig. Seit 2011 ist er SP-Nationalrat. Er wohnt in Bern.

Die GP-Rekorde

Männer: Geoffrey Kamworor (Kenia) 44:56,2 (2019)
Frauen: Grete Waitz (Nor) 52:31,5 (2018)
Am meisten Siege: Markus Ryffel (Sz,1982/86/86/89) 4, Viktoria Pogorielska (Ukr), Cynthia Koksgei (Kenia) und Jana Muia (Kenia) je 2
Bisher ältester Teilnehmer: Josef Degelo (92 Jahre)
Bisher jüngster Teilnehmer: Adrien Moumni (6 Jahre)
Teilnehmerrekord: 2017/33618 Läuferinnen und Läufer

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