In der AXA Women’s Super League führt sie mit acht Treffern die Torschützenliste an und liegt mit den YB-Frauen im Spitzentrio. Kein Zweifel: Naomi Luyet ist die Frau der Stunde im Schweizer Frauenfussball.
Wir treffen die Walliserin, in deren Adern dank ihrer Mutter auch japanisches Blut fliesst, im Wankdorf, wo sie einem 50-Prozent-Job auf der YB-Geschäftsstelle nachgeht. Während der Arbeitszeit notabene, wie sie mit einem verschmitzten Lächeln sagt. Noch stehen für YB nach dem in St. Gallen mit viel Pech verbundenen Punktverlust (2:2) Spiele gegen den Servette FC Chênois vor (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) und den FC Rapperswil-Jona nach der Nationalmannschaftspause bevor, dann ist Winterpause. Für Naomi Luyet und ihre aus dem gleichen Dorf stammende, ein Jahr jüngere Teamkollegin Iman Beney, stehen dazwischen wahrscheinlich zwei Länderspiele gegen Deutschland (übermorgen in Zürich) und in England auf dem Programm. Bereits im Februar startet die Nations League mit den Begegnungen gegen Island, Norwegen und Frankreich.
Sie haben mit neun Jahren beim FC Savièse mit Fussball begonnen, Wie kam es dazu?
Mein älterer Bruder Kenji spielte beim FC Savièse und ich durfte in den Nachwuchsteams U12 bis U15 mit den Buben mitspielen, auch mit meinem jüngeren Bruder Yamato. Dabei waren auch Iman Beney und ein paar weitere Mädchen. Iman und ich gingen danach den ganzen Weg bis heute gemeinsam. Bei Sion, YB und in den verschiedenen Nationalteams.
Nach drei Jahren im Ausbildungszentrum des Schweizerischen Fussballverbands in Biel wechselten sie zu den YB-Frauen in die AXA Women’s Super League. Wieso fiel ihre Wahl auf YB?
Die Kontakte entstanden während meiner Zeit in Biel. Im Wallis gab es keine Klubs auf höchstem Niveau, so dass die Wahl YB logisch war, so konnte ich auch in Biel das Gymnasium abschliessen.
Jetzt sind sie seit drei Jahren bei den Gelb-Schwarzen und mittlerweile im Fanionteam von Imke Wübbenhorst gesetzt. Wie erlebten sie diesen Höhenflug?
Als ich von der U19 mit Trainerin Jasmin Schweer, die eher ruhig war, die ersten Trainings mit dem Fanionteam bestritt, erschrak ich zuerst beinahe. Imke Wübbenhorst verkörpert das Gegenteil von Jasmin Schweer. Sie ist laut, emotional und erfolgshungrig. Aber ich finde sie eine grossartige Trainerin. Sie bringt uns weiter.
Für uns ist der Schritt nach
ganz oben durchaus möglich.Naomi Luyet
Mit Imke Wübbenhorst im Verein und Nationaltrainerin Pia Sundhage spielen Sie unter erfahrenen und erfolgreichen Trainerinnen. Wie gross ist der Einfluss der beiden Coaches auf ihre Fortschritte?
Ich denke sehr gross. Beide schenken sie uns Jungen Vertrauen und geben allen eine Chance. Beide kennen den Fussball und mögen es, wenn man mit ihnen über Fussball spricht und allfällige Probleme nennt.
Was ist mit den YB-Frauen in der Meisterschaft und im Cup möglich?
Letztes Jahr standen wir im Cupfinal, in der Meisterschaft reichte es nicht in den Final. Jetzt haben wir nochmals einen Schritt nach vorne gemacht. Die Spitzengruppe der ersten Fünf ist sehr eng beieinander, doch für uns ist der Schritt nach ganz oben durchaus möglich. Wir sind bereit, Titel zu holen.
Im kommenden Jahr steht die EURO in der Schweiz auf dem Programm. Ein riesiger Anlass, der im Schweizer Frauenfussball einen weiteren Boom auslösen wird. Was erhoffen Sie sich für Sie persönlich, das Schweizer Team und den Frauenfussball im Allgemeinen?
Nach der EURO werden sich in der Schweiz sicher mehr Leute für Frauenfussball interessieren. Bezüglich Aufmerksamkeit können wir gegenüber den Nachbarländern weiter aufholen. Wenn ich teilnehmen darf, hoffe ich, mich mit guten Leistungen für einen Transfer ins Ausland empfehlen zu können. Was mit dem Team möglich ist, werden wir spätestens nach der Auslosung Mitte Dezember wissen.
Ein Blick zurück auf Ihren Treffer gegen Frankreich, der weitherum als Traumtor bezeichnet wurde. Welche Emotionen bewegten Sie, nachdem der Ball im Dreieck, in der «lucarne», wie man in der Westschweiz sagt, gelandet war?
Es war sehr speziell, ich konnte mein Glück kaum fassen, die Emotionen von mir, meinen Mitspielerinnen und dem ganzen Umfeld waren riesig. Ein solcher Treffer gelingt nicht in jedem Spiel.
Eine Frage, die sich bei Ihren Leistungen aufdrängt. Wann wechseln Sie ins Ausland?
Ich habe bei YB noch einen Vertrag bis 2026. Es gefällt mir hier ausgezeichnet. Doch es ist klar, dass ich, wenn sich die Gelegenheit ergibt, den Sprung ins Ausland wagen werde.
Welche Liga würden Sie bevorzugen?
England oder Deutschland. Ich denke, dort ist das Niveau höher als in Italien und Frankreich.