Der Brünigschwinget, erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgetragen, ist einer der traditionsreichsten Anlässe im Schwingsport.
Die über 6000 Zuschauer, die dichtgedrängt in der Arena sitzen, sorgen für eine Stimmung, die anderswo kaum zu bestaunen ist.
An der Grenze zwischen den Kantonen Obwalden und Bern kämpfen am Sonntag je 50 Berner und Innerschweizer, dazu 20 Nordwestschweizer, um den Sieg und den Kranzgewinn. Seit Jahrzehnten dominieren die Berner – die Reihe ihrer Sieger ist lang und prominent. Die Könige Killian Wenger, Christian Stucki, Matthias Sempach, Ruedi Hunsperger, David Roschi und auch Fritz Uhlmann oder Peter Gasser finden sich auf der Liste der Gewinner. Der letzte Berner Sieger ist Adrian Walther, der im Vorjahr überlegen gewann und wie der fünffache Brünig-König Ruedi Hunsperger aus Habstetten stammt.
Staudenmanns unheimliche Serie
Beim Versuch der Titelverteidigung stellt sich eine Frage: Kann Adrian Walther, der zuletzt auf dem Weis- senstein mit vier gewonnenen und zwei gestellten Gängen auf Rang 3 landete, Fabian Staudenmann stoppen? Dieser bekam auf dem Weis-
senstein sechs Eidgenossen vorgesetzt, gewann alle Kämpfe und liess im Schlussgang Vorjahressieger Matthias Aeschbacher keine Chance. Seit einem Jahr ist der Guggisberger ungeschlagen und gilt auch auf dem Brünig als haushoher Favorit.
«Mit dem Vorjahressieg kann ich mir nichts mehr kaufen, alles beginnt wieder bei Null», sagt Modellathlet Adrian Walther (117 Kilo/200 cm), der im Vorjahr auch das Bernisch Kantonale und in dieser Saison das Bern-Jurassische gewann und nie schlechter als auf Rang 3 klassiert war. «Speziell ist am Brünig, dass wir Berner als Team jetzt vorwiegend mit- statt gegeneinander schwingen, bisher trafen wir beim Kantonalen und an den regionalen Festen oft bereits im Anschwingen direkt aufeinander. Es versteht sich, dass jeder zuerst seine eigenen Interessen vertritt, doch im Hinterkopf ist stets auch der Teamgedanke.»
Immer auf dem «Podest»
Im Vorjahr bekam Walther im Anschwingen mit dem dreifachen Eidgenossen Pirmin Reichmuth gleich einen ganz Bösen vorgesetzt. Der Zuger musste sich, wie später Dominik Schmid, Ronny Schöpfer, Domenic Schneider und im Schlussgang Werner Schlegel das Sägemehl vom Rücken putzen lassen, einzig Armon Orlik trotzte dem Berner einen Gestellten ab, für den Walther dank seiner offensiven Schwingart eine 9 aufs Notenblatt erhielt. Nach dem Schwarzsee, wo sich der Leader des Schwingklubs Worblental nach einem gestellten Schlussgang nur ein Viertelpunkt hinter dem Überflieger der Saison, Fabian Staudenmann, klassierte, legte er vor dem Weissenstein-Schwinget eine Pause ein, um am Sonntag auf dem Brünig zur Titelverteidigung bereit zu sein. «Drei Wochen bestritt ich kein Schwingfest, deshalb stellte ich das Training leicht um – Explosivität und Kraft standen im Vordergrund», sagt er, der in dieser Saison immer in den ersten drei Rängen klassiert war. Nach Topfavorit Fabian Staudenmann, der seit 77 Gängen ungeschlagen ist, zählt der Habstetter zum engsten Favoritenkreis, dahinter folgen Matthias Aeschbacher, Kilian Wenger, Pirmin Reichmuth, Samuel Giger, Armon Orlik und Joel Wicky. Wer darauf wettet, dass der Sieger aus dem Trio Staudenmann/Walther/Aeschbacher hervorgeht, hat grosse Chancen, sein Sackgeld aufzubessern.
Pierre Benoit
PERSÖNLICH
Adrian Walther wurde am 9. August 2001 in Bern geboren. Er ist gelernter Hochbauzeichner, hat die Berufsmatura abgeschlossen und stammt aus einer Schwingerfamilie. Vater Markus gewann 1995 den eidgenössischen Kranz. Er wohnt in Habstetten, dem gleichen Dorf, aus dem der dreifache König Ruedi Hunsperger stammt und der fünffache Eidgenosse Willy Graber wohnt. Bruder Reto ist ebenfalls Schwinger. Walther ist Eidgenosse und dreifacher Kranzfestgewinner.