Vor eineinhalb Jahren stiess Estelle Duvin, die stärkste Eishockey-Spielerin mit französischem Pass, von TPS Turku zum EV BOMO Thun – ein Transfer, vergleichbar mit dem Wechsel Dominik Kahuns von den Edmonton Oilers zum SCB. Ein Star ohne Allüren, eine Spielerin, die den Unterschied ausmacht.
Auf Beginn dieser Saison wurden die Thuner Frauen in den SCB integriert und so ist die Topskorerin jetzt Teil des grössten Eishockey-Unternehmens der Schweiz. Die an der südlichen Nordseeküste in einem Vorort von Dünkirchen, 13 Kilometer von der belgischen Grenze entfernt geborene Mittelstürmerin begann schon in früher Kindheit mit Eishockey, obwohl in dieser Region andere Sportarten weit mehr beachtet werden, allen voran der Radsport. Doch als jüngere Schwester eines eishockeyspielenden Bruders versuchte sie sich schon bald auf den schmalen Kufen, nicht als Eiskunstläuferin, wie es die Eltern bevorzugt hätten, sondern als einziges Mädchen mit lauter Buben in Eishockeyteams. Ein weiser Entscheid, wie man heute weiss.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, an einem Ort Eishockey zu spielen, an dem dieser Sport ähnlich populär ist wie Schwingen in Island?
Mein Bruder spielte Eishockey, die Eltern nahmen mich mit auf die Eisbahn und dachten, aus mir werde einmal eine Eiskunstläuferin. Doch das passte mir gar nicht, ich wollte mit den Buben zusammen Eishockey spielen.
Sie haben in Frankreich, Finnland und der Schweiz gespielt. Können Sie die verschiedenen Ligen vergleichen?
In Frankreich ist das Niveau der Liga tiefer. Im Vergleich mit der Schweiz sind in Finnland die besten Teams etwa gleich stark, doch die Breite ist in der Schweiz grösser, hier gibt es mehrere gute Equipen auf einem hohen Niveau.
Wie empfanden Sie den Wechsel von der Südwestküste Finnlands, wo im Winter während 18 Stunden Dunkelheit herrscht, an den lieblichen Thunersee?
In Finnland musste ich mich in der Tat an die Temperaturen und im Winter an die dunklen Tage gewöhnen, doch Turku ist eine wunderschöne Stadt. Während der Zeit bei BOMO wohnte ich in Gerzensee – eine prächtige Gegend.
Wie haben Sie sich in Bern eingelebt?
Ich wohne nahe dem Zentrum mit meiner Teamkollegin Maija Otamo zusammen. Als Profispielerinnen geniessen wir die Freizeit gemeinsam. Wir gehen oft spazieren, bewundern die Altstadt und besichtigen die vielen Sehenswürdigkeiten. Es gefällt mir sehr gut.
Wie verlief der Wechsel von BOMO zum SCB?
Ich benötigte eine gewisse Anpassungszeit, doch jetzt läuft alles gut. Im Gegensatz zu Thun ist hier alles grösser und perfekt. Wir können die Infrastruktur von SCB Future nutzen und verfügen über eine eigene Garderobe. Wir sind innerhalb des Klubs voll akzeptiert.
Sie selbst sind nicht zu bremsen. Sie sind Topskorerin der Liga, stehen mit dem SCB auf Platz 1, sind im Cup noch dabei – schweben Sie auf Wolke 7?
Nein, das nicht. Aber im Moment könnte es wirklich nicht besser laufen. Ich fühle mich sehr wohl, bin in Form. Ich liebe es, offensiv zu spielen, bin eigentlich normalerweise eher die Vorbereiterin als die Skorerin, aber auch die Torquote lässt sich sehen.
Welche Ziele haben Sie sich für den weiteren Verlauf der Saison gesteckt?
Da gibt es kein Wenn und Aber. Wir wollen das Double gewinnen, Meisterschaft und Cup.
An lukrativen Angeboten dürfte es aufgrund Ihres Leistungsausweises nicht mangeln. Ihr Vertrag läuft Ende Saison aus. Halten Sie dem SCB die Treue?
Es gefällt mir in Bern und beim SCB. Es ist gut möglich, dass ich in Bern bleibe.
Was tun Sie in Ihrer Freizeit, wenn Sie nicht trainieren oder in der Stadt flanieren?
Ich spiele gerne Padel-Tennis oder Tennis und einen Sport, der noch weniger bekannt ist. Beim Spikeball schmettern die Spieler den Ball mit voller Wucht auf ein trampolinähnliches Netz zu den Gegnern. Ausserdem koche ich sehr gerne. Ich habe als Kind viele Rezepte bei meiner Mutter abgeschaut. Am besten mache ich Lasagne.