Für ein Unternehmen, das während 365 Tagen im Jahr im Rampenlicht steht und von der Medienwelt praktisch rund um die Uhr mit Argusaugen beobachtet wird, ist ein Mann wie Hanspeter Kienberger die ideale Persönlichkeit, um das Amt des Verwaltungsratspräsidenten auszuüben. Im Gegensatz zu vielen anderen profilierungssüchtigen Selbstdarstellern in gleicher Funktion, übt er sein Amt seit zwölf Jahren mit wohltuender Zurückhaltung aus und stellt seine Person nie in den Vordergrund.
Dies kommt auch in unserem Gespräch nach dem feststehenden 17. Meistertitel in der Klubgeschichte deutlich zum Ausdruck. So betont er gegenüber dem BärnerBär einmal mehr, wie entscheidend bei YB das Teamwork ist, wie gut dieses funktioniert, und wie wichtig es ist, dass sich niemand zu ernst nimmt. Auch in dieser Beziehung geht Hanspeter Kienberger mit gutem Beispiel voran.
Vor Jahresfrist beantworteten Sie die Frage, ob Sie sich einen schöneren Job vorstellen könnten, als Verwaltungsratspräsident bei YB zu sein, im Bärnerbär folgendermassen: «Nein, ich kann mir momentan wirklich kein schöneres Mandat vorstellen.» Wie beantworten Sie die gleiche Frage heute, ein Jahr später?
Es macht mir weiterhin sehr grossen Spass, für YB tätig zu sein. Aber selbstverständlich gibt es nicht nur schöne, sondern auch schwierige Momente.
Sie sind jetzt zwölf Jahre im Amt. Sechs Meistertitel, zweimal das Double, drei Champions-League-Teilnahmen, viel mehr geht nicht. Wie lange gedenken Sie, diesen Traumjob noch weiterzuführen?
Ich habe keinen Zeitplan. Solange die Aktionäre Jöggi und Stefan Rihs sowie Christoph Spycher und meine Kollegen im Verwaltungsrat das Gefühl haben, ich sei der Richtige für diesen Job, und solange mir die Arbeit Freude bereitet, mache ich weiter.
Ihre Bescheidenheit in Ehren. Sie erwähnen stets die Verdienste der sportlichen Führung, wenn es um die Erfolge der letzten Jahre geht. Christoph Spycher, Stéphane Chapuisat, Steve von Bergen, Gérard Castella, Ernst Graf. Was konnten Sie in Ihrer Funktion dazu beitragen?
Ich sehe mich als Bindeglied zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Im Zentrum steht bei uns immer der sportliche Erfolg und damit die sportliche Führung, die Mannschaft mit dem Trainerstaff. Aber natürlich müssen wir auch wirtschaftlich erfolgreich sein. Mit anderen Worten: Alle in der Organisation müssen zum Wohl von YB beitragen. Es beeindruckt mich immer wieder, mit welchem Herzblut die Mitarbeitenden für YB arbeiten.
Als Meistertrainer und Cupsieger, der YB in die Gruppenphase der Champions League führte, musste Raphael Wicky gehen. Als VR-Präsident mussten Sie diesen Entscheid stützen. Wie weh hat es getan?
Solche Abgänge tun immer sehr weh, aber Trainerwechsel gehören zum Fussballgeschäft. Wir alle sind Raphael Wicky zu Dank verpflichtet und schätzen ihn sehr. Aber unsere sportliche Führung war überzeugt, dass die Mannschaft einen neuen Impuls braucht. Wie dann Joël Magnin und Gérard Castella frischen Wind ins Team hineingebracht haben, war beeindruckend. Ihnen gebührt ein grosses Lob, dass sie in einer schwierigen Phase eingesprungen sind.
Ein Mann, der nicht in den Sport involviert ist, hat kürzlich mit seiner Kündigung auch für Schlagzeilen gesorgt, CEO Wanja Greuel. Wo liegen die Gründe für seinen Rücktritt?
Wanja Greuel und wir haben Stillschweigen über die Umstände der Trennung und deren Abwicklung vereinbart. Daran halten wir uns.
Die YB-Besitzer, die Familie Rihs, hat Christoph Spycher Anfang Jahr in die Eigentümerschaft einbezogen. Als YB-Mitbesitzer, Verwaltungsrat und Delegierter Sport ist er der starke Mann und mit allen Kompetenzen ausgestattet. War dieser Schritt auch darin begründet, Spycher langfristig an YB zu binden?
Es war der Wunsch der Familie Rihs, dass Christoph Spycher noch stärker eingebunden wird und Aktien erwirbt. Ich bin überzeugt, dass die Erweiterung des Aktionariats für YB sehr positiv ist. Spycher selbst betont immer wieder, dass sehr viele Leute massgeblich am Erfolg von YB beteiligt sind. Dass er für uns als exemplarischer Teamplayer vorangeht, ist sehr wertvoll. Er nimmt sich nicht zu wichtig, aber in der Öffentlichkeit entsteht oft der Eindruck, alles hänge an ihm. Das wird aber der Gesamt-
organisation nicht gerecht.
Wie sehen Sie die YB-Zukunft? Nach den Entlassungen von David Wagner und Raphael Wicky soll nun Patrick Rahmen mit einem attraktiven und offensiven Stil weitere Titel sammeln und YB in die Gruppenphase der Champions League führen.
Wir sind bestrebt, YB wirtschaftlich und sportlich in eine stabile Zukunft zu führen. Mit Patrick Rahmen übernimmt ein Trainer, der mit seinen Werten und seiner Sicht auf den Fussball sehr gut zu YB passt. Ich freue mich schon jetzt auf die neue Saison.
Nach acht Titeln in Serie zwischen 2009 und 17 erlebt der einstige Dominator FC Basel 1893 schwierige Zeiten. Haben Sie keine Angst, dass bei YB in den nächsten Jahren Ähnliches passieren könnte?
Wir bekommen immer wieder vor Augen geführt, wie schnell es im Fussball gehen kann. Aber wir sind überzeugt, dass wir sehr gute Voraussetzungen haben, um weiterhin an der Spitze zu sein. Das heisst nicht, dass wir in den nächsten Jahren stets den Meistertitel holen werden. Aber wir werden alles dafür tun, um den YB-Fans weiterhin Freude zu bereiten.