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Angeregtes Gespräch in intimer Atmosphäre im Chalet Muri: Gabriel Palacios und Claudio Righetti

Claudio Righetti & Gabriel Palacios: Getroffen im Chalet Muri

Chalet Muri-Gastgeber Claudio Righetti spricht mit dem Berner Hypnosetherapie-Experten und Autor Gabriel Palacios über Glück, Angst und dessen neues Buch.

Claudio Righetti: Lieber Gabriel, du hast gerade dein 11. Buch «Es darf sein» (Cameo-Verlag)veröffentlicht. Im Vorwort blickst du mit dem Titel «Demut» ins Weltall. Was erzählen dir die Sterne?
Gabriel Palacios: Mit diesem Kapitel möchte ich die Leserschaft daran erinnern, dass es weitaus mehr gibt, als die kleinen Probleme des Alltags, wenn man mal den Mikrokosmos verlässt, in dem wir faktisch gefangen sind. Dies wird vielen erst bewusst, wenn sie sich mit den Weiten des Universums befassen. Zudem vergessen wir alle, dass wir spätestens rund vier Generationen nach unserem Tode selbst nicht mal mehr im Gedächtnis unserer Verwandten vorhanden sind. Folglich, die daraus resultierende Botschaft: Zerbrich dir nicht all zu sehr den Kopf über Dinge, die du ohnehin nicht mehr ändern kannst. Es darf sein.

CR: Dein Start ins Leben stand unter keinem glücklichen Stern. Wie prägen uns Kindheitserfahrungen?
GP: Ich würde es für mich sogar als einen glücklichen Start ins Leben beschreiben. Denn ich hatte so viel Glück: Trotz mehrfach um meinen Hals gewickelter Nabelschnur, ausgekugelten Hüftgelenken (ich sass im Mutterleib im Schneidersitz), Atemstillstände und später Ohnmachtsanfällen bis zum siebten Lebensjahr habe ich den Einstand ins Leben geschafft. Auch dank des Kaiserschnitts. Ich denke, Kindheitserfahrungen können sehr prägend sein.Da sich ja aber offenbar unser Gehirn in den ersten 18 Monaten komplett neu strukturiert, glaube ich, dass besonders die Erlebnisse danach prägender sein können.

Wie können wir negative Erfahrungen für uns zum Positiven wenden?
GP: Es gibt viele Wege: Neue Perspektiven erarbeiten, eigene Ressourcen reaktivieren und mit der Problemsituation verknüpfen, Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen (Meditation), Sport, und vieles mehr. Die Frage ist, welcher Typ man ist und was einem hilft, die Gedanken und Emotionen zu ändern.

CR: Würde es das «vollkommene Glück» geben: wäre es überhaupt erstrebenswert?
GP: Ich denke, dass der Mensch tendenziell in einem stetigen Optimierungsprozess ist. Wir alle kennen den Gedanken «Wenn ich DAS erreicht habe, dann wird mein Leben vollkommen sein.». Und kaum haben wir diese eine Etappe erreicht, konstruieren wir schon wieder die nächste vermeintliche «Glücks-Etappe».

CR: Ist Selbstvertrauen der Schlüssel zu einem freien und erfüllten Leben?
GP: Das Vertrauen in sich selbst ist bestimmt eine positive Eigenschaft. Denn wer sich vertraut, zweifelt folglich weniger an sich. Wer weniger an sich zweifelt, mündet weniger oft in der Angst, nicht zu genügen. Wer weniger in der Angst ist, hat freiere Bahn um glücklicher und zufriedener zu sein.

CR: Wie können wir Selbstzweifel überwinden und uns auch von Konformitäts- oder Gruppenzwängen befreien?
GP: Dafür empfehle ich mein neuntes Buch «Lass sie doch reden! Wie dir egal wird, was andere von dir denken.».

CR: Lernen anzunehmen ist eine zentrale Aussage in deinem Buch. Wie bist du zu dieser Erkenntnis gelangt?
GP: Wer sich mit Anliegen beschäftigt, für die es keine Lösung mehr gibt, die man einfach nur noch anzunehmen lernen kann, dem können meditative Zustände sehr nützlich sein. Da aber viele auch gar nicht wissen, was Meditation ist und wie man sie in den Alltag integrieren kann, habe ich ein Buch geschrieben, um mittels neuer Denkprozessen zu lernen, die Dinge anzunehmen, die nicht mehr zu ändern sind.

CR: Ist das nicht einfacher gesagt als getan? Denn annehmen, bedeutet immer auch loslassen und damit mit etwas abschliessen. Wie können wir dieser Ur-Angst vor Veränderung begegnen?
GP: Dass Annehmen und Loslassen zusammenhängen können, beschreibe ich auch im Buch: Nur diejenigen, die das akzeptiert und in Frieden angenommen haben, sind auch bereit, loszulassen. Wer es noch nicht in Frieden angenommen hat, kämpft stetig dagegen an. Und dieser Kampf kommt natürlich einher mit denGrundängsten des Lebens.

CR: Du organisierst nächste Woche deinen bereits vierten Angstfreikongress in Bern. Ein Gross-Anlass mit internationalen Gästen. Um was geht es da genau?
GP: Der Angstfreikongress war vorerst ausschliesslich für therapeutische Fachkräfte gedacht. Dann jedoch erhielten wir viele Anfragen von an der Thematik Interessierten. Somit haben wir den Kongress für alle zugänglich gemacht. Beim Kongress geht es darum, dass vorbildliche Persönlichkeiten über ihren Umgang mit der Angst sprechen. Es werden Speaker aus unterschiedlichen Lebensbereichen auftreten. So mitunter Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer. Oder Moderator und Schauspieler Samuel Koch, dessen Leben sich seit seinem Sturz bei «Wetten dass … » drastisch verändert hat. Die Vorträge haben immer sehr viel Tiefgang. Unsere Besucherinnen und Besucher sind jeweils tief berührt.

CR: Was hat dich zu diesem Projekt bewogen?
GP: Ich habe im Rahmen meiner tausenden Hypnosetherapie-Sitzungen erfahren, dass die Angst das Hauptproblem vieler Themen sein kann: Suchtverhaltensweisen, psychogene Schmerzbilder, Vermeidungsverhalten, Gedankenkarusselle und viele weitere Komorbiditäten. Also war mir klar: Es braucht ein Format, das sich auf selbstreflektierende Weise dieser Haupt-Thematik der Angst annimmt.

CR: Würdest du von dir sagen, dass du angstfrei bist – wie gehst du persönlich mit Ängsten um?
GP: Eine vollkommene Angstfreiheit ist nicht möglich und auch nicht empfehlenswert. Angst kann auch schützend und folgedessen angebracht sein. Doch ich darf von mir behaupten, dass ich meinen Emotionen gegenüber sehr reflektierend bin. Selbstreflexion ist immens wertvoll. So beispielsweise sollte man sich immer dann, wenn einem etwas nervt oder wütend macht, überlegen, was einem denn gerade Sorge bereitet. Dann schau diese Sorge an und der Trigger wird wie von selbst seine Kraft verlieren.

CR: Du bist 34 Jahre jung, schreibst jedes Jahr ein neues Buch und jedes wird ein Bestseller. Wie entsteht ein Buch von Gabriel Palacios?
GP: Ich schreibe mir immer wieder die Erkenntnisse auf, die ich aus dem Leben gewinne, von denen ich sicher bin, dass sie vielen Menschen helfen können. Nach einigen Monaten ist dann jeweils die Zeit wieder reif für ein neues Werk.

CR: Ich bin sehr gespannt auf dein 12. Werk – gibt es schon einen «Roten Faden» dafür?
GP: Ja, ich habe schon mehrere Buch-Ideen im Kopf. Im einen geht es um viele unterschiedliche Themenbereiche des Lebens. Das andere wird ein Fachbuch.

CR: Und zum Schluss: Welche Frage darf ich dir beantworten?
GP: Wenn du den Menschen ein Gefühl schenken könntest, welches wäre es und weshalb?
CR: Zuversicht! Die feste innere Überzeugung, dass sich dein Leben immer positiv entwickeln wird. cr

Fotos: Hans Scherhaufer, Yann Ruh, Sarah Deniau

PERSÖNLICH

Gabriel Palacios ist Hypnosetherapie-Experte und Autor zahlreicher Bestseller zu Themen rund um die Kommunikation und dem Unterbewusstsein. Seine total elf veröffentlichten Bücher haben sich in acht Ländern über 100 000-Mal verkauft. Er leitet das Palacios Relations Institut, das Online-Institut für Geistige Entwicklung sowie den Buch-Verlag Cameo. Er ist Präsident des Verbands Schweizer Hypnosetherapeutinnen und -therapeuten (VSH) sowie Präsident des Berner Bezirksverbandes der amerikanischen National Guild of Hypnotists (NGH).

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