Sonnenschein, Bratwürste und ein Bärenhunger auf mehr: Mit einem wuchtigen 71:0-Heimsieg zeigen die Bern Grizzlies, wohin die Reise gehen soll. Headcoach Nick Snider bringt’s auf den Punkt: Dieses Team will den Titel.
Der Duft von Bratwürsten liegt in der Luft, viele American-Football-Fans sitzen im T-Shirt und mit Sonnenbrille auf der Tribüne des Leichtathletik-Stadions Wankdorf und geniessen einen der ersten warmen Frühlingstage. Es ist Sonntagnachmittag, das erste Heimspiel der Bern Grizzlies, gefühlte 20 Grad in der Sonne. «Wo si d’Bärn Grizzlies-Fans?», scheppert die Stimme des Stadionspeakers aus den Lautsprechern. Die Fans antworten klatschend, johlend und trommelnd.
Nach der 22:28-Auftaktniederlage der Grizzlies gegen die Basel Gladiators im Rankhof rechneten die Football-Experten für das erste Heimspiel einen Sieg für die Grizzlies. Zwar stand der Gegner, die Zürich Renegades, letztes Jahr noch im Swiss Bowl, aber Querelen im Vorstand haben dazu geführt, dass es zu einem regelrechten Exodus von erfahrenen Spielern kam, so die American-Football-Plattform «endzone.ch».
Keine drei Wochen vor Saisonstart hatten die Renegades erst rund 20 Spieler lizenziert (in einem Spiel können bis zu 48 eingesetzt werden). Verzweifelt suchten sie auf Instagram nach neuen Spielern – mit mässigem Erfolg, wie sich beim Spiel gegen die Grizzlies zeigte. Der Roster (Spielerkader) war deutlich kleiner und weniger erfahren als jener der Berner.
Überlegen von Anfang bis zum Schluss
Die Überlegenheit der Berner ist eklatant. Beispielhaft dafür der Auftakt und das Ende dieses ungleichen Kräftemessens: Schon nach wenigen Sekunden gehen die Grizzlies durch eine Safety, ein Tackle in der Endzone der Renegades, mit 2:0 in Führung. Fast drei Stunden später greifen die Zürcher vielversprechend an, doch der Defense der Grizzlies gelingt eine Interception wie aus dem Lehrbuch.
Wenige Yards vor der Endzone der Grizzlies fängt ein Berner Verteidiger den Wurf des Zürcher Quarterbacks ab. Über die linke Seite tankt er sich durch – fast bis zum Touchdown. Der gelingt im folgenden Spielzug, genauso wie der Kick danach. Es sind die letzten Punkte einer einseitigen Partie – 71:0 für die Berner.
«Es tut einfach gut, ein solches Erfolgserlebnis schon früh in der Saison zu haben», sagt der kanadische Grizzlies-Headcoach Nick Snider. Noch letzte Saison arbeitete er als Headcoach im slowakischen American Football, wo er mit den Nitra Knights Meister wurde. Mit entsprechenden Ambitionen ist er in die Schweiz gekommen: «Unser Ziel ist ganz klar der Meistertitel. Wenn du so viel Talent im Team hast wie wir, dann wäre es unfair den Jungs gegenüber, etwas anderes zu behaupten.»
Die Partie gegen die Renegades ist für die Grizzlies kein Gratmesser, war für Snider jedoch eine gute Gelegenheit, Backup- und Perspektivspielern Einsatzminuten zu geben und sie Erfahrungen sammeln zu lassen. «Wir haben insbesondere in der Defense einige Spieler, die aus der professionellen European Football League zurückkehrten. Das widerspiegelte sich auch im Resultat», so Snider.
Neue Gesichter, neue Ambitionen
Schon zur Pause steht es 44:0 für die Berner – und ab diesem Zeitpunkt bringt der Headcoach auch neue Kräfte. Trotz der zahlreichen Wechsel und mittlerweile grauem Himmel bleiben die Grizzlies überlegen. Wobei den Zürchern jetzt sogar einzelne Spielzüge gelingen. «Es war schön, einige neue Gesichter auf dem Feld zu sehen. Die Jungs haben stark gespielt», bilanziert der Grizzlies-Headcoach.
Schon nächstes Wochenende geht es für die Berner weiter. Am Samstagabend spielen sie im Stadion Deutweg gegen die Winterthur Warriors, die bisher noch kein Spiel bestritten haben. Auch da sind die Grizzlies klar favorisiert. Aber letztlich geht es ohnehin in erster Linie darum, das Team bis zu den Playoffs aufzubauen. Erst dann geht es ans Eingemachte.
Das Ziel ist klar: Der Titel soll wieder nach Bern geholt werden. Grösster Kontrahent dürften dabei die Calanda Broncos, der amtierende Meister aus Chur, sein, so die Einschätzung von Headcoach Nick Snider. «Sie haben sich das Recht verdient, als Favorit auf den Swiss Bowl zu gelten – aber wir wollen sie herausfordern», so Snider mit einem selbstbewussten Lachen. Ein erstes Ausrufezeichen haben die Berner auf jeden Fall gesetzt.



Foto: Daniel Zaugg